Blickt man auf das Konkurrenz-Umfeld, hätte man in Garching wenig Grund für eine noch schärfere Variante des aktuellen BMW M4 (G82) gehabt: Schon die Competition-Modelle halten ihre direkten Konkurrenten locker in Schach, das Topmodell M4 CSL hat den eigenen Rekord für Mittelklasse-Sportler auf der Nürburgring Nordschleife nochmals unterboten und den Vorsprung auf die Verfolger weiter ausgebaut. Andererseits wäre die M GmbH nicht die M GmbH, wenn sie nicht ständig für weiteres Kopfzerbrechen bei den Rivalen sorgen würde – und so passt es bestens ins Bild, dass sie mit dem neuen BMW M4 CS nun ganz ohne Druck von außen ein weiteres Eisen ins Feuer wirft.
Für einen ersten Fahrbericht durften wir auf dem Salzburgring ans Steuer des neuen Top-M4, der dabei so gar nicht in die Rolle des kleinen Bruders passen will: Wer nicht gerade direkt aus dem M4 CSL umsteigt, dürfte sich an Bord des M4 CS wohl niemals wie im zweitschnellsten G82-Derivat fühlen. Kein Wunder: Carbon-Mittelkonsole und Schalensitze versprechen genau wie das mit Alcantara bezogene Lenkrad absolute High Performance, während der Biturbo-Reihensechszylinder mit den gleichen 550 PS zur Sache geht wie im CSL.
Trotz einiger Gemeinsamkeiten haben CSL und CS völlig verschiedene Charaktere: Während der CSL den knallharten Puristen gibt, der primär für die Rennstrecke gebaut ist und zwischendurch auch im öffentlichen Straßenverkehr bewegt werden kann, bleibt der BMW M4 CS uneingeschränkt alltagstauglich – ohne sich deshalb auf der Rennstrecke auch nur im Entferntesten unwohl zu fühlen.
Weit oben auf der Prioritätenliste der Entwickler stand dabei offenbar, dass der BMW M4 CS seine volle Performance auch Nicht-Profis auf dem Silbertablett serviert. Dank des vollvariablen Allradantriebs M xDrive und der extrem traktionsstarken Bereifung vom Typ Michelin Pilot Sport Cup 2 R bietet die “Competition Sport”-Version eine Beherrschbarkeit, die ihresgleichen sucht: Egal ob bei der Beschleunigung aus dem Stand oder beim vollen Herausbeschleunigen aus den Kurven, die 550 PS reißen den M4 CS selbst bei komplett deaktiviertem DSC immer rabiat nach vorn.
Dabei sollte Beherrschbarkeit keinesfalls mit Langeweile verwechselt werden: Was der BMW M4 CS in Sachen Kurven-Geschwindigkeit ermöglicht, ist allerhöchstes Niveau. Er vermittelt dabei aber noch mehr Vertrauen als der CSL, weshalb sich auch Nicht-Rennfahrer schnell ans Limit trauen und unterm Strich nicht selten schneller unterwegs sein dürften als an Bord des CSL, der am Limit nach einer kundigen Hand verlangt und bei deaktiviertem DSC ohne den doppelten Boden des Allradantriebs auskommen muss.
Wer den BMW M4 CS in seiner wildesten Form erleben will, kann natürlich auch bei ihm in den 2WD-Modus schalten und damit den Antrieb der Vorderräder deaktivieren. Für die Zeitenjagd ist dieser Modus allerdings denkbar ungeeignet: Die variable Kraftverteilung von M xDrive macht ihren Job so gut, dass man sie nie als störend empfindet und sich innerhalb kürzester Zeit daran gewöhnt, viel früher Vollgas geben zu können als bei der gewohnten Suche nach dem Traktionslimit mit potenten Hecktrieblern.
Neben der Traktion beeindruckt vor allem die Präzision, mit der sich der BMW M4 CS in die Kurven des Salzburgrings werfen lässt: Der extrem steife Vorderwagen wird mit einer gründlich überarbeiteten Fahrwerks-Abstimmung kombiniert, was dem M4 in Summe ein noch agileres Einlenken bei weiterhin hervorragender Dirigierbarkeit beschert.
Die selbst an der Vorderachse 275 Millimeter breiten Michelin Pilot Sport Cup 2 R scheinen dabei so gut wie jede Kurveneingangsgeschwindigkeit völlig mühelos umsetzen zu können, erlauben sich im Gegenzug aber auch gewisse Star-Allüren: Das überschaubare Profil der Track-Bereifung macht sie zwar zur ersten Wahl auf trockenem Asphalt, an verregneten Tagen dürften weniger radikale Reifen aber sicher die bessere Option sein. Da passt es ganz gut, dass BMW neben dem optionalen Cup 2 R auch den Cup 2 und den noch Allwetter-tauglicheren Pilot Sport 5 anbietet.
Unterm Strich präsentiert sich der BMW M4 CS als “CSL für jeden Tag”: Im Detail weniger konsequent auf den Rennstrecken-Einsatz getrimmt, dafür dank Allradantrieb auch im Grenzbereich leicht beherrschbar und bei Bedarf sogar im alpinen Raum ganzjahrestauglich.
Dass er diesen extrem verlockenden Eigenschaften-Mix mit einer sehr eigenständigen Optik samt exklusiver Details wie den gelben Tagfahrlicht-Elementen kombiniert, macht ihn nur noch verlockender. Bei der Farbwahl machen es die Garchinger ihren Kunden sogar etwas leichter als beim regulären M4: Die rund 150 Farben umfassende Individual-Palette steht für den CS nicht zur Wahl, die Entscheidung muss also immer zwischen dem hier gezeigten Rivierablau, dem bisher nur für den CS angebotenen Frozen Isle of Man Green oder den Klassikern Saphirschwarz und Brooklyn Grey fallen.
Bleibt als großer Haken der Preis: Mit mindestens 160.000 Euro ist der BMW M4 CS kaum günstiger als der M4 CSL, der einst für 165.200 Euro verkauft wurde – allerdings liefert er auch jede Menge gute Argumente, die die preisliche Nähe zum großen Bruder bestens rechtfertigen.