Mit dem Handling von 18.000 Newtonmeter Drehmoment haben die Steuergeräte an Bord des BMW VDX eigentlich bereits alle Hände voll zu tun, doch das Heart of Joy übernimmt als zentrales Gehirn des Fahrzeugs neben dem Antrieb zusätzlich auch die Regelung von Bremse, Rekuperation, Laden und Lenkung. Insgesamt kommen vier Steuergeräte zum Einsatz, damit alle Funktionen des BMW Vision Driving Dynamics dargestellt werden können – und dazu zählt offenbar auch eine aktive Aerodynamik, die dem Versuchsträger noch mehr fahrdynamisches Potenzial beschert.
Wer nun an große ausfahrbare Spoiler und andere sichtbare Elemente denkt, hat nur einen Teil der Möglichkeiten im Kopf, denn aktive Aerodynamik kann auch im Verborgenen stattfinden. Gerade der große Heckdiffusor bietet Raum für verschiedene Optionen und kann je nach geöffneten oder geschlossenen Windkanälen für einen ganz anderen Anpressdruck an der Hinterachse sorgen. Dass BMW diese Möglichkeiten erkundet und an Bord des VDX nicht nur aktiv erprobt, sondern auch darüber redet, darf durchaus als Hinweis auf konkrete Überlegungen gewertet werden: Vielleicht kommt schon der elektrische BMW M3 (ZA0) mit ersten aktiven Aerodynamik-Elementen.
Wie die Entwickler im Video verraten, lässt sich die Aerodynamik des Vision Driving Experience geradezu dramatisch verändern: Je nach Einstellung kann ein zusätzlicher Anpressdruck von bis zu 1.200 Kilogramm dargestellt werden, wobei natürlich auch Veränderungen der aerodynamischen Balance möglich sind. Die Möglichkeiten umfassen nicht nur das Erhöhen des Luftwiderstands bei einer Vollbremsung, wofür offenbar eine Klappe im Heckbereich nach oben geklappt werden kann (siehe Foto oben).
Aktive Aerodynamik kann auch dynamisch genutzt werden und beispielsweise den Anpressdruck auf einer Seite des Fahrzeugs erhöhen, um den kurveninneren Rädern mehr Traktion und damit die Chance zur Übertragung höherer Kräfte zu geben. Erahnen lässt sich das bereits im Video, denn die großen Spoiler am Heck sind offenbar geteilt und können auch nur auf einer Seite herausgeklappt werden:
So hat die Aktive Aerodynamik großen Anteil daran, dass der BMW VDX Querkräfte von über 3 g auf den Asphalt bringen kann und damit alle bisherigen Serien-BMW weit in den Schatten stellt. Um das enorme Potenzial nutzbar zu machen, müssen auch Faktoren wie die aktive, radselektive Kraftverteilung Hand in Hand mit Aerodynamik-Steuerung & Co. arbeiten. So ist klar, dass es weder dem Heart of Joy noch der BMW Dynamic Performance Control jemals an Aufgaben mangelt.
Andere Ideen und Lösungen des BMW VDX zahlen nicht primär auf die Fahrdynamik ein: Die leistungsstarke Rekuperation der E-Maschinen erlaubt es, diesseits von Vollbremsungen praktisch komplett auf die mechanische Bremse zu verzichten. Gleichzeitig trägt sie deutlich zur Effizienz des Fahrzeugs bei, reduziert den Praxisverbrauch und vergrößert damit die Reichweite. Die Rekuperation bis zum völligen Stillstand dürfte daher auf jeden Fall zu den Features der Neuen Klasse gehören, zumal sie auch ein komfortables, extrem sanftes Anhalten ermöglicht – eine Fähigkeit, die im Alltag der meisten Kunden erheblich öfter erlebbar sein dürfte als extreme Querbeschleunigung.
Neu ist die Idee von aktiver Aerodynamik freilich nicht: Diverse Sportler und Supersportler setzen seit langer Zeit auf verstellbare Spoiler, in vergleichsweise simpler Form waren auch Fahrzeuge wie der BMW 3er GT schon vor über einem Jahrzehnt mit einer entsprechenden Funktion ausgestattet und konnten ihren Heckspoiler ausfahren, um ab einer gewissen Geschwindigkeit mehr Anpressdruck an der Hinterachse zu haben. Die Fülle der Möglichkeiten von aktiver Aerodynamik wurden damit aber nur angerissen – und mit der Neuen Klasse könnte BMW die nächsten großen Schritte gehen.