Überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit zählt seit den Anfangstagen des Automobils zu den wichtigsten Unfallursachen. Moderne Assistenzsysteme können zwar im Fall einer Notsituation unterstützen und mitunter auch schneller auf Gefahren reagieren als der Mensch am Steuer, die physikalischen Gesetze gelten aber auch für sie. In den Niederlanden startet BMW nun gemeinsam mit der Stadt Rotterdam das Experiment “Safe Drive Zones”, das die gleiche Technologie wie die eDrive Zones für Plug-in-Hybride nutzt: Fährt das Fahrzeug in eine per GPS Geofencing erkannte Gefahrenzone, wird der Fahrer auf dem Infotainment-Display gewarnt und um eine Anpassung seines Fahrverhaltens gebeten. Das kann beispielsweise vor Spielplätzen, Kindergärten, Schulen und Seniorenheimen, aber auch in Bereichen mit besonders vielen Radfahrern oder Fußgängern sowie an Unfallschwerpunkten der Fall sein.
Untersucht wird, inwiefern sich solche Warnungen auf das tatsächliche Fahrverhalten auswirken. Die Hoffnung bei BMW und den beteiligten Forscher ist, dass allein das Wissen um das Befahren von Bereichen mit potenziell besonders gefährdeten Verkehrsteilnehmern zu einer Reduzierung der Geschwindigkeit und gesteigerter Aufmerksamkeit führt. Sollten die Fahrer wie erhofft reagieren, könnten die BMW Safe Drive Zones mit praktisch sofort verfügbarer Technik und ohne große Mehraufwände zu einer Reduzierung der Unfallzahlen beitragen. Die Einführung der Safe Drive Zones in den Automobilen von BMW wird in den Niederlanden von Diskussionen um ein generelles Tempolimit von 30 km/h innerorts begleitet, denn nur so könnten auch Fahrer älterer Fahrzeuge zum langsameren Fahren verpflichtet werden.
Ein weiteres Puzzlestück zur Steigerung der Verkehrssicherheit in Europa hört auf das Kürzel ISA: Die Intelligent Speed Assistance wird ab 6. Juli 2022 verpflichtend für neu eingeführte Neuwagen (es geht also nicht um den Tag der Erstzulassung des konkreten Fahrzeugs, sondern um neu auf den Markt gebrachte Modelle) in der EU und soll den Fahrer bei einer Überschreitung des Tempolimits warnen und mit verschiedenen Mitteln darauf hinweisen, dass er zu schnell fährt. Zwar soll das Fahrzeug nicht automatisch bremsen, aber es kann beispielsweise zu einem verstärkten Gegendruck des Gaspedals oder im Fall extremer Geschwindigkeitsübertretung auch zum Drosseln der Motorleistung kommen.
Eine komplette Bevormundung des Autofahrers droht mit ISA in der aktuellen Fassung aber definitiv nicht: Einerseits können die Hinweise vom Fahrer übersteuert werden, andererseits kann das System theoretisch bei jedem Fahrtantritt per Knopfdruck deaktiviert werden. Die Hoffnung der Unfallforscher und Verkehrsexperten ist freilich, dass die große Mehrheit der Autofahrer die Systeme nicht als störenden Eingriff in ihre Freiheit wahrnimmt, sondern als sinnvollen Beitrag zur Steigerung der Verkehrssicherheit.