Nach 24 intensiven Stunden in Le Mans verraten die Gesichter der Verantwortlichen von BMW Motorsport, dass man insgeheim doch mit etwas größeren Erwartungen an die Sarthe gereist war. Zwar war von Anfang an klar, dass die Rückkehr in die Königsklasse des Langstrecken-Motorsports ein schwieriges Unterfangen werden würde, aber nach der Bestzeit am Mittwoch und einer phasenweise durchaus starken Pace waren die ersten Stunden des Rennens doch sehr enttäuschend: Nach zum Teil selbst und zum Teil von Konkurrenten verursachten Unfällen waren alle Chancen auf ein gutes Ergebnis in der LMDh-Klasse bereits vor Mitternacht dahin.
Als rasendes Trostpflaster waren fortan nur noch die beiden BMW M4 GT3 im Rennen, doch hier lief längst nicht alles nach Plan: Der unter anderem von Valentino Rossi und Maxime Martin pilotierte M4 mit der Startnummer 46 hatte sich zu Beginn der Nacht in der Spitze festgesetzt und zählte zu diesem Zeitpunkt zu den Favoriten auf den Sieg in der LMGT3, doch nach einem Unfall von Ahmad Al Harthy mussten die Hoffnungen auch hier begraben werden. Nun schlug die Stunde des einzig verbleibenden BMW M4 GT3 mit der Startnummer 31, der zuvor klar im Schatten der 46 stand: Augusto Farfus, Sean Gelael und Darren Leung setzten jetzt voll auf Attacke und konnten sich immer weiter nach vorne arbeiten.
In den letzten Stunden des Rennens war der BMW M4 GT3 stabil auf Podiums-Kurs und lieferte sich schließlich einen engen Zweikampf um den Sieg, bei dem der Porsche 911 GT3 R von Manthey EMA das bessere Ende für sich hatte. Mit dem zweiten Platz konnten Augusto Farfus und seine beiden Mitstreiter zumindest eine Trophäe für BMW Motorsport holen, auch wenn die Hoffnungen vor dem Rennen sicher größer waren.
In der Hypercar-Klasse machten die anderen Hersteller den Sieg unter sich aus. Am Ende feierte Ferrari AF Corse mit dem 499P wie schon im Vorjahr den Gesamtsieg, dahinter folgten Toyota, ein weiterer Ferrari und schließlich der erste Porsche auf Rang 4. Der beste Cadillac landete am Ende auf dem siebten Rang, die Amerikaner hatten aber zwischenzeitlich durchaus Eindruck hinterlassen und waren insgesamt stark unterwegs. Ähnlich enttäuschend wie für BMW verlief das Rennen für Alpine, Peugeot und Lamborghini.
Immerhin liegt auf der Hand, dass BMW Motorsport eine Menge Erkenntnisse für das nächstjährige 24-Stunden-Rennen gesammelt hat: Die Mannschaft von Andreas Roos hat noch lange nicht genug und will 2025 mit mehr Erfahrung erneut angreifen. Vielleicht gelingt es dann auch, mehr Fahrzeuge in der Königsklasse an den Start zu bringen und die Risiken von nie ganz auszuschließenden Zwischenfällen so auf mehr Schultern zu verteilen – nicht ohne Grund hatte Porsche gleich sechs 963 an den Start gebracht, die siegreichen Ferraris waren immerhin zu dritt an den Start gegangen.
Die Stimmen der Fahrer und Verantwortlichen sowie weitere Bilder folgen im Lauf des Abends.
Franciscus van Meel (Geschäftsführer der BMW M GmbH): „Es war ein sehr emotionales Wochenende für die gesamte BMW M Community. Es gab viele Ups und Downs, aber das hat uns alle noch weiter zusammengeschweißt. Die ersten Stunden des Rennens waren mit Fehlern und Unfällen schwierig, dabei haben wir relativ schnell drei von vier Autos verloren. Mit vereinter Kraft haben wir aber das #20 BMW M Hybrid V8 Art Car wieder auf die Strecke gebracht, so dass es das Rennen am Schluss wieder aufnehmen konnte und über die Ziellinie gefahren ist. Und für den #31 BMW M4 GT3 gab es am Ende den zweiten Platz. Das war das erste Podium für BMW in Le Mans seit 2011. Das war ein versöhnliches Ende auf der sportlichen Seite. Auf der Kunden- und Community-Seite hatten wir tolle Erlebnisse mit dem neuen BMW M5 im Closed Room sowie mit dem neuen BMW M2 Update und dem BMW M4 CS. Alles in allem haben wir gemeinsam großartige Momente erlebt, es war ein tolles Event.“
Andreas Roos (Leiter BMW M Motorsport): „Die 24 Stunden von Le Mans 2024 waren definitiv eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Wir hatten einen super Auftakt mit Platz eins für den #15 BMW M Hybrid V8 im Qualifying. Auch im Rennen selbst hatten wir einen guten Start. Doch leider sind uns dann Fehler passiert, vor allem in den ersten Stunden, bei denen wir die guten Positionen unserer Hypercars verloren haben. Wir haben uns aber mit einem Auto, der Startnummer 15, wieder in die Spitzengruppe zurückgekämpft. Leider kam es jedoch zu einem unverschuldeten Unfall, bei dem Dries Vanthoor bei hoher Geschwindigkeit getroffen wurde. Zum Glück ist Dries nichts passiert, er ist unverletzt, und das war das Wichtigste. Auf der GT3-Seite war das Rennen vor allem nachts aufgrund der unterschiedlichen Wetterbedingungen schwierig. Dabei haben wir leider auch die #46 durch einen Unfall verloren. Doch die #31 hat sich mit einer starken Teamleistung wieder bis an die Spitze zurückgekämpft. Wir sind bis zum Schluss um den Sieg gefahren und wurden am Ende Zweite. Das war ein tolles Debüt für unseren BMW M4 GT3 beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Vielen Dank für den Rieseneinsatz, den das BMW M Team WRT, alle Fahrer, BMW M Motorsport und alle Beteiligten hier geleistet haben.“
Vincent Vosse (Teamchef BMW M Team WRT): „Ich bin überhaupt nicht von unserer Performance mit den Hypercars enttäuscht, aber von den Ergebnissen. Irgendwie war es nicht unser Wochenende. Nachdem wir in der LMGT3-Klasse die #46 verloren hatten, lagen all unsere Hoffnungen auf der Nummer 31. Sie haben einen unglaublichen Job gemacht – Fahrer, Mechaniker und Ingenieure. Sie haben sehr hart gekämpft, und wir sind nach 24 Stunden als Zweite ins Ziel gekommen. Das ist ein großartiger Erfolg.“
Augusto Farfus (#31 BMW M4 GT3): „Ich denke, wenn wir uns anschauen, wie unsere Performance zu Beginn des Rennens war und wo wir ins Ziel gekommen sind, haben wir jede Menge Grund zu feiern. Man sieht, wie wichtig es ist, ein unglaubliches Team zu haben, und dass gute Abläufe innerhalb eines Teams zu guten Ergebnissen führen. Wir waren der letzte BMW im Feld und haben das Podium eingefahren. Das ist der verdiente Lohn für alle beim Team WRT und bei BMW. Wir sind sehr nah an der WM-Führung dran, daher bleiben wir nun fokussiert und richten unseren Blick in Richtung Titelgewinn.“
Sean Gelael (#31 BMW M4 GT3): „Le Mans ist immer ein ganz spezielles Event mit seiner Atmosphäre, der Historie und den mehr als 300.000 Zuschauern. Es ist großartig, Teil der fantastischen BMW und WRT-Familie zu sein, die unermüdlich daran arbeitet, dass wir Erfolg haben können. Wir haben aus der Performance, die uns an diesem Wochenende zur Verfügung stand, das Optimum herausgeholt. Wir haben um den Sieg gekämpft und am Ende einen guten zweiten Platz erreicht. Den nehmen wir gerne mit.“
Darren Leung (#31 BMW M4 GT3): „Das ist etwas ganz Besonderes. Wenn man mir zu Beginn des Wochenendes gesagt hätte, dass wir Zweite werden, wäre ich sehr überrascht gewesen. Aber das ist das Ergebnis von gutem Teamwork, guter Strategie, guten Leuten am Auto – und der Unterstützung eines Herstellers wie BMW, der das Risiko eingeht, einen relativen Neuling wie mich einzusetzen. Solche Erfolge wie in dieser Saison schmeicheln einem zunächst einmal, aber sie erhöhen auch den eigenen Anspruch. Jetzt will ich den WM-Titel gewinnen.“
Marco Wittmann (#15 BMW M Hybrid V8): „Durch so einen Unfall aus dem Rennen gerissen zu werden, ist sehr enttäuschend. Das Wichtigste ist, dass Dries sich nicht verletzt hat, denn so ein Crash bei rund 300 km/h ist extrem gefährlich und kann auch viel schlimmer ausgehen. Zu dem Zeitpunkt im Rennen hatten wir uns nach meinem Fehler in der Startphase schon wieder in die Top-10 gekämpft und waren gut unterwegs. Dann nach vielen Wochen intensiver Vorbereitung schon vor Mitternacht mit beiden Hypercars im Prinzip raus zu sein, ist natürlich für das gesamte Team extrem frustrierend. Was für mich bleibt, sind die Eindrücke dieses einzigartigen Le-Mans-Vibes, dieser unglaublichen Atmosphäre bei diesem Event, die ich zum ersten Mal erleben durfte.“
René Rast (#20 BMW M Hybrid V8): „In Le Mans zu sein ist immer das Highlight des Jahres. Für mich war es eine ganz besondere Ehre, als Fahrer des #20 BMW M Hybrid V8 Art Cars an den Start zu gehen. Die Parade am Freitag war wieder so fantastisch verrückt wie jedes Jahr. Sportlich gesehen war das Rennergebnis natürlich alles andere als zufriedenstellend, denn wir hatten uns wesentlich mehr erwartet. Wir haben es einfach nicht gut umgesetzt und zu viele Fehler gemacht. Da müssen wir noch besser werden.“
Valentino Rossi (#46 BMW M4 GT3): „Im ersten Teil des Rennens waren wir sehr konkurrenzfähig. Wir konnten dank guter Strategie und starker Pace viele Positionen gutmachen. Wir haben das Rennen für zwei bis drei Stunden angeführt, und ich habe es sehr genossen, auf Platz eins zu fahren. Leider sind die Bedingungen dann schlechter geworden, und Ahmad hat mit Slicks auf nasser Strecke einen Fehler gemacht, der uns zur Aufgabe zwang. Das ist sehr schade.“