Schon vor Jahren machten Kartell-Vorwürfe an die deutschen Autobauer Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen die Runde, doch seit 2019 war von den Ermittlungen praktisch nichts mehr zu hören. Nun berichtet der Business Insider von einem Abschluss der Untersuchungen und einem Ergebnis, das vor allem in München auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte: Nicht nur haben die Wettbewerbs-Hüter sich für die Verhängung einer Strafe entschieden, sie wollen auch den Großteil der Strafe von BMW bezahlen lassen – weil Daimler und der VW-Konzern von einer Kronzeugen-Regelung profitieren sollen.
BMW hatte bereits kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe klar geäußert, dass man in den Absprachen bezüglich der Leistungsfähigkeit von Abgasreinigungssystemen keine Benachteiligung der Verbraucher erkennen könne und sich daher auch juristisch gegen eventuelle Strafen zur Wehr setzen würde. Sind die Informationen des Business Insider korrekt, droht den Beteiligten zwar keine so hohe Strafe wie im Fall des Lkw-Kartells mit den Beteiligten MAN, Volvo/Renault, Daimler, Iveco und DAF, die 2016 zusammen fast drei Milliarden Euro zahlen mussten.
Sollte BMW aber zu einer ähnlichen Strafe wie seinerzeit Mercedes-Benz verurteilt werden und rund eine Milliarde Euro zahlen müssen, spricht zumindest laut früheren Aussagen der Manager in München alles für eine juristische Auseinandersetzung. Schon im Quartalsbericht zu Q1 2019 heißt es zur Erklärung einer vorsorglichen Rückstellung in Höhe von 1,4 Milliarden Euro unmissverständlich:
Die EU-Kommission untersucht, ob deutsche Automobilhersteller in technischen Arbeitskreisen bei der Entwicklung und Einführung von Technologien zur Verringerung von Emissionen in wettbewerbsbeschränkender Weise zusammengearbeitet haben. Aus den Beschwerdepunkten leitet die BMW Group ab, dass die EU-Kommission mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einen Bußgeldbescheid in signifikanter Höhe erlassen wird. Die BMW Group wird sich gegen die Vorwürfe der EU-Kommission – wenn erforderlich – mit allen rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen.
Auch die Worte von Finanzvorstand Nicolas Peter haben in den letzten zwei Jahren nichts von Ihrer Schärfe und Klarheit verloren:
Meine Damen und Herren,
wir sind davon überzeugt und betonen: Die von der EU-Kommission erhobenen Vorwürfe sind unberechtigt!Wir sehen in diesem Verfahren den Versuch, die zulässige Abstimmung von Industriepositionen zu regulatorischen Rahmenbedingungen mit unerlaubten Kartellabsprachen gleichzusetzen. Die BMW Group wird sich gegen die Vorwürfe der EU-Kommission – wenn erforderlich – mit allen rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen.
Selbst wenn es also in den nächsten Tagen eine offizielle Mitteilung der EU-Kommission zu strafbaren Absprachen und entsprechenden Strafen geben sollte, dürfte das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Klar ist aber auch: Den juristischen Weg wird die BMW Group nur dann bestreiten, wenn sie eine hohe Aussicht auf Erfolg sieht. Anderenfalls treiben entsprechende Prozesse lediglich die Kosten in die Höhe.
Unterstützung durch die übrigen Beteiligten Audi, Mercedes, Porsche oder Volkswagen ist dabei auf jeden Fall nicht zu erwarten: Daimler und der VW-Konzern haben die Untersuchungen seinerzeit angestoßen und kämen im Fall der Fälle dank einer Kronzeugen-Regelung mit einer deutlich geringeren Strafe aus dem Prozess heraus als die BMW Group.