Ausgeglichene Gewichtsverteilung, tiefer Schwerpunkt, hecklastiger Allradantrieb, ordentlich Leistung: Dass die Eckpunkte des Audi e-tron GT quattro und des Topmodells RS e-tron GT eher nach Porsche als nach Audi klingen, ist alles andere als Zufall. Die Ingolstädter profitieren bei ihrem neuen Elektro-Aushängeschild von der Vorarbeit ihrer Zuffenhausener Kollegen, die das grundlegend gleiche Technik-Paket in Form des Porsche Taycan bereits auf die Straße gebracht haben – und können durch ihre Zugehörigkeit zum VW-Konzern nun ein sportliches Elektroauto anbieten, das auch BMW gut zu Gesicht stehen würde und auf das der eine oder andere Manager in München mit Sicherheit ein wenig neidisch herüberschaut.
Die deutlich wichtigere Aufgabe als die Generierung von Elektro-Verkaufszahlen übernimmt der Audi e-tron GT dabei als Brand Shaper: Er sieht futuristisch aus, er ist hochmodern, er bietet extrem sportliche Fahrleistungen und er wird dafür sorgen, dass die Ingolstädter wieder häufiger mit ihrem Slogan “Vorsprung durch Technik” in Verbindung gebracht werden, der in der jüngeren Vergangenheit immer öfter als leere Hülle bezeichnet und immer wieder hämisch in Zusammenhang mit der Abgasreinigung von Diesel-Motoren gebracht wurde. Nun aber kommt der e-tron GT und bringt BMW in Erklärungsnot: Was können die Münchner einem Elektroauto mit solchem Faszinationspotenzial entgegensetzen? Klar, der BMW i4 wird als M-Version mit 530 PS auch kein Kind von Traurigkeit, aber dass er gegen den Audi voller Porsche-Gene bestehen kann, muss er erst noch beweisen.
Hinzu kommt: Mit knapp 5 Metern Länge spielt der Audi e-tron GT eher in der Liga eines BMW i5 und wird spürbar mehr Platz bieten als das ebenfalls viertürige i4 Gran Coupé. Bis jedoch ein i5 auf die Straße kommt, wird voraussichtlich das Jahr 2024 im Kalender stehen. Dass die Münchner in anderen Fahrzeugklassen schneller als die Ingolstädter waren und sein werden, ist dabei nur ein schwacher Trost: Immer wieder wird Audi darauf verweisen können, dass BMW im Segment des e-tron GT nichts vorzuweisen hat.
Zum Marktstart im Frühjahr 2021 wird der Audi e-tron GT in zwei Varianten verfügbar sein, schon das Einstiegsmodell kommt mit 350 kW beziehungsweise 476 PS, bietet im Overboost für 2,5 Sekunden sogar 530 PS und beschleunigt so in nur 4,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das Topmodell Audi RS e-tron GT leistet sogar 598 PS und kann kurzzeitig imposante 646 PS an alle vier Räder schicken. So gelingt der Sprint auf 100 trotz eines Leergewichts von rund 2,2 Tonnen in nur 3,3 Sekunden.
Die Reichweite des Audi e-tron GT liegt gemäß WLTP bei bis zu 487 Kilometern – wenigstens in dieser Disziplin verspricht der BMW i4 mit bis zu 600 Kilometern die deutlich besseren Werte. Und obwohl die beiden Elektro-Bayern eigentlich in anderen Fahrzeugklassen spielen und mit konventionellem Antrieb kaum miteinander vergleichbar wären, ist die erste Gegenüberstellung in diesem Jahr nur eine Frage der Zeit.
(Fotos: Audi)