80 Prozent der Menschen können sich nicht auf Anhieb mit der großen Niere der neuen BMW 4er-Reihe anfreunden. Was auf den ersten Blick nach einem Umfrage-Debakel klingt, ist die logische Konsequenz einer durchaus positiv gemeinten Aussage von BMW Design-Chef Domagoj Dukec gegenüber Topgear: Bei einem derart polarisierenden Element wie den 4er-Nieren sind mehr als 20 Prozent Zustimmung gar nicht zu erwarten. “Es ist unmöglich etwas zu entwerfen, das jeder toll findet und als schönstes Auto der Welt wahrnimmt”, erklärt der Designer. Besonders schwer sei die Aufgabe auch, weil BMW im Gegensatz zu vielen anderen Marken neben gewöhnlichen Kunden auch zahlreiche Fans habe, die jede Neuerung sehr kritisch betrachten.
In Zahlen ausgedrückt seien rund 70 Prozent der BMW-Kunden auf der Suche nach einem in jeder Hinsicht überzeugenden Fahrzeug, das einen gewissen Status vermittelt – aber dabei nicht großartig auffallen muss. Die verbleibenden 30 Prozent sind betont expressiv unterwegs und wünschen sich ein Fahrzeug, das aus der Masse heraussticht. Weil aber nicht jeder dieser Kunden einen Z4 oder 8er fahren kann, kommt der neue BMW 4er ins Spiel: Er soll selbstbewusste Kunden auf der Suche nach einem besonderen Automobil ansprechen, denen ein 3er oder 5er einfach zu gewöhnlich und unauffällig ist. Mit anderen Worten: Der 4er soll nicht jedem Kunden gefallen, aber dafür einer bestimmten Zielgruppe ganz besonders.
Für Design-Chef Domagoj Dukec kam die mitunter harsche Kritik zum Design der neuen BMW 4er-Reihe jedenfalls nicht überraschend: Wer wie er 20 Jahre im Geschäft sei wisse nun mal, dass absolut jeder eine Meinung zum Design habe. Und wer etwas kreieren will, das aus der grauen Masse heraussticht, muss sich zwangsläufig vom gewohnten Look entfernen – was gerade in Verbindung mit Marken-Fans schnell zu scharfer Kritik führen kann.
Die ständige Suche nach neuen Ansätzen ist dabei für alle Automobil-Designer eine Herkules-Aufgabe: Die heute gezeichneten Autos kommen erst 2024 auf den Markt und werden abgesehen von kleineren Änderungen auch 2030 noch verkauft. Damit ein Auto also am Ende seines Lebenszyklus nicht völlig veraltet wirkt, muss es zum Zeitpunkt der Kreation beinahe zwangsläufig sehr progressiv sein.
Allerdings: Ganz unabhängig von der Schwierigkeit der Aufgabenstellung für die Designer ist unübersehbar, dass die Kritik an den Entwürfen der jüngeren Vergangenheit – der 4er ist dabei neben der Front von M3 und M4 nur das prominenteste Beispiel – ungewohnt laut und auf sehr breiter Basis vorgetragen wird. Ob man mit dieser Art von Feedback in München wirklich glücklich ist, darf allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz bezweifelt werden.