Die Karten in der elektrischen Luxusklasse werden Ende 2022 grundlegend neu gemischt. Musste sich der Mercedes EQS bisher vor allem dem in die Jahre gekommenen Tesla Model S stellen, so kommt mit dem BMW i7 nun ein ganz anderes Kaliber auf ihn zu: Der elektrische BMW 7er (G70) befindet sich in jeder Hinsicht auf dem neuesten Stand der Technik und macht keinen Hehl aus seinem Selbstbewusstsein. In unserem Bild-Vergleich wird auch deutlich, wie unterschiedlich die Design-Philosophien hinter den beiden Luxuslimousinen sind: Während sich der Mercedes EQS klar von der regulären S-Klasse unterscheidet und stattdessen stark an den kleineren Bruder EQE erinnert, gleicht der i7 dem 7er und ist je nach Konfiguration nicht von den konventionell angetriebenen Varianten der traditionsreichen Luxuslimousine zu unterscheiden.
Neben den Split-Headlights, die den BMW i7 eindeutig von jeder anderen Limousine aus München abgrenzen, trägt er auch eine beleuchtete Niere und beeindruckt mit seinen Abmessungen: Volle 5,39 Meter Länge überragen den Mercedes EQS um knapp 18 Zentimeter, außerdem hat die Limousine mit ihrer aufrecht im Wind stehenden Doppelniere und der klaren Stufenheck-Form eine ganz andere Präsenz als der zu Gunsten bestmöglicher Aerodynamik in jeder Hinsicht abgerundete Schwabe. Wie auch immer man zu den beiden Design-Konzepten steht, eines steht außer Frage: So unterschiedlich waren die Ansätze in Stuttgart und München zum prinzipiell gleichen Thema zuletzt sehr selten.
Da der BMW i7 xDrive60 zum Marktstart die einzige Antriebs-Option ist, drängt sich der Mercedes EQS 580 4Matic als Vergleichspartner auf: Der Bayer kommt mit 544 PS und 745 Newtonmeter Drehmoment, der Schwabe hält mit 524 PS und 855 Newtonmeter dagegen. In beiden Fällen sorgen zwei Elektromotoren für die imposante Leistung, allerdings gibt es hierbei einen relevanten Unterschied: Während der Mercedes EQS auf permanenterregte Synchronmaschinen setzt, kommen im BMW i7 genau wie in iX3, i4 und iX stromerregte Synchronmaschinen aus der fünften Generation des BMW eDrive-Baukastens zum Einsatz. Letztere gelten prinzipiell als etwas effizienter und können zudem auch bei hohen Drehzahlen viel Drehmoment bieten, während die erstgenannten ihre Kraft aufgrund der permanenten Erregung noch überfallartiger zur Verfügung stellen können.
Bei der Beschleunigung aus dem Stand profitiert der Mercedes EQS auch von seinem etwas niedrigeren Gewicht, das natürlich auch auf die kompakteren Abmessungen zurückzuführen ist: 130 Kilogramm liegen zwischen den beiden Limousinen, weit über 2,5 Tonnen bringen aber beide auf die Waage. Mit 4,3 Sekunden von 0 auf 100 liegt der Mercedes dennoch relativ deutlich vor dem BMW i7 xDrive60, der mit 4,7 Sekunden angegeben ist. Anders ist es bei der Höchstgeschwindigkeit, die aber praktisch nur für deutsche Kunden eine Rolle spielt: Während der Mercedes bei 210 km/h abregelt, darf der i7 bis zu 240 km/h schnell fahren.
Noch wichtiger ist für viele Kunden die Frage nach der Reichweite, wobei der Mercedes EQS 580 seine runde Nase auf dem Papier klar vorn hat: Je nach Konfiguration sind maximal 676 Kilometer möglich, beim BMW i7 xDrive60 sind es maximal 625 Kilometer. Dass in der Praxis dennoch der BMW weiter kommen könnte, zeigte der ADAC im direkten Duell von BMW iX und Mercedes EQS. Die jeweils über 100 kWh fassenden Lithium-Ionen-Akkus können an einer entsprechenden Ladesäule mit rund 200 kW wieder aufgeladen werden, sodass die Akku-Kapazität bei entsprechender Planung kaum jemals an ihre Grenzen kommen dürfte.
Schon heute gibt es mehrere verschiedene Varianten des Mercedes EQS, die Kunden mit anderen Anforderungen an Reichweite und Leistung bedienen. Bei BMW ist neben dem xDrive60 bisher nur der BMW i7 M70 xDrive angekündigt, der mit rund 660 PS und über 1.000 Newtonmeter Drehmoment noch bessere Fahrleistungen bieten soll. Nach unseren Informationen wird 2023 oder spätestens 2024 aber auch ein heckgetriebener i7 mit weniger Leistung und dafür noch mehr Reichweite nachgelegt.
Die vielleicht wichtigste Frage mit Blick auf die Zielgruppe zeigt sich aber beim Blick in die Innenräume: Während der Mercedes EQS vorne den deutlich größeren Display-Verbund bietet, punktet der BMW i7 hinten mit seinem Theatre-Screen und hebt das Fond-Entertainment damit auf das nächste Level. Welches Gesamtpaket am Ende mehr Kunden überzeugt, werden die nächsten Jahre zeigen.
(Fotos: Mercedes-Benz / BMW)