Fahrbericht BMW i5 Touring: So praktisch war Elektro noch nie!

BMW 5er, BMW i5, Fahrberichte | 3.06.2024 von 1

Für den ersten Fahrbericht durften wir ans Steuer des neuen BMW i5 Touring (G61) und haben uns den Elektro-Kombi als 340 PS starken i5 eDrive40 angesehen.

Dass man manche Dinge auch in einem der beliebtesten und wichtigsten Segmente des europäischen Markts völlig neu denken kann, zeigt der neue BMW 5er Touring (G61): Als erster Kombi der Premium-Liga gibt es ihn auch mit rein-elektrischem Antrieb und somit lokal völlig emissionsfrei. Wir durften den ersten BMW i5 Touring kürzlich auf dem Rückweg vom Concorso d’Eleganza Villa d’Este erleben und konnten ihn dabei sowohl auf kurvigen Passstraßen der Alpen als auch auf deutschen Autobahnen erleben. Dabei haben wir ganz bewusst den BMW i5 eDrive40 und nicht das Topmodell M60 genommen, schließlich geht es nur einem kleinen Prozentsatz der Kombi-Kundschaft um die Kraft von 600 PS – und natürlich ist auch der “Basis-i5” mit seinen 340 PS alles andere als schwach auf der Brust.

Wer von einem Diesel oder Benziner in den BMW i5 Touring umsteigt, wird die Kraft des Antriebs wie bei jedem anderen Elektroauto noch nachdrücklicher wahrnehmen, als es die reine Leistungsangabe vermuten lässt. Da die vollen 400 Newtonmeter Drehmoment jederzeit verzögerungsfrei zur Verfügung stehen und weder von einem vorherigen Gangwechsel noch von einer hörbar höheren Drehzahl begleitet werden, wirkt die Kraftentfaltung ausgesprochen mühelos und kommt daher besonders nachdrücklich zur Geltung. "

Genau wie in der BMW i5 Limousine (G60) beherrscht der eDrive-Antrieb der fünften Generation sehr unterschiedliche Spielarten: Im Komfort-Modus erlaubt er sanftes und bis zu einer gewissen Geschwindigkeit beinahe lautloses Dahingleiten, ohne sich spontanen Lastanforderungen auch nur für eine Zehntelsekunde zu verwehren – während er im Sport-Modus zum performanten Dynamiker wird, der ein erstaunlich hohes Fahrdynamik-Niveau bietet.

Denn auch wenn das Gewicht des BMW i5 eDrive40 Touring bei über 2,2 Tonnen liegt, erlaubt der tiefe Schwerpunkt ein erstaunlich agiles Fahrverhalten. Gerade auf den kurvigen Landstraßen in den Alpen zeigt der Elektro-Kombi eine überraschende Bereitschaft zum Einlenken und bleibt extrem lange neutral, wenn man die Hinterachse mit sanftem Druck aufs Gaspedal einbezieht.

Wer das fahrdynamische Potenzial des BMW i5 Touring ausloten will, sollte allerdings mit sehr wenig oder sehr viel Gepäck unterwegs sein: Weil die aus dem 3er Touring bekannten Antirutsch-Schienen mit ihren aufblasbaren Gummi-Elementen im 5er nicht verfügbar sind, fliegen einzelne Gepäckstücke im Kofferraum wild umher. Dass der 570 bis 1.700 Liter fassende Gepäckraum beim Elektroauto i5 ebenso üppig ausfällt wie bei den Verbrennern und Plug-in-Hybriden, ist in diesem Moment ein relativ schwacher Trost.

Eine weitere vermeidbare Schwäche leistet sich der neue BMW 5er Touring 2024 bei der Heckscheibe: Auch wenn man in München überzeugt ist, dass nur ein kleiner Prozentsatz der Kombi-Kunden von der separat zu öffnenden Heckscheibe Gebrauch macht, dürfte so mancher langjährige Touring-Fahrer die Funktion zum schnellen Be- und Entladen kleinerer Gepäckstücke schmerzlich vermissen und das eine oder andere Mal vergeblich zum Fuß des Heckscheibenwischers greifen.

Auf der deutschen Autobahn zeigt der BMW i5 Touring, dass man auch vor langen Touren mit dem Elektroauto keine Angst haben muss: Je nach Konfiguration schafft der Kombi 483 bis 560 Kilometer gemäß WLTP-Zyklus, in der Praxis sind 400 Kilometer bei gemäßigter Fahrweise kein Problem. Wer es eilig hat, muss sich naturgemäß mit kürzeren Reichweiten anfreunden, wobei die ganz große Eile ohnehin ein wenig eingebremst wird: Für einen 340 PS starken und so souverän beschleunigenden Kombi ist es durchaus ungewohnt, dass der Vortrieb schon bei unter 200 km/h endet.

Auf allen Märkten außerhalb Deutschlands spielt dieser Aspekt freilich eine ebenso untergeordnete Rolle wie bei Urlaubsfahrten ins Ausland. Hier ist wichtiger, dass der i5 mit dem BMW eRoute Management eine clevere Funktion an Bord hat, die bei langen Fahrten jenseits der verfügbaren Reichweite automatisch die idealen Ladestopps vorschlägt. So kann man exakt planen, wo man wie lange pausieren sollte, um in möglichst kurzer Zeit wieder genügend Energie in die Akkus von Auto und Insassen zu bekommen. Dank bis zu 205 kW Ladegeschwindigkeit genügen theoretisch schon 10 Minuten Pause, um genügend Strom für bis zu 189 weitere Kilometer aufzuladen.

Wer sich auf maximal 135 km/h Reisegeschwindigkeit beschränkt, kann außerdem den Komfort des Autobahn-Assistenten genießen: Genau wie alle anderen neuen 5er kann auch der BMW i5 Touring mit dem Driving Assistant Plus ausgerüstet werden und beherrscht dann das hochautomatisierte Fahren gemäß Level 2+. Anders als bei Level 3 ist der Fahrer hier zwar weiterhin in der Verantwortung, in der Praxis übernimmt das Auto aber sämtliche Aufgaben des Fahrers – und das völlig ohne Zeitlimit, wenn die Strecke keine Baustellen oder andere Sondersituationen beinhaltet. Auch Spurwechsel zum Überholen langsamerer Verkehrsteilnehmer erledigt der Elektro-5er ganz souverän im Alleingang, wenn der Fahrer den entsprechenden Vorschlag per Blick in den Außenspiegel bestätigt und damit freigibt.

So bleibt während der Fahrt etwas Zeit, das insgesamt sehr hochwertig verarbeitete Cockpit und die zahlreichen Features und Apps im iDrive-Menü zu erkunden. Wie in der Limousine fällt der Blick dabei auch im Kombi früher oder später auf das Bedienteil für die Fensterheber in der Tür, dessen Optik und Haptik nicht dem in dieser Klasse erwarteten Niveau entsprechen. Immerhin können Fahrer, die die Fensterheber regelmäßig nutzen um beispielsweise bei der Einfahrt in eine Tiefgarage eine Karte vorhalten zu können, Verhaltensweisen wie diese mit wenigen Klicks automatisieren und sich so das manuelle Öffnen selbst abnehmen.

Insgesamt überzeugt der BMW i5 Touring auf unserer Fahrt mit hohem Komfort, souveränem Antrieb, großem Platzangebot und unerwarteter Agilität. Er zeigt aber auch, wie gut seine Vorgänger und andere Modelle des BMW-Portfolios waren und sind: Mit separat zu öffnender Heckscheibe und Antirutsch-Schienen wären seine Kombi-Qualitäten noch weiter steigerbar. Dass diese Punkte dem Erfolg des G61 wirklich im Wege stehen, ist aber mit Blick auf das unterm Strich sehr überzeugende Gesamtpaket sehr unwahrscheinlich.

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