Wir stecken tief in einer virtuellen Spielewelt. Um uns herum ragen Hochhäuser in den Himmel, von einer Brücke grüßen winkend Avatare. Auf dem bunt leuchtenden BMW M Rooftop Circuit kämpfen wir um die beste Rundenzeit und müssen dabei BMW M Münzen einsammeln, um Strafsekunden zu vermeiden. Als App auf dem Smartphone wäre das bestimmt spaßig – ein werbewirksamer Zeitvertreib, während man auf die nächste U-Bahn wartet. Doch das hier ist echt.
Der Controller ist nämlich kein Smartphone-Touchscreen, sondern der neue BMW M135 xDrive mit 300 PS. Wir sitzen nicht in einem U-Bahnhof, sondern am Steuer. Und wenn wir hier jetzt nicht völlig unkontrolliert an der nächsten schillernden BMW M Münze vorbeischießen wollen, sollten wir verdammt schnell das Heck einfangen. Bremsen, gegenlenken, weiter. In 4,9 Sekunden von null auf hundert sichert sich das Multiplayergame BMW M Mixed Reality den Titel als Rennspiel mit der geilsten Fahrphysik überhaupt – ohne Diskussion. Was für ein Wahnsinn!
Aber der Reihe nach: Eine Viertelstunde zuvor machen wir es uns auf dem Fahrersitz der M Performance-Version des neuen BMW 1er (F70) bequem. Auf der Beifahrerseite begrüßt uns Alexander Kuttner und reicht uns eine VR-Brille, die über ein Kabel mit einem Wust an Kameras, Sensoren und weiterer Messtechnik verbunden ist. BMW M Mixed Reality ist Kuttners Projekt, seine Idee, die er inzwischen seit mehreren Jahren in Richtung Perfektion weiterentwickelt. In Maisach probieren wir heute die neueste Evolutionsstufe aus: Erstmals mit Multiplayermodus.
An dieser Stelle dürfte der ein oder andere die Stirn runzeln: Was für ein Spiel soll das sein? Natürlich keines für das heimische Wohnzimmer. Um M Mixed Reality zu zocken, braucht man schon eine Flughafenlandebahn lang Platz. Eine große, abgesperrte und ebene Fläche ohne Hindernisse. Außerdem: Fahrzeuge mit sehr genauer GPS-Ortung und ein VR-Headset, das mit den fahrzeuginternen Systemen verbunden ist. Nur so kann die Software physische Bewegungen des Autos und Daten synchronisieren, damit sich die VR-Erfahrung real anfühlt. Wenige Millisekunden seien entscheidend, sagt Kuttner.
Wir fahren in der echten Welt zum mit echten Pylonen markierten Startpunkt in der Mitte der Landebahn und ziehen die VR-Brille an. Erst sehen wir noch die echte Fahrzeugumgebung, dann startet der Meister beider Welten auf dem Beifahrersitz das Spiel. Die graue Flughafenumgebung weicht der bunten Kulisse des Rooftop Circuits. Der Innenraum des BMW M135 ist weiterhin sichtbar, ebenso unsere Hände am Lenkrad. Nur die A-Säulen verschwinden – endlich mal ganz freie Sicht.
Rechts neben uns taucht ein Gegenspieler auf. Countdown. Vollgas. Die Strecke mit zwei langen Geraden fliegt vorbei, wir lenken in die erste Schikane. Was uns im Spiel irgendwie normal vorkommt, ist zu schnell für die echte Welt und ihre physikalischen Grenzen. Wir bremsen scharf, geraten in die Bahn des anderen BMW M Mixed Reality Spielers, der uns im zweiten bunt beklebten BMW 1er zur Startbahn gefolgt ist. Doch man kann einfach durch den Kontrahenten hindurchfahren, der im echten Leben hunderte Meter entfernt auf der anderen Seite der Landebahn seine Runden dreht. Und wenn sich virtuelle Realität und echtes Leben doch einmal zu nahekommen sollten, hat Alexander Kuttner auf der Beifahrerseite ein zweites Bremspedal.
Das Gehirn gewöhnt sich erstaunlich schnell an die Verbindung aus echten Bewegungen und künstlicher Spielewelt. Und nach zwei intensiven Runden wird klar, dass dieses Spiel mehr ist als nur ein Experiment aus der Kategorie „don’t try this at home“. Fahrschulen könnten mit der Technologie Sicherheitstests simulieren, Ingenieure das System bei der Fahrzeugentwicklung nutzen oder ein „Professional Track Trainer“ auf der Nordschleife Ideallinie und Bremspunkte anzeigen.
Bereits heute wird BMW M Mixed Reality bei der BMW Driving Academy angeboten. „Bald können wir sogar driften“, sagt Kuttner und grinst. Das wäre dann schon wieder das nächste Level!