Die Flotte der Elektroautos von BMW wächst auch 2024 weiter und soll dafür sorgen, dass an der Rolle als Premium-Marktführer auch in den nächsten Jahren keine Zweifel aufkommen. Mit dem BMW iX2 schicken die Münchner nun ihr erstes elektrisches SUV-Coupé auf die Straßen und nehmen damit eine Zielgruppe ins Visier, denen Fahrzeuge wie iX1 oder iX3 vielleicht einfach etwas zu normal waren. Mit seiner dynamischen Coupé-Dachlinie und der extrem eigenständigen Front- und Heck-Optik hebt sich die elektrische Version des zweiten X2 (U10) deutlich von sämtlichen anderen Baureihen ab – und das dank Iconic Glow-Nieren auch und gerade in der Dunkelheit.
Für unseren ersten Fahrbericht durften wir ans Steuer eines BMW iX2 xDrive30 mit M Sport-Paket und Lackierung in Brooklyn Grey, abgesehen vom Nieren-Innenleben und dem Schriftzug am Heck beschränken sich die optischen Hinweise auf den Elektroantrieb aber auch in dieser Konfiguration auf kleine Details wie die blaue Einfassung der BMW-Logos. Die Devise ist klar und aus anderen aktuellen Baureihen bekannt: Egal ob Elektro oder Verbrenner, rein äußerlich unterscheiden sich die Modelle so gut wie gar nicht.
Ganz anders sieht es aus, wenn man den iX2 mit seinem Technik-Zwilling iX1 vergleicht: Trotz gleichem Radstand wirken die beiden Kompakt-SUV aus jedem Blickwinkel vollkommen verschieden. Wo der iX1 auf praktische Formen und Understatement setzt, geht der iX2 voll in die Offensive und macht keinen Hehl aus seinem sportlichen Anspruch. Im Fall des Allrad-iX2 wird letzterer gleich von zwei E-Motoren unterstrichen, die gemeinsam für eine Systemleistung von 313 PS sorgen und das Elektroauto zumindest in Europa zur stärksten Variante des neuen X2 machen.
Anders als beim neuen BMW X2 M35i mit Verbrenner bleibt der Antrieb des iX2 allerdings völlig lautlos und daher auch vollkommen unauffällig im Hintergrund, bis das Gaspedal zum ersten Mal stärker gedrückt wird. Dann allerdings überfällt der Antrieb des iX2 seine Insassen beinahe, denn die fast 500 Newtonmeter System-Drehmoment schlagen ansatzlos zu und schieben das SUV mit Macht nach vorne.
Dass dabei rund zwei Tonnen Leergewicht beschleunigt werden, merkt man höchstens beim stehenden Start: Wenn der iX2 einmal rollt und erst dann gefordert wird, kaschiert die schiere Kraft des Antriebs das Gewicht mit Leichtigkeit. Doch während man die spontane Kraftentfaltung von Elektroautos inzwischen gewöhnt ist, steht hinter der Fahrdynamik hier und da noch ein Fragezeichen – das der BMW iX2 allerdings mit Lässigkeit in ein Ausrufezeichen verwandeln kann.
Schon die ersten zügig gefahrenen Kurven machen klar, dass es dem Elektro-X2 auch im Vergleich zum M35i nicht an Agilität und Fahrspaß-Potenzial mangelt. Zwar hat der iX2 gut 300 Kilogramm mehr auf den Rippen, aber dank des im Unterboden platzierten Lithium-Ionen-Akkus ist sein Schwerpunkt wesentlich niedriger. Ein weiterer Vorteil: Das Gewicht verteilt sich im Fall des iX2 perfekt ausgeglichen auf beide Achsen, während die konventionell angetriebenen Varianten immer etwas frontlastig unterwegs sind.
So mag die Stoppuhr zwar einen kleinen Vorteil für den M35i ausweisen, aber ohne direkten Vergleich gibt es auch an Bord des iX2 nichts zu bemängeln: Der Elektro-X2 lenkt erstaunlich willig ein und lässt sich auch bei hohem Tempo präzise und neutral durch Kurven aller Art zirkeln. Die Hinterachse folgt dabei nicht nur willig, sondern kann durch zackiges Einlenken bei deaktivierten Fahrhilfen auch zum unterhaltsamen Heckschwenk überredet werden.
Klar ist aber auch, dass regelmäßiges Abrufen der vollen Leistung spürbar zu Lasten der Reichweite geht: Auch wenn die WLTP-Reichweite je nach Konfiguration und Bereifung zwischen 417 und 449 Kilometern liegt, sollte niemand ernsthaft Strecken von 400 Kilometern oder mehr am Stück in Angriff nehmen. Ähnlich wie an Bord des iX1 zeigt sich auch beim BMW iX2, dass die Netto-Kapazität von 64,7 kWh nach Kompromissen bei Langstrecken-Fahrten verlangt. Wer jedoch einen Stopp an einer Schnellladesäule einplant, kann den Elektro-X2 dort mit bis zu 130 kW laden und womit relativ schnell wieder einige Kilometer Reichweite “nachtanken”.
Vertraut und im Detail doch etwas anders zeigt sich der Innenraum des iX2, der nicht nur auf den ersten Blick eng mit dem X1 verwandt ist. In beiden Kompakt-SUV prägt ein Curved-Display das Cockpit, zumindest für aktive Fahrer bleibt aber das Head-up-Display die wichtigste Anzeige. Leider fehlt auch an Bord des iX2 ein klassischer iDrive-Controller, stattdessen konzentriert sich die Infotainment-Bedienung ganz auf Touchscreen und Spracheingabe. Im Fond haben auch Großgewachsene fast so viel Platz wie im X1 und auch der Gepäckraum gibt sich durchaus geräumig: Unter der großen Heckklappe verbergen sich 525 bis 1.400 Liter Kofferraum-Volumen.
Unterm Strich leistet sich der BMW iX2 nur eine einzige echte Schwäche: Größter Kritikpunkt ist die Reichweite, die in der Praxis nur bei zurückhaltender Fahrweise in den Bereich von 400 Kilometern kommen wird und daher bei langen Fahrten etwas mehr Planung in der Vorbereitung verlangt. Abgesehen davon gibt der Elektro-X2 eine überzeugende Vorstellung ab, die von einem angenehm-straffen Fahrwerk, permanent verfügbarer Kraft und natürlich einem ebenso eigenständigen wie selbstbewussten Auftritt geprägt ist.