Wer beim Autofahren unauffällig unter dem Radar bleiben möchte, hat sich vermutlich noch nie ernsthaft für ein Cabrio interessiert. Denn klar ist: Der Preis für Wind in den Haaren und ultimative Rundumsicht ist es, auch selbst in den Blickpunkt zu rücken und gesehen zu werden. Für viele potenzielle Käufer des neuen BMW 4er Cabrio G23 ist diese Aussicht aber keinesfalls bedrohlich, sondern stattdessen einer der wesentlichen Kaufgründe: Cabrio-Fahrer sind schon immer etwas expressiver unterwegs als gewöhnliche Autofahrer – daran hat sich seit dem ersten offenen BMW aus dem Jahr 1936 nichts geändert.
85 Jahre und über eine Million verkaufte BMW-Cabrios später trifft der Wunsch nach einem expressiven Auftritt auf ein Design, das dieses Ziel deutlich besser unterstützen soll als beim Vorgänger: Im direkten Vergleich mit dem neuen BMW 4er Cabrio G23 wirkt der erste offene 4er beinahe schüchtern, während die Neuauflage vor Selbstbewusstsein strotzt. Die riesige Doppel-Niere darf im Fall des jetzt von uns gefahrenen BMW M440i in Cerium Grey glänzen, wodurch sich das M Performance-Modell deutlich von den schwächeren Varianten abhebt. Die elegante Lackierung in San Remo Grün erhält mit den farbigen Akzenten einen sportlichen Touch, der dem 4er sehr gut steht:
Ähnlich gravierend wie die optischen Veränderungen sind die technischen Maßnahmen, die dem neuen BMW 4er Cabrio G23 einen grundlegend anderen Charakter verpassen als dem Vorgänger: Schon in den ersten Kurven fällt auf, dass dieses Cabriolet viel mehr als ein sportlicher Gleiter sein will – wer nicht gerade direkt aus dem Coupé umsteigt, staunt zwangsläufig über die Verwindungssteifigkeit der Karosserie und den deutlichen Fortschritt gegenüber der ersten Generation.
Während das fahrdynamische Potenzial von vielen Kunden längst nicht auf jeder Fahrt erschlossen wird, dürfte ein Feature fast immer eine Rolle spielen: Zumindest zu Beginn der allermeisten Fahrten ist das Stoffdach zu sehen, das den auf absehbare Zeit endgültigen Abschied vom Metall-Klappdach bei BMW bedeutet. Die Gründe für den Strategiewechsel sind schnell aufgezählt: Das neue Verdeck ist 40 Prozent leichter, muss sich weder bei den thermischen noch bei den akustischen Eigenschaften verstecken und benötigt zudem viel weniger Platz.
Das wird spätestens beim Blick in den Kofferraum deutlich: Wo beim Vorgänger mit geöffnetem Verdeck nur 220 Liter zur Verfügung standen, sind es nun 300 und damit rund ein Drittel mehr. Während bisher schon aus Platzgründen jeder Wochenend-Trip unter geschlossenem Verdeck begann und endete, kann der eine oder andere Ausflug bei passendem Wetter nun auch offen angegangen werden. Bei maximalem Platzbedarf muss das Stoffdach weiterhin geschlossen werden, dann stehen 385 Liter zur Verfügung.
Ein weiterer Pluspunkt für die expressive Klientel: Auch mit geschlossenem Verdeck ist dank Stoffdach jederzeit klar, dass hier ein Cabrio und damit die exklusivste Variante der 4er-Reihe unterwegs ist. Dank der Flächenspriegel-Technik wirft der Stoff dabei keinerlei Falten und wirkt ausgesprochen hochwertig:
Dass Kunden auf der Suche nach den letzten Prozenten der Fahrdynamik eher nicht beim Cabrio landen, ändert sich auch mit der Generation G23 nicht: 150 Kilogramm Mehrgewicht gegenüber dem Coupé sind ein unbestreitbarer Nachteil, aufgrund zusätzlicher Versteifungsmaßnahmen aber unvermeidlich. Dass der Schwerpunkt dank der geänderten Dachkonstruktion zwei Millimeter tiefer als im Coupé verortet ist, wird dabei zur Randnotiz. Andererseits hat die BMW 4er-Reihe 2021 ein derart hohes Niveau erreicht, dass sich auch viele sportliche Fahrer mit dem Cabriolet anfreunden können werden: Spätestens in Verbindung mit den im M440i verbauten Hightech-Features kann der G23 eine Agilität entfalten, die man einem knapp 4,80 Meter langen Cabrio noch vor wenigen Jahren niemals zugetraut hätte.
Wie schon im M440i Coupé G22 steht auch im offenen M Performance-4er die neue Sprint-Funktion zur Verfügung, die den Antrieb durch einen längeren Zug an der linken Schaltwippe sofort in einen besonders sportlichen Modus bringt. Nötig ist dieser Kunstgriff im Fall des 374 PS und 500 Newtonmeter starken M440i freilich selten, denn der von einem 48-Volt-Bordnetz unterstützte Reihensechszylinder wirkt in jeder Lebenslage hellwach und leistungsbereit. An der Fähigkeit, innerhalb von 4,9 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h zu beschleunigen, besteht jedenfalls zu keinem Zeitpunkt auch nur der geringste Zweifel.
Während das Technik-Paket kaum Raum für Kritik lässt, bleibt das Design zweifellos Geschmackssache. Bewusst machen sollte man sich dabei, dass ein BMW 4er Cabrio weder allen gefallen soll noch allen gefallen will – wichtig ist, dass es von der relevanten Zielgruppe als mit Abstand attraktivste Option im Segment wahrgenommen wird. Ein selbstbewusster Auftritt gehört dabei zum guten Ton und wer mit seinem Auto auffallen und gesehen werden möchte, macht mit dem neuen 4er sicher keinen Fehler. Ob der Plan der Designer letztlich aufgeht, können nur die weltweiten Verkaufszahlen zeigen.
Öffnen und Schließen lässt sich das Dach in 18 Sekunden, bei bis zu 50 km/h auch während der Fahrt. Wie das BMW 4er Cabrio 2021 mit geschlossenem Verdeck aussieht, zeigen die folgenden Fotos: