Schon Monate vor dem Marktstart des neuen BMW M2 (G87) steht fest, dass auch der jüngste Kompaktsportler aus Garching in die Geschichte der M GmbH eingehen wird: M-Chef Frank van Meel bestätigte im Interview mit uns, dass der zweite M2 der letzte M mit nicht-elektrifiziertem Antrieb sein wird. Wir durften der Neuauflage nun für einen ersten Vorab-Fahrbericht mit getarnten Prototypen erstmals auf den Zahn fühlen und auf dem Salzburgring einige Runden drehen. Dabei wird schnell klar, dass die Entwickler den letzten Aufschlag auf keinen Fall in den Sand setzen wollen: Der BMW M2 soll zu seinem anvisierten Marktstart im April 2023 all das bieten, was sich M-Fans und Liebhaber der ersten Generation von ihm erhoffen.
Doch auch wenn sich das BMW M2 Coupé dem technischen Fortschritt im Sinne elektrifizierter Antriebe verwehrt, kann von Stillstand an der Technik-Front nicht die Rede sein: Schon beim Einsteigen macht das Cockpit mit großem Curved Display klar, dass hier ein hochmodernes Fahrzeug steht. Die modernisierten Anzeigen des neuen Infotainment-Systems iDrive 8 sind im Fall des M2 aber sicher kein Kaufgrund, viel wichtiger sind die Fortschritte im Bereich der Fahrdynamik und damit auch das weiter gesteigerte Fahrspaß-Potenzial.
Hauptverantwortlicher dafür ist die im Vergleich zum Vorgänger wesentlich steifere Karosserie, die einen vergleichbaren Performance-Sprung wie schon bei M3 und M4 ermöglicht. Ergänzend zu den bei jedem 2er Coupé (G42) verbauten Streben wurde insbesondere der Hinterwagen nochmals zusätzlich versteift. Um die Fahrwerkstechnik der großen Brüder trotz kürzerem Radstand möglichst unverändert in den M2 übernehmen zu können, dürfen auch dem G87 die charakteristischen dicken Backen nicht fehlen: Volle sechs Zentimeter mehr Spurweite an der Hinterachse sind eine Ansage, die bei Kennern Vorfreude weckt – und das völlig zu Recht.
Denn was der BMW M2 (G87) auf dem Salzburgring zeigt, hinterlässt schon nach wenigen Minuten mächtig Eindruck: Sobald der doppelt aufgeladene Reihensechszylinder mit dem internen Kürzel S58 zum Leben erwacht, tritt alles andere in den Hintergrund. Kupplung treten, ersten Gang einlegen – und sofort fühlt man sich wie bei einem alten Bekannten, der seit dem letzten Treffen allerdings ein paar neue Tricks hinzugelernt hat. Besonders deutlich wird das beim Einlenken in die Schikanen, denn die Vorderachse folgt den Lenkbefehlen nun noch bedingungsloser und macht es noch leichter, den M2 in Kurven aller Art zu werfen.
Altbewährt ist die traumwandlerische Sicherheit, mit der sich der M2 durch die Biegungen dirigieren lässt: Dank ausgeglichener Gewichtsverteilung, Hinterradantrieb und der feinfühligen Gasannahme haben es auch ambitionierte Laien leicht, jeden Zentimeter der Strecke optimal zu nutzen. Wer das Gaspedal beim Herausbeschleunigen voll durchdrückt, darf sich in Zukunft auf noch etwas mehr Punch freuen: Auch wenn die 450 PS noch niemand offiziell bestätigen will und es in der Serien-Spezifikation durchaus noch ein paar PS in die eine oder andere Richtung gehen kann, ist das versprochene Leistungsniveau auf dem Level des M2 CS der Vorgänger-Generation F87 kaum anders zu interpretieren.
In der Praxis spürt man die Zusatzleistung ohne direkten Vergleich kaum, schließlich mangelte es gerade dem M2 Competition mit seinen 410 PS ebenfalls nie an Leistung. A pro pos Competition: Auf diese Ausbaustufe müssen M2-Fans zunächst verzichten, denn zumindest zum Auftakt im Frühjahr 2023 wird ausschließlich der reguläre BMW M2 an den Start gehen. Dass später noch ein Competition-Modell oder auch ein neuer BMW M2 CS folgen können, ist aber keineswegs ausgeschlossen.
Allen Ähnlichkeiten zum Trotz ist der BMW M2 mehr als ein kleiner M3 oder M4, er hat durchaus einen eigenständigen Charakter: Während man den großen Brüdern jederzeit das Streben nach noch schnelleren Rundenzeiten und die Ernsthaftigkeit ihres Setups für die Zeitenjagd anmerkt, darf der M2 weiterhin etwas wilder, etwas verspielter und noch etwas unvernünftiger sein. Die 450 PS tragen dabei natürlich ganz wesentlich dazu, dass den 285 Millimeter breiten Michelin Pilot Sport 4 S auf der Hinterachse niemals langweilig wird.
Nicht aus dem Blick verloren haben die Entscheider in Garching auch einen weiteren wesentlichen Erfolgsfaktor von M2 und 1er M Coupé: Der Grundpreis soll weiterhin klar unterhalb von M3 und M4 bleiben und damit einen vergleichsweise günstigen Einstieg in die Welt der M High Performance-Automobile erlauben. Weil aber auch in Garching längst angekommen ist, dass viele M2-Kunden weder auf Individualisierung noch auf zusätzliche Tuning-Maßnahmen verzichten wollen, wird sich das schon im Serienzustand ausgesprochen attraktive Paket auch ab Werk noch weiter aufrüsten lassen: Angefangen von einem Carbon-Dach über die M Carbon-Schalensitze bis hin zu ausgewiesenen Cup-Reifen soll fast alles, was noch mehr Geschwindigkeit verspricht, auch in der regulären Preisliste auftauchen. Dass sich die M Performance-Division außerdem mit einem mächtigen Aerodynamik-Paket für den M2 aufstellen wird, ist dank diverser Erlkönig-Fotos ebenfalls kein Geheimnis mehr.
Weder für Geld noch gute Worte soll es hingegen den Allradantrieb M xDrive geben: Um dem puristischen Fahrspaß-Ansatz des BMW M2 (G87) möglichst treu zu bleiben, werden alle Varianten beim klassischen Hinterradantrieb bleiben. Nicht fehlen wird hingegen eine Alternative zum Handschalter: Wer auch in einem Sportler lieber schalten lassen will statt selbst zu schalten, kann zur gleichen Achtgang-Steptronic wie in M3 und M4 greifen und sich damit noch schnellere Gangwechsel, aber natürlich auch eine noch kürzere Übersetzung sichern.
Schon jetzt ist erkennbar, dass der BMW M2 eine im Vergleich zum regulären 2er Coupé sehr eigenständige Front-Partie erhalten wird: Neben einer neuen Schürze mit markanten Nieren haben auch die Scheinwerfer eine neue Kontur. Am Heck sorgen die dicken Backen und natürlich die vier Endrohre für M-Feeling. Was sich sonst noch unter der Tarnung verbirgt, will die M GmbH übrigens im Oktober 2022 offiziell verraten. Dann gibt es natürlich auch alle weiteren Technischen Daten, die im Moment noch Verschlusssache sind.
Für uns steht nach der ersten Fahrt mit dem neuen BMW M2 (G87) jedenfalls fest: Anstatt ihn bloß als unvermeidliches Ende eines großen Kapitels in der Historie der M GmbH zu sehen, sollte man ihn viel eher als famoses Abschiedsgeschenk an alle Freunde der klassischen Freude am Fahren verstehen. Und wer sagt eigentlich, dass in einer elektrifizierten Zukunft alles schlechter werden muss? Die M GmbH hat in ihrer Geschichte schon mehrfach gezeigt, dass sie auch vermeintlich fatale Umbrüche wie die flächendeckende Einführung von Turbo- statt Hochdrehzahl-Motoren auf ausgesprochen überzeugende Art meistern kann. Gute Beispiele für ernsthafte Sportwagen unter Strom gibt es schon heute – und es wäre eine faustdicke Überraschung, wenn die nächsten Jahre nicht noch einige weitere Beispiele liefern würden.