Update: Offizielles Statement von BMW am Artikelende ergänzt.
Als erste nationale Behörde bringt das deutsche Kraftfahrtbundesamt (KBA) nun auch BMW an den Diesel-Pranger. Mit einer heute veröffentlichten Verwaltungsentscheidung teilt das KBA mit, dass die Diesel-Motoren der Generation N47 an Bord von BMW X3 xDrive20d und X3 sDrive18d eine unzulässige Abschalteinrichtung genutzt haben. Die Motoren, die eigentlich die Anforderungen der Abgasnorm Euro 5 erfüllen sollen, reduzieren die Abgasrückführung aus Sicht des Kraftfahrtbundesamts in einem zu breiten Bereich der realistischen Nutzungsszenarien.
Knackpunkt scheint dabei die Klimaanlage zu sein, denn deren Aktivierung scheint maßgeblich für eine unzulässige Reduzierung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Minderung der Stickoxid-Emissionen zu sein. Dies ist vor allem deshalb kritisch, weil die Klimaanlage im Alltag der meisten Kunden dauerhaft in Betrieb ist, während sie im Prüfstandsbetrieb häufig deaktiviert ist. So kann die Klimaanlage dazu geführt haben, dass die Fahrzeuge auf dem Prüfstand alle Anforderungen erfüllten, während sie im Realbetrieb auf der Straße mit zu hohen Stickoxid-Emissionen unterwegs waren.
Allein in Deutschland sind laut KBA 33.000 Fahrzeuge betroffen, europaweit nutzen laut BMW 100.000 bis 150.000 Fahrzeuge die unzulässige Technik. Eine mit den Behörden abgestimmte Kombination von Hardware- und Software-Maßnahmen soll voraussichtlich ab Juni 2024 implementiert werden und die beanstandete Funktion entfernen. Zwar ist der Bescheid vom heutigen 20. Februar 2024 noch nicht endgültig bestandskräftig, BMW hat also noch Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Bewertung des KBA in der Hand – die bereits abgestimmten Maßnahmen zur Behebung des Problems deuten aber zumindest darauf hin, dass die Münchner die Entscheidung nicht grundlegend in Frage stellen.
Das Kraftfahrtbundesamt stellt in der eigenen Meldung fest, dass die im Zuge des Dieselskandals aufgebauten Kompetenzen zur Software-Analyse maßgeblich zur Aufdeckung der Problematik beigetragen haben. Das nun vorhandene Verständnis und die tieferen Einblicke in die Software zur Steuerung von Motoren und Abgasnachbehandlung haben die Entdeckung der aus Sicht des KBA unzulässigen Lücke in der BMW-Motorsteuerung erst möglich gemacht.
Auch von BMW gibt es inzwischen ein offizielles Statement, das wir in voller Länge wiedergeben wollen:
Das KBA hat im August 2023 ein Anhörungsverfahren gegen die BMW Group eingeleitet, nachdem sich im Rahmen der Marktüberwachung Rückfragen zum Emissionsverhalten des Fahrzeugmodells BMW X3 mit 2,0-Liter-Dieselmotor EU5 aus den Baujahren 09/2010 bis 03/2014 ergeben hatten.
Im Rahmen dieses Verfahrens vertritt die BMW Group die Auffassung, dass die zur Abgasreinigung verwendete Motorsteuerung mit den gesetzlichen Anforderungen übereinstimmt. Gleichwohl hat das Unternehmen von Anfang an mit den zuständigen Zulassungsbehörden kooperiert und einen Maßnahmenplan vorgelegt, um die Dauerhaltbarkeit einzelner Komponenten des Abgasreinigungssystems des betreffenden Fahrzeugmodells weiter zu verbessern. Diese Maßnahmen sollen voraussichtlich ab Juni 2024 ausgerollt werden.
Wie das KBA zutreffend mitteilt, ist der Bescheid noch nicht bestandskräftig. Das KBA verweist insoweit auch auf die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hatte sich in mehreren Entscheidungen zu Abgasreinigungssystemen in Diesel-Fahrzeugen geäußert und die Auslegung der regulatorischen Anforderungen an Emissionskontrollsysteme verschärft. Die Anforderungen an Diesel-Fahrzeuge werden vor dem Hintergrund dieser Entscheidungen neu diskutiert. Dabei wird rückwirkend ein Maßstab auf Technologien angewendet, die bis zu 15 Jahre alt sind.
Vor diesem Hintergrund wird die BMW Group den Bescheid des KBA prüfen und sich Rechtsschutzmöglichkeiten vorbehalten.