Die Zeiten des Baby-M sind endgültig vorbei: Während die Vorgänger des neuen BMW M2 (G87) noch regelmäßig mit Nachwuchs assoziiert wurden, lässt die Neuauflage im Jahr 2023 nicht den geringsten Zweifel an ausgewachsener Performance aufkommen. Schon die Vorgänger boten beim Blick auf die Fahrleistungen keinerlei Anlass zur Kritik, konnten sich optisch aber doch nur bedingt von ihrer Kompaktklasse-Basis emanzipieren. Die neue Generation scheint diesen Schritt nun endgültig gehen zu wollen und legt in der Konsequenz einen Auftritt hin, die beinahe wie ein ab Werk verbautes Widebody-Kit wirkt: Betont weit ausgestellte Radhäuser, eine völlig eigenständige Frontschürze mit rahmenloser Niere und sogar angepasster Scheinwerfer-Form werden mit einer Heckpartie kombiniert, die sich nicht die geringste Mühe beim Verbergen ihres Brachialdesigns gibt.
Vom technischen Grund-Konzept und damit auch dem Erfolgsrezept weichen die Verantwortlichen dabei kein Stück ab: Auch der neue BMW M2 (G87) bietet die Technik von M3 und M4 in einer kompakteren Hülle und zu einem erschwinglicheren Preis. Wie schon beim 1er M Coupé (E82) und dem ersten M2 (F87) heißt das: Reihensechszylinder vorn, Antrieb hinten, Gewicht perfekt auf beide Achsen verteilt. Und wer möchte, kann das kompakte Kraftpaket auch weiterhin als Handschalter ordern und die Gänge mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe selbst sortieren, statt diesen Spaß der Achtgang-Automatik zu überlassen.
Keine Überraschung ist, dass der BMW M2 2023 auch bei der Leistung in neue Sphären vordringt: 460 PS und 550 Newtonmeter Drehmoment stehen im Datenblatt des Kompaktsportlers, der seinen direkten Vorgänger damit um satte 90 PS übertrifft. Möglich wird der Leistungssprung durch die Integration des aktuellen Biturbo-Reihensechszylinders S58, der ebenfalls aus M3 und M4 bekannt ist und selbst in seiner schärfsten Ausbaustufe so deutlich nach oben streut, dass der eine oder andere M2 auch ohne Tuning an der 500-PS-Marken kratzen könnte.
Allerdings hat der starke Antrieb auch einen nicht zu unterschätzenden Gegenspieler: Mit einem DIN-Leergewicht von 1.700 Kilogramm ist der neue BMW M2 genau 150 Kilogramm schwerer als sein direkter Vorgänger. Zwar lässt sich das Mehrgewicht mit gewachsenen Abmessungen, gestiegenen Crashtest-Anforderungen, umfangreicherer Serienausstattung und einigen zusätzlichen Versteifungs-Maßnahmen hinlänglich gut erklären, aber Begeisterung löst der Wert von 1,7 Tonnen bei einem Kompaktsportler naturgemäß nicht aus. Dass sich die Masse gegen Aufpreis reduzieren lässt, ist dabei ein eher schwacher Trost: Sechs Kilogramm lassen sich mit dem Carbon-Dach einsparen, sogar 10,8 Kilogramm bringen die M Carbon-Schalensitze.
Dass das Gesamtpaket trotz stattlichem Gewicht extrem gut funktioniert, durften wir bereits vor einigen Wochen am Steuer getarnter Prototypen auf dem Salzburgring erfahren. Verantwortlich dafür ist nicht nur die steife Karosserie, sondern auch die feine, adaptive Fahrwerkstechnik aus M3 und M4: Eine Vielzahl übernommener Teile führt zu einer identischen Spurweite wie bei den großen Brüdern, was die extrem weit ausgestellten Radhäuser erforderlich macht. Dank 11 Zentimeter weniger Radstand und einer noch stärker auf Entertainment ausgerichteten Fahrwerksabstimmung wirkt der M2 aber nochmals agiler als der große Bruder.
Bemerkenswert ist im Vergleich mit M3 und M4, dass der neue BMW M2 (G87) serienmäßig auf 19-Zöllern vorn und 20-Zöllern hinten steht: Die Einstiegsvarianten der großen Brüder stehen ab Werk nur auf 18 und 19 Zoll, sind also vorne wie hinten ein Zoll kleiner unterwegs. Auf Wunsch gibt es für den M2 auch eine größere Rad-Reifen-Kombination mit 20 Zoll vorn und 21 Zoll hinten, die über das Tuning-Zubehör von BMW M Performance bestellbar sein wird. Noch wichtiger als große Felgen: Auf Wunsch ist der M2 auch mit ausgewiesener Track-Bereifung erhältlich.
Eins zu eins übernommen haben die Entwickler weitere Technik-Schmankerl aus dem aktuellen M-Regal, darunter neben Software-Highlights wie der zehnstufigen M Traction Control und dem Drift Analyser auch das Aktive M Differenzial an der Hinterachse und das integrierte Bremssystem mit zwei Kennlinien. Letzteres erlaubt eine Anpassung von Pedalgefühl und Ansprechverhalten entweder auf Knopfdruck, um sowohl die Anforderungen des Alltags als auch die des Rennstrecken-Betriebs bedienen zu können. Umgesetzt werden die Verzögerungswünsche schließlich von einer leistungsfähigen Bremsanlage mit 6-Kolben-Festsattel vorn, die auch auf der Rennstrecke einige Runden durchhalten sollte.
Bei den Fahrleistungen muss sich der neue BMW M2 (G87) dank seiner 460 PS ebenfalls nicht verstecken: Schon der Handschalter mit sechs Gängen absolviert den Sprint von 0 auf 100 in 4,3 Sekunden und knackt nach 143, Sekunden die 200er-Marke, der Automatik-M2 mit acht Gängen absolviert die gleichen Übungen in 4,1 und 13,5 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird regulär auf 250 km/h beschränkt, in Verbindung mit dem M Driver’s Package darf der Kompaktsportler aber auch 285 km/h schnell fahren.
Highlights im Innenraum sind je nach Perspektive und persönlicher Gewichtung entweder das Curved-Display, die optionalen M Carbon-Schalensitze mit beleuchteten Logos und Details in M-Farben oder auch der im hochmodernen Cockpit fast etwas antiquiert wirkende Wählhebel für das manuelle Sechsgang-Getriebe. Traditionell überschaubar bleibt die Farbpalette für den Einstiegs-M: Mit Toronto Rot und Zandvoort Blau stehen zwei markante Farben zur Wahl, außerdem gibt es mit Alpinweiß, Saphirschwarz und Brooklyn Grau auch drei etwas gedecktere Farben.
Zum Marktstart im April 2023 beginnen die Preise bei 72.800 Euro für deutsche Kunden, wie üblich lädt die lange Ausstattungsliste zu zusätzlichen Investitionen ein. Wer noch mehr Performance wünscht und noch etwas mehr Geduld mitbringt, dürfte spätestens 2024 ebenfalls auf seine Kosten kommen: Schon jetzt ist absehbar, dass später ein neuer M2 Competition und vielleicht auch ein M2 CS oder sogar ein M2 CSL als Krönung der Generation G87 auf den Markt kommen werden.