Die BMW Group befindet sich 2021 auf Kurs zu einem neuen Rekord-Jahr, aber über allen Planungen schwebt die Ungewissheit der Halbleiter-Krise: Der Chipmangel, der die gesamte Autoindustrie und auch viele andere Branchen seit Monaten plagt, macht Produktions-Unterbrechungen immer wieder unvermeidlich. Im Rahmen der Vorstellung des Quartalsberichts Q2 2021 bezifferte Finanzvorstand Nicolas Peter die möglichen Ausfälle auf voraussichtlich 70.000 bis 90.000 Fahrzeuge, die 2021 allein aufgrund fehlender Halbleiter-Chips nicht gebaut werden können.
Bei einem zu erwartenden Gesamt-Absatz von rund 2,5 Millionen Fahrzeugen könnten diese Einheiten durchaus das Zünglein an der Waage sein, wenn es um das Übertreffen des bisherigen Rekord-Absatzes von 2.520.307 Fahrzeugen aus dem Jahr 2019 geht. Im ersten Halbjahr 2021 verkauften die Münchner weltweit 1.339.080 Einheiten der Marken BMW, MINI und Rolls-Royce und lagen damit rund 86.000 Einheiten über dem Vergleichszeitraum des bisherigen Rekordjahrs 2019.
Doch auch wenn ein Ausfall von 70.000 oder gar 90.000 Einheiten für die BMW Group keine gute Nachricht ist: So mancher Wettbewerber würde sich wünschen, ebenfalls nur fünfstellige Zahlen befürchten zu müssen. Bei Mercedes rechnet man in Folge der Halbleiter-Krise mit rund 150.000 nicht produzierbaren Fahrzeugen, bei Audi wird ebenfalls mit einem sechsstelligen Wert gerechnet. Branchenweit können mehrere Millionen Fahrzeuge nicht gebaut werden, wobei die großen Volumen-Hersteller in aller Regel noch stärker betroffen sind als die relativ kleinen Premium-Anbieter. Allein bei VW ist von bis zu 800.000 Einheiten die Rede, die 2021 aufgrund des Chipmangels nicht gebaut werden können.
Ein Ende der Problematik ist dabei nicht in Sicht, das Thema Halbleiter und Chips dürfte uns also auch 2022 und 2023 regelmäßig begleiten. BMW-Chef Zipse stuft den Mangel als ernstzunehmendes Risiko für den weiteren Geschäftsverlauf ein und sieht darin – neben hohen Rohstoffpreisen und den Ungewissheiten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie – einen der wesentlichen Gründe dafür, dass das zweite Halbjahr 2021 herausfordernder als das erste wird.
Im Kontext der Quartal- und Halbjahreszahlen äußerte sich Oliver Zipse über die aktuellen Chancen und Risiken wie folgt:
Unser Geschäftsjahr 2021 ist in besonderer Weise gekennzeichnet von Rücken- wie auch von Gegenwind:
Am 20. Mai haben wir unsere Rückstellung für das Kartellverfahren der EU-Kommission in Höhe von 1,4 Milliarden Euro neu bewertet. Die Kommission hatte die von ihr erhobenen Vorwürfe gegen die BMW Group weitgehend fallen gelassen. In diesem Zusammenhang hatte sie nochmals bestätigt: Der Vorwurf einer unzulässigen Manipulation der Abgasreinigung stand und steht bei der BMW Group nicht im Raum. Das Verfahren wurde am 8. Juli mit einem Vergleich und einem Bußgeld von 372,8 Millionen Euro beendet.
Die Neubewertung der Rückstellung führt im zweiten Quartal 2021 zu einem positiven Ergebniseffekt in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Unser Zielkorridor für die EBIT-Marge im Segment Automobile stieg dadurch um einen Prozentpunkt.
Im Gegenzug gibt es – on top zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie – weitere ernstzunehmende Risiken für unseren weiteren Geschäftsverlauf. Die weltweite Unterversorgung unserer Branche mit Mikrochips ist allgegenwärtig. Bislang konnten wir diese – im Vergleich zu anderen Herstellern – gut abfedern. Seit kurzem sind auch einige unserer Werke betroffen – allerdings unterschiedlich intensiv. Wir bewerten tagesaktuell die Lage und leiten – zusammen mit den Lieferanten – Maßnahmen ein.
Neben den Liefer-Engpässen bei Halbleitern sind wir mit steigenden Rohstoffpreisen konfrontiert. Auch deshalb ist unser zirkulärer Ansatz eine stichhaltige Antwort.
Nicht zuletzt zeigen Wetter-Extreme wie die verheerenden Hochwasser in Deutschland, Europa und anderen Teilen der Welt: Prognosen und Erwartungen können sich schnell ändern – ganz abgesehen vom großen Leid, das die Menschen in den betroffenen Regionen erfahren.
Angesichts all dieser Risiken wird das zweite Halbjahr für die BMW Group etwas herausfordernder sein als das erste. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass wir unsere Ziele für das Gesamtjahr erreichen.
Wir sind überzeugt:
Unser ganzheitlicher Ansatz ist absolut zielführend.
Die Anforderungen an die Automobilindustrie sind hoch komplex. Einfache Wahrheiten gibt es nicht.
Was zählt – für den Klimaschutz wie bei all den anderen großen Zukunftsfeldern – ist Wirksamkeit.
Dafür steht die BMW Group.