Für Außenstehende ist die Entwicklung neuer Fahrzeuge in jeder Sekunde spannend, aber Autobauer wie BMW wissen, dass manchmal auch etwas Langeweile zur Arbeit gehört: In der Erprobung ist es völlig normal, dass Fahrmanöver hunderte Male wiederholt werden, um die Dauerhaltbarkeit neuer Komponenten zu erproben und herauszufinden, welche Wechselwirkungen zwischen neuen und vorhandenen Elementen auftreten können. Für so manchen Testfahrer konnte das heißen, dass er viele Stunden mit möglichst großer Konstanz die immer gleiche Strecke fahren und dabei dennoch konzentriert auf jede Besonderheit und Abweichung achten musste.
Nicht nur die immer fortgeschritteneren Systeme zum Autonomen Fahren erlauben es nun, viele dieser Standard-Aufgaben auch ohne Fahrer an Bord zu erledigen: Driverless@Development nennt die BMW Group diesen Ansatz, der für einzelne Übungen bereits seit 2002 verfolgt wird und nun auch auf dem neuen Testzentrum in Sokolov exzessiv genutzt wird. Das 600 Hektar große Areal bietet ideale Voraussetzungen für die Entwicklung und Erprobung neuer Fahrzeuge – und im Gegensatz zum öffentlichen Straßenverkehr können die Prototypen hier auch stundenlang ohne Fahrer im Alleingang Kilometer abspulen.
Bei den Fahrmanövern gibt es praktisch keine Einschränkungen: Fotos zeigen, wie ein Prototyp des BMW i7 ohne Fahrer nicht nur gewöhnliche und scheinbar langweilige Manöver fährt, sondern bei Bedarf auch Vollgas-Drifts mit maximaler Präzision vollzieht. Dass die BMW-Technik prinzipiell auch autonom driften kann, zeigten die Münchner übrigens schon vor fast 10 Jahren in Las Vegas.
Der große Vorteil gegenüber menschlichen Fahrern: Die Technik führt immer wieder die exakt gleichen Manöver durch, sodass Veränderungen eindeutig auf Faktoren wie Reifen- oder Bauteilverschleiß und nicht auf abweichende Eingaben des Fahrers zurückzuführen sind. Diese Reproduzierbarkeit kann Entwicklungsprozesse massiv verkürzen, weil schon nach kurzer Zeit verlässliche Ergebnisse zur Verfügung stehen.
Ein weiterer Vorteil: Die kostbare Arbeitszeit kompetenter Entwickler aus Fleisch und Blut kann konsequent für jene Aufgaben genutzt werden, die (noch) keine Maschine übernehmen kann. Viele monotone und simple, aber dennoch wichtige Aspekte der Entwicklung können die Fahrzeuge heute im Alleingang absolvieren.
Dank der heutigen Systeme zum autonomen Fahren muss für das Driverless Development deutlich weniger zusätzliche Technik verbaut werden. Zur Unterstützung der Notaus-Funktion kann aber auch ein Roboter im Fahrer-Fußraum installiert werden, der zur Not mit voller Kraft auf das Bremspedal tritt und das Fahrzeug stoppt.