Praktisch seit Bekanntwerden des Diesel-Skandals im Volkswagen-Konzern sieht sich auch die BMW Group immer wieder Vorwürfen hinsichtlich der Sauberkeit ihrer Diesel-Motoren ausgesetzt. Bisher konnten die Münchner sämtliche Vorwürfe entkräften, aber nun unternimmt die Deutsche Umwelthilfe einen weiteren Anlauf: Mit Unterstützung des DUH-eigenen Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) wurden erneut mehrere ältere BMW-Modelle getestet und in Szenarien, die deutlich vom üblichen Fahrprofil für Abgasmessungen abweichen, untersucht. Die Messfahrten wurden zum Teil bei sehr niedrigen Temperaturen von lediglich einem Grad Celsius durchgeführt und beinhalteten Steigungen von bis zu 14 Prozent, sodass höhere Verbräuche und entsprechend auch höhere Emissionen zu erwarten waren.
Die unter diesen Umständen im realen Fahrbetrieb ermittelten Emissionen (RDE, Real Driving Emissions) sind laut Deutscher Umwelthilfe ein Skandal, denn gerade der Stickoxid-Ausstoß (NOx) übertrifft die Grenzwerte der damaligen Abgasnormen, je nach Fahrzeug-Baujahr entweder Euro 5 oder Euro 6, erheblich. Die DUH wirft BMW ausdrücklich vor, hierbei mit Abschalteinrichtungen zu arbeiten und so dafür zu sorgen, dass die Grenzwerte lediglich in unrealistischen Labor-Szenarien eingehalten werden. Die daraus abgeleiteten Forderungen sind drastisch: Ginge es nach der Deutschen Umwelthilfe, müsste das Kraftfahrtbundesamt eine sofortige Stilllegung der untersuchten BMW durchsetzen oder zumindest amtliche Hardware-Nachrüstungen anordnen, damit die Fahrzeuge die für sie geltenden Grenzwerte einhalten können.
Konkret beziehen sich die aktuellen Vorwürfe auf Messungen mit
- einem BMW X3 xDrive20d (F25, Baujahr 2012, 130.000 Kilometer),
- einem BMW 525d Touring (F11, Baujahr 2013, 135.000 Kilometer),
- einem BMW 318d Touring (F31, Baujahr 2016, ca. 250.000 Kilometer)
- und einem BMW X5 xDrive40d (F15, Baujahr 2018, 75.000 km).
Gegenüber dem Spiegel und anderen Medien sagte ein BMW-Sprecher heute, dass es sich um altbekannte und längst klar widerlegte Vorwürfe handele. Ob zuständige Behörden wie das Kraftfahrtbundesamt oder auch Gerichte diese Vorwürfe anders einschätzen, bleibt abzuwarten. Sicher ist hingegen schon jetzt, dass die DUH der BMW Group erneut einige negative Presse beschert hat, darunter beispielsweise ein Kommentar in der Wirtschaftswoche unter der polemischen Überschrift “Bayerische Mogelwerke“.
Die Statements der DUH-Verantwortlichen im Wortlaut:
Jürgen Resch (Bundesgeschäftsführer der DUH): “Es ist erschütternd, dass wir selbst mehr als sieben Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals die höchsten bislang von uns gemessenen Stickoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen im realen Fahrbetrieb feststellen und in der Motorsteuerungssoftware Abschalteinrichtungen finden. Die extrem hohen Emissionen an Stickoxiden bei den untersuchten BMW-Modellen lassen sich nicht mit veränderten Fahrprofilen auf der Straße im Gegensatz zum Labor erklären. In den letzten Jahren hat die BMW AG immer wieder Rekordgewinne eingefahren, 2022 alleine 18,5 Milliarden Euro. Trotz dieser immens hohen Gewinne ist BMW nicht bereit, die vielen hunderttausend noch auf europäischen Straßen die Luft verpestenden Betrugs-Diesel stillzulegen beziehungsweise so nachzurüsten, dass sie auch bei winterlichen Temperaturen oder höherer Last eine funktionierende Abgasreinigung aufweisen. Sollte das Kraftfahrt-Bundesamt weiterhin untätig bleiben, werden wir mit der bereits 2021 dort eingereichten Klage die Stilllegung oder Nachrüstung dieser besonders schmutzigen Diesel-Pkw durchsetzen.”
Axel Friedrich (Leiter des EKI): “Die Software-Analyse belegt, dass unterhalb von 18 Grad Celsius und oberhalb von 40 Grad Celsius die Abgasrückführung reduziert wird. Bei den von uns in diesem Jahr gemessenen BMW-Fahrzeugen konnten wir ebenfalls feststellen, dass die Abgasrückführung in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit und des Drehmoments verändert wird. Bei konstanter Geschwindigkeit auf der Autobahn stieß der BMW 525d Euro 5 bei Tempo 143 km/h durchschnittlich 2.510 mg der giftigen Stickoxide pro km aus und die Abgasrückführungsrate verblieb konstant auf null. Solche Fahrzeuge haben auf der Straße nichts zu suchen.”