Fahrbericht BMW M2 G87: Kurven-Monster in Babyblau

BMW M2, Fahrberichte | 3.04.2023 von 1

Es gibt nur wenige Modelle, bei denen die Messlatte in Sachen Fahrspaß pro Euro so hoch liegt wie im Fall des neuen BMW M2 (G87). …

Es gibt nur wenige Modelle, bei denen die Messlatte in Sachen Fahrspaß pro Euro so hoch liegt wie im Fall des neuen BMW M2 (G87). Dabei steht für viele Fans fest, dass der Kompaktsportler aus Garching Vergleiche mit seinen Vorgängern deutlich mehr fürchten muss als Vergleiche mit der Konkurrenz aus anderen Häusern: Wer das grundlegende Fahrspaß-Konzept der M GmbH zu schätzen weiß, findet praktisch keine Alternativen zum M2 Coupé. Für einen ersten Fahrbericht durften wir uns den G87 kürzlich in Arizona genauer ansehen und konnten dabei selbst erleben, ob die Entwickler den stattlichen Gewichtszuwachs ähnlich gut kaschieren konnten wie im Fall von M3 und M4.

Steht man vor dem neuen BMW M2, möchte man das Gewicht im Datenblatt nämlich kaum glauben: 1.700 Kilogramm Leergewicht stehen dort, obwohl das Coupé mit 4,58 Meter Länge weiterhin recht kompakt ist. Der extrem stämmige Auftritt täuscht insofern nicht, denn übertrieben schlank ist der M2 ganz sicher nicht: Geradezu provokant drücken sich die Kotflügel vorne wie hinten nach außen und schaffen Platz für die famose Fahrwerkstechnik von M3 und M4 – und schrauben damit auch die Erwartungshaltung nach oben, denn die Mittelklasse-Sportler sind der momentan unumstrittene Benchmark in ihrem Segment. "

Auch an Front und Heck prägen gerade Linien den Auftritt, der wenig von Understatement und Zurückhaltung hält und stattdessen lautstark um Aufmerksamkeit buhlt. Im scharfen Kontrast zu den brachialen Formen steht die zarte Lackierung in Zandvoort Blau, die freilich Geschmackssache bleibt und zu der es natürlich mehrere Alternativen gibt.

Doch ganz unabhängig von der Farbe: Wer die Tür zum Cockpit öffnen darf, erblickt bei entsprechender Konfiguration den Innenraum eines hochmodernen Sportwagens. Zu den Highlights zählen dabei die aus M3 und M4 bekannten M Carbon-Schalensitze, die Fahrer und Beifahrer auch bei zügigster Fahrweise auf ihrem Platz arretieren, aber natürlich auch das große Curved Display – und nicht zuletzt der Wählhebel für das manuelle Sechsganggetriebe, denn genau wie den Vorgänger gibt es auch den neuen BMW M2 wieder als Handschalter.

Wer es sich in den Sitzen bequem gemacht hat, wird direkt beim Druck auf den roten Startknopf vom Sound des Reihensechszylinders empfangen. Die von uns gefahrene US-Version darf allerdings weiter ohne Ottopartikelfilter fahren und ist folglich ein gutes Stück stimmgewaltiger als der Europa-M2, dessen Sound wir erst später erleben werden. Lange bevor der S58-Motor die passende Temperatur für höhere Drehzahlen erreicht oder man die Comfort-Einstellungen des M Setups verlassen hat, machen neben dem omnipräsenten Sound auch die Fahrwerksabstimmung und die direkte Lenkung klar, aus welchem Holz der M2 geschnitzt ist: Hier wird das M groß geschrieben und die Abgrenzung vom M240i ist beim Fahrerlebnis mindestens ebenso klar wie bei der Optik. Das heißt auch: Niemand wird dem M2 vorwerfen können, übertrieben komfortabel zu sein.

Geübte BMW-Fahrer vertrauen dem G87 schon nach wenigen Kurven und wundern sich lediglich, ob das hohe Gewicht im Datenblatt nicht möglicherweise ein Druckfehler ist: Die extrem steife Karosserie und die ultradirekte Lenkung vermitteln zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass der M2 zu viel Speck auf den Rippen hätte. Es ist dabei nicht nur die Vorderachse, die wesentlich weiterentwickelt wurde und gerade in engen Kurven spürbar mehr Lenkkräfte übertragen kann, auch die Hinterachse macht ihren Job erheblich besser: Wo der Vorgänger mitunter den Eindruck vermittelte, vor Kraft kaum geradeaus fahren zu wollen, erledigt der neue BMW M2 die gleiche Aufgabe scheinbar beiläufig.

Er wirkt deshalb in vielen Situationen weniger nervös als der Vorgänger und macht es so noch leichter, ihn richtig schnell zu bewegen. Mit anderen Worten: Der BMW M2 G87 ist trotz viel höherem Speed wesentlich leichter fahrbar und beherrschbarer, bringt seine 460 PS erheblich souveräner auf die Straße als der M2 Competition der Vorgänger-Generation seine 410 PS. Weil sein Grenzbereich ein gutes Stück höher angesiedelt ist, wirkt er mitunter auch nicht so giftig wie der Vorgänger. Gleichzeitig ist es den Entwicklern gelungen, den G87 im Vergleich zu M3 und M4 als kleinen und noch etwas wilderen Bruder zu positionieren.

Der Biturbo-Reihensechszylinder S58 tritt dabei mit nominell 460 PS ebenso überzeugend auf wie an Bord von M3 und M4: Ausgesprochen drehfreudig und drehzahlliebend auf der einen Seite, andererseits aber auch ausgesprochen druckvoll im unteren und mittleren Drehzahlbereich. Wer ohne Stoppuhr fährt, muss den Motor deshalb kaum jemals ausdrehen – auch wenn es dank der Drehzahl-Visualisierung im Head-up-Display ausgesprochen leicht fällt, sein volles Potenzial zu nutzen. Gerade für den Handschalter ist es aber durchaus eine Option, die eine oder andere Kurvenkombination einfach ohne Gangwechsel zu fahren, weil auch ohne den theoretisch idealen Gang immer genügend Kraft anliegt.

Schade ist, dass der M2 genau wie viele andere aktuelle BMW mit deutlich weniger echten Knöpfen als seine Vorgänger auskommen muss. Was sich im Stand noch gut kompensieren lässt, nervt beim Ändern diverser Einstellungen während der Fahrt. Auch die den iDrive-Controller umgebenden Knöpfe sind für BMW-Kenner zunächst ungewohnt, denn sie lassen sich nicht mehr herunterdrücken und bieten daher kein haptisches Feedback. Immerhin ist es dank der M1- und M2-Knöpfe am Lenkrad nach einmaliger Konfiguration möglich, alle für das Fahrerlebnis relevanten Setup-Einstellungen ohne den Touchscreen zu steuern.

Fahrdynamik-Fans, die die letzten Prozente aus ihrem BMW M2 (G87) herauskitzeln und ihn dafür regelmäßig auf abgesperrten Strecken bewegen wollen, werden die aus M3 und M4 bekannten Hightech-Features schnell zu schätzen lernen: Die zehnstufige M Traction Control und der Drift Analyser machen das Erkunden des Grenzbereichs zu einer beinahe spielerischen Übung, die sich dem Fahrkönnen jedes Fahrers anpasst. Dass solche Übungen nicht im öffentlichen Straßenverkehr stattfinden sollten, versteht sich dabei von selbst.

Unterm Strich greift es deutlich zu kurz, den neuen BMW M2 als reine Fahrspaß-Maschine zu betrachten: Den größten Fortschritt gegenüber dem Vorgänger haben die Entwickler nicht beim subjektiven Fahrspaß, sondern im Performance-Kapitel erreicht. Zumindest für uns steht nach den ersten Fahreindrücken fest, dass der Abstand zwischen M2 und M3 in der Generation G8x wesentlich kleiner ausfallen wird als bei den Vorgängern der Generation F8x. Und natürlich ist das letzte Wort in Sachen G87-Performance noch lange nicht gesprochen: Zwar lässt ein neuer BMW M2 Competition noch etwas auf sich warten, aber spätestens zum Facelift dürften auch hier noch ein paar Kohlen nachgelegt werden.

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