Gleich bei unserem ersten fahraktiven Kontakt mit dem neuen MINI Countryman (U25) durften wir uns dem sportlichen Topmodell widmen und ans Steuer des John Cooper Works. Die 300 PS starke Fahrspaß-Variante ist genau wie die schwächeren Versionen ein echter XXL-MINI geworden, fast viereinhalb Meter lang und deutlich über 1,60 Meter hoch – aber optisch kommen dennoch keine Zweifel daran auf, wo dieses SUV seine Wurzeln hat: In der von uns gefahrenen Konfiguration mit Lackierung in Legend Grey sowie Dach, Spiegelkappen und einigen Details in Chili Red präsentiert sich der Countryman schon auf den ersten Blick im typischen JCW-Style.
Die wichtigere Frage ist allerdings, ob ein SUV in diesem Format auch den markentypischen Fahrspaß vermitteln und das traditionsreiche Kürzel mit Recht tragen kann. Die Antwort gibt der neue Countryman John Cooper Works Schritt für Schritt, wobei Eines schnell klar wird: Bei diesem Auto durften die Entwickler ihrer Kreativität freien Lauf lassen, ausgetretene Pfade verlassen und sich ganz bewusst den einen oder anderen Spaß erlauben. Das zeigt sich nicht nur, wenn beim Einsteigen das riesige runde OLED-Display zum Leben erwacht, sondern auch bei eigentlich unverdächtigen Handgriffen wie dem Drücken des Startknopfs – denn statt einem langweiligen Knopfdruck trägt der Countryman einen Schalter im klassischen Toggle-Switch-Design, der zum Motorstart wie ein Zündschlüssel nach rechts gedreht werden muss. Schon an dieser Stelle legt sich ein erstes Grinsen aufs Gesicht, das vom kernigen Begrüßungsbrüller des Vierzylinders noch verstärkt wird.
Schon bevor wir uns den kurvigen Landstraßen im portugiesischen Hinterland nähern, überrascht der MINI mit dem neuen Rund-Display: Nach Jahrzehnten fortwährender Gewöhnung an rechteckige Displays bietet der Ausbruch in eine neue Form echten Unterhaltungswert, der vom MINI Operating System 9 clever genutzt wird. Die runde Grundform wird von den meisten Anwendungen voll ausgenutzt, sodass sich selbst alltäglichste Dinge wie der Blick auf den Tacho irgendwie neu anfühlen.
Dazu trägt auch bei, dass sich der Look je nach gewähltem Fahrmodus grundlegend verändert: Alternativ zum Core-Modus gibt es beispielsweise die Variante Timeless, die an den fast eineinhalb Meter kürzeren Classic Mini erinnert und mit Retro-Charme glänzt. Hat der Motor seine Betriebstemperatur und das Fahrzeug den Ortsausgang erreicht, lockt allerdings ein anderer Modus – denn was würde besser zu einem John Cooper Works passen als der Gokart-Mode?
Wer den Gokart-Modus wählt, wird direkt mit einem kurzen “Wohoo” begrüßt: Der MINI freut sich, dass es nun endlich zur Sache geht und der Fahrer offenbar ebenso große Lust auf ein paar Kurven hat wie der Countryman selbst. So wird der MINI auf Knopfdruck zum Spielzeug im XXL-Format: Die adaptiven Dämpfer wechseln ebenso wie die Kennlinien von Getriebe und Gaspedal in eine direktere Abstimmung, außerdem wird der Turbo-Vierzylinder von BMW auch akustisch wesentlich präsenter – sowohl beim Beschleunigen unter Last als auch im Schubbetrieb, wenn er vor Freude bollern darf.
Stürzt man sich in die ersten Kurven, kann der MINI John Cooper Works Countryman aber auch ganz ernsthaft abliefern: Im Vergleich zum X1 punktet er mit einer direkteren Lenk-Übersetzung, die schon subjektiv für noch mehr Agilität sorgt. Noch verstärkt wird der Effekt durch das spürbar kleinere Lenkrad, das erstklassig in der Hand liegt. Die Belegung der Lenkradtasten ist dabei übrigens eines von ziemlich wenigen Details, das unmittelbar an BMW erinnert und die Verwandtschaft mit dem X1 sichtbar macht.
Für den Blick aufs Lenkrad bleibt auf kurvigen Strecken allerdings wenig Zeit, denn dank 300 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment ist die Erkundung des Grenzbereichs wesentlich verlockender als alles andere. Dass der Countryman nicht ganz so agil wie ein Gokart um die Kurven wetzt, liegt auf der Hand – aber in seinem Segment zählt er ohne Frage zu den größten Spaßmachern überhaupt. Dank des ALL4 genannten Allradantriebs sind dem JCW Traktionsprobleme fremd, stattdessen powert er souverän aus jeder Ecke heraus und bleibt auch bei hohem Tempo ausgesprochen neutral. Keine Frage: Um hier Fahrspaß zu erleben, muss man nicht auf die AirConsole ausweichen.
Ganz anders als bisher präsentiert sich der Innenraum auch haptisch, denn zumindest im oberen Bereich dominieren textile Oberflächen aus nachhaltigen Materialien. Nur im unteren Bereich des Cockpits, der im Regelfall nicht von neugierigen Fingern berührt wird, zeigt sich am einen oder anderen Hartplastik-Bauteil die im Vergleich zum BMW X1 etwas kostengünstigere Bauart.
Wichtigster Unterschied in Sachen Funktionalität im Fahrbetrieb ist ohne Frage das Head-up-Display, denn hier nutzt der MINI Countryman (U25) weiterhin eine kleine Scheibe statt einer direkten Projektion ins Sichtfeld des Fahrers. Zwar hat man sich an diese Lösung schnell gewöhnt und wird ohne direkten Vergleich nur selten ein “echtes” HUD vermissen, aber ganz so ablenkungsarm wie mit einem richtigen Head-up-Display können die Infos naturgemäß nicht abgelesen werden.
Insgesamt gelingt dem neuen John Cooper Works Countryman die Abgrenzung vom eng verwandten BMW X1 (U11) erfreulich überzeugend. Ähnliche Technik hin oder her, die beiden Kompakt-SUV haben einen völlig eigenständigen Charakter und ergänzen sich hervorragend: Wo der X1 mit deutschen Tugenden, Praktikabilität und Seriösität punktet, gibt sich der Countryman ganz bewusst etwas verspielter, nimmt sich selbst nicht immer ernst und bringt so auch seine Insassen immer wieder zum Schmunzeln.
Über das mit 460 bis 1.450 Liter etwas kleinere Kofferraumvolumen dürften seine Fans daher ebenso schnell hinwegsehen wie über den selbstbewussten Grundpreis von 56.500 Euro, der ebenso weit vom Preis eines Classic Mini entfernt ist wie die Leistung von 300 PS. Mit gewachsenen Abmessungen, viel moderner Technik und selbst im Fond recht großzügigem Raumangebot ist der Countryman so vielseitig und alltagstauglich wie nie zuvor – und zum Glück trotzdem noch lange nicht erwachsen!