Für Jahrzehnte hatte der Audi RS 4 Avant keinen ernsthaften Gegner aus München, doch mit dem BMW M3 Touring (G81) schickte die M GmbH im Jahr 2022 endlich ebenfalls einen ausgewiesenen Power-Kombi ins Rennen. Auf trockenem Asphalt hat der erste in Serie gebaute Kombi-M3 seine Performance längst eindrucksvoll unter Beweis gestellt und sich unter anderem den notariell beglaubigten Titel des schnellsten Kombis auf der Nürburgring Nordschleife gesichert und das gleiche Kunststück auch bei der sport auto geschafft.
Im jüngsten Vergleichstest von Tyre Reviews spielen diese Qualitäten allerdings eine untergeordnete Rolle, denn die Reifen-Experten aus dem hohen Norden vergleichen BMW M3 Touring und Audi RS 4 Avant ausschließlich auf Schnee und Eis. Wie es sich für Reifen-Profis gehört, sind beide Fahrzeuge auf exakt identischen Reifen unterwegs: Der Vergleichstest wird mit Pirelli P Zero Winter im 19-Zoll-Format durchgeführt. Zwar mag dieser Reifen besser mit einem der beiden Fahrzeuge harmonieren als mit dem anderen, aber im Sinne der Chancengleichheit gibt es keine bessere Option als eine identische Bereifung.
Auch mit identischer Bereifung gibt es natürlich einige Unterschiede zwischen BMW M3 Touring und Audi RS 4 Avant. Während der BMW-R6 mit 510 PS ein gutes Stück stärker als der 450 PS leistende Audi-V6 ist, ist der Ingolstädter auf dem Papier volle 120 Kilogramm leichter. In der Praxis diesseits der Werksangaben verbleibt davon aber nur ein fast zu vernachlässigender Vorteil von 29 Kilogramm. Da die Leistung auf Schnee und Eis eine untergeordnete Rolle spielt und das Gewicht beinahe identisch ist, sind die Voraussetzungen für einen fairen Vergleich der Allrad-Systeme quattro und M xDrive ohne Frage gegeben.
Ernst wird es ab Minute 2:50, wenn zunächst die Beschleunigung aus dem Stand in kurzen Drag-Races verglichen wird. Hierbei zeigt sich schnell, dass beide Fahrzeuge mit dem rutschigen Untergrund zu kämpfen haben – je nach Versuch und Fahrbahn-Seite gewinnt mal der Audi und mal der BMW. Insgesamt scheint der Audi aus dem Stand die etwas bessere Performance zu liefern, auch wenn die bei Minute 8:20 eingeblendeten Beschleunigungszeiten von 5 auf 40 Meilen pro Stunde (ca. 8 bis 64 km/h) einen winzigen Vorteil für den BMW zeigen.
Ab Minute 12:05 dreht sich alles um die Königsdisziplin, nämlich die Fahrt auf einem verschneiten Parcours mit zahlreichen Kurven unterschiedlichster Radien. Hier erzielt Tyre Reviews mit beiden Fahrzeugen die exakt gleiche Rundenzeit, aber für eine bestmögliche Aussagekraft werden noch zwei weitere Tester auf zwei weiteren Teststrecken mit dem Duell beauftragt. Hier setzt sich im einen Fall der Audi mit 3 Zehntelsekunden Vorsprung durch, während im anderen Fall der BMW mit 3 Zehnteln vorne liegt.
Auch wenn die Messwerte also kaum ausgeglichener sein könnten, stimmen die Tester schließlich darin überein, dass sich der Audi auf Schnee einen Tick besser anfühlt. In der Praxis dürften also fast immer das Können oder die Risikobereitschaft des Fahrers der ausschlaggebende Punkt sein, wenn es wirklich zu einem Duell auf verschneiter Strecke kommen sollte.
Noch etwas mehr Performance verspricht das vor wenigen Monaten präsentierte BMW M3 Facelift, das mit einer Leistungssteigerung auf 530 PS einhergeht. Zumindest beim Duell auf Schnee hätte diesen zusätzlichen Pferdestärken aber sicher keinen Unterschied gemacht.