BimmerToday Deutschland

Fahrbericht BMW M5 Touring: Was kann er eigentlich nicht?

Das Kombis besonders vielseitige Fahrzeuge sind, liegt in der Natur der Sache. Doch im Fall des neuen BMW M5 Touring (G99) treibt es die M GmbH wahrlich auf die Spitze, denn schon der Blick auf die nüchternen Daten zeigt ihn als wahren Alleskönner: Ja, er hat einen extrem potenten V8 samt dazugehörigem Sound. Ja, er kann den Alltag der meisten Autofahrer rein elektrisch und somit lokal emissionsfrei darstellen. Ja, er bietet bis zu 1.630 Liter Kofferraumvolumen. Ja, er kann dank 727 PS in 3,6 Sekunden von 0 auf 100 beschleunigen und erreicht 305 km/h Höchstgeschwindigkeit. Ja, er kommt mit einem Normverbrauch von 1,7 bis 2,0 Liter auf 100 Kilometer. Hier “nur” von einem extrem beeindruckenden Paket zu sprechen, ist eine fast schon preiswürdige Untertreibung.

Die Frage muss vielmehr heißen: Was kann er eigentlich nicht? Denn dass der neue BMW M5 Touring der vielseitigste M5 aller Zeiten ist, steht eigentlich nicht zur Debatte. Für unseren ersten Fahrbericht durften wir den Kombi im direkten Vergleich mit der neuen M5 Limousine (G90) fahren und konnten dabei erkunden, wie sich die beiden Ausprägungen der beiden siebten M5-Generation voneinander unterscheiden. Klar ist dabei, dass der Touring noch 40 Kilogramm schwerer als die Limousine ist – aber gemessen am Gesamtgewicht von rund 2,5 Tonnen war das Mehrgewicht prozentual auch noch nie so unbedeutend wie im vorliegenden Fall.

Wer keinen fundamentalen Unterschied zur Limousine erwartet, liegt also goldrichtig: Wie schon der M3 Touring eine Klasse tiefer zeigt auch der neue BMW M5 (G99), dass das Plus an Laderaum keineswegs mit größeren Einschränkungen beim Fahrverhalten einhergehen muss. Das liegt nicht nur am kaum nennenswerten Mehrgewicht, sondern natürlich in erster Linie am Antrieb mit den zwei Gesichtern.

Wer auf den roten Sportsitzen Platz nimmt und den ebenso roten Startknopf drückt, erlebt zunächst die sanfte Seite des M5: Lautlos, zurückhaltend und lokal emissionsfrei rollt der Kombi los und zeigt dabei Nachbarn und Kollegen ein ganz anderes Gesicht als die Vorgänger mit ihren unüberhörbaren Verbrennern.

Wer jedoch den lauten Auftritt mag, ist immer nur einen Fingerzeig davon entfernt: Mit Hilfe der M-Buttons am Lenkrad, durch Aktivieren des Boost-Modus mit der linken Schaltwippe oder natürlich durch einen etwas beherzteren Tritt aufs Gaspedal wird der 197 PS starke E-Motor zur Hilfsmaschine und der V8 weist lautstark auf seine Rolle als ‘Hauptantrieb’ des BMW M5 Touring hin.

Auf der Landstraße lässt sich die volle Leistung von 727 PS und 1.000 Newtonmeter Drehmoment freilich kaum ausnutzen, schon nach wenigen Sekunden Vollgas wären Punkte und Fahrverbot unausweichlich. Dass es auf engen und kurvigen Landstraßen handlichere Fahrzeuge als einen 2,5-Tonner gibt, liegt in der Natur der Sache – aber wer sich an die Grenzen des M5 herantastet, wird mit einem dennoch enorm hohen Niveau belohnt.

Großen Anteil an der subjektiv wahrgenommenen Agilität hat die im Sport-Modus extrem direkte Lenkung, die den BMW M5 Touring in Verbindung mit Hinterachslenkung und M Sportdifferenzial beinahe tänzeln lässt. Je nach persönlichem Geschmack kann es da durchaus Sinn machen, die Lenkung in mindestens einem der individuell konfigurierbaren Setups auf Komfort zu belassen.

Ganz unabhängig von der Lenkung ist die brachiale Gewalt des Hybrid-Antriebs: Genau wie die Limousine kennt auch der neue BMW M5 Touring keine Scheu, wenn es oberhalb von neutralem Fahrverhalten am Limit auch um ein ausbrechendes Heck geht. Schon im Allradmodus 4WD Sport kann den Kombi dank seiner 727 PS und 1.000 Newtonmeter Drehmoment im Traktions-Modus MDM jederzeit mit dem Gaspedal gesteuert werden – und wer sich traut, kann die volle Kraft im 2WD-Modus und bei komplett deaktiviertem DSC sogar allein an die Hinterräder schicken.

Neben den fahrdynamischen Qualitäten weiß der BMW M5 Touring aber auch im Alltag zu punkten: Der Kofferraum ist kaum kleiner als bei den schwächeren Varianten des aktuellen 5er und i5 Touring (G61), auch bei Infotainment und Assistenzsystemen sind so gut wie keine Einschränkungen vorhanden – nur für die Sensorik des Autobahnassistenten war im komplexen Technik-Paket des neuen M5 kein Platz mehr.

Aber ist der Plug-in-Hybrid-Kombi letztlich nicht doch zu schwer, um ihn gut finden zu können? Kommt drauf an! Wer ihn wirklich regelmäßig auf der Rennstrecke einsetzen will, dürfte auf das Zusatzgewicht des Elektroantriebs gut und gerne verzichten können. Wer jedoch nach einem fulminanten Kombi für regelmäßige Fluchten aus dem Alltag sucht, der trotz V8 auch in den nächsten Jahren noch in Ökozonen und Innenstädte fahren darf, der findet aktuell sicher nur schwer ein vergleichbares oder gar besseres Paket.

Exit mobile version