Das 4. Quartal 2020 war für die BMW Elektroautos und Plug-in-Hybride ausgesprochen erfolgreich, nie zuvor konnten die Münchner so viele Fahrzeuge mit elektrifiziertem Antrieb verkaufen wie in den letzten drei Monaten des Corona-Jahrs. Konkret melden die Münchner 76.246 verkaufte Elektroautos und Plug-in-Hybride, womit der Vorjahreszeitraum um beachtliche 55 Prozent übertroffen wurde. Im kompletten Jahr 2020, in dem der BMW Group Absatz um 8,4 Prozent zurückging, konnten die Verkaufszahlen der elektrifizierten Fahrzeuge um 31,8 Prozent auf 192.646 Einheiten gesteigert werden. Der Anteil am weltweiten BMW Group Absatz wuchs im Gesamtjahr auf 8,3 Prozent, im vierten Quartal waren es sogar 11,1 Prozent – aber das Ende der Fahnenstange ist damit noch lange nicht erreicht.
Für das Jahr 2021 hat BMW nun bekräftigt, den Absatz vollelektrischer Fahrzeuge verdoppeln zu wollen. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass 2020 nur der 2013 eingeführte BMW i3 und der MINI Cooper SE nennenswert zu den Verkaufszahlen beigetragen haben. Mit dem erst in den letzten Tagen des letzten Jahres und bisher effektiv nur in China erhältlichen BMW iX3 sowie den in der zweiten Jahreshälfte startenden Modellen i4 und iX stellen sich die Münchner im Segment der Elektroautos nun erheblich breiter auf. Wenn BMW i4 und iX im kommenden Jahr erstmals ganzjährig verfügbar sein werden, könnte die Zahl der verkauften Elektroautos nochmals signifikant gesteigert werden.
Die Modellpalette der Elektroautos und Plug-in-Hybride der BMW Group umfasst inzwischen 13 Modelle in praktisch allen Segmenten: Von kompakten Allroundern wie MINI Countryman, BMW 225xe Active Tourer, X1 und X2 über Mittelklasse-Modelle wie BMW 330e Limousine und Touring oder X3 xDrive30e reicht die Palette bis hin zu luxuriösen Angeboten wie 530e Limousine und Touring, 545e, 745e und 745Le sowie X5 xDrive45e. In der nahen Zukunft wird das Angebot unter anderem um die BMW 320e Limousine und den 320e Touring erweitert, auch in anderen Baureihen sind zusätzliche Angebote geplant. Bis zum Jahr 2023 soll das Angebot der BMW Elektroautos und Plug-in-Hybride auf 25 Modelle ausgebaut werden, darunter mindestens 13 reine Elektroautos.
Mit den Elektroautos BMW iX und i4 wird auch erstmals der vollständig digitale Vertrieb über das Internet zur realen Option für BMW-Kunden. Das Angebot des reinen Online-Shoppings ist Bestandteil einer neuen Vertriebs- und Marketing-Strategie, zu der sich Vertriebs-Vorstand Pieter Nota in einem ausführlichen Interview wie folgt äußert:
Herr Nota, 2020 war für Ihre Vertriebsmannschaft sicher kein einfaches Jahr. Wie groß waren die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie?
Das kann man wohl sagen. Das letzte Jahr war geprägt von einer großen Unsicherheit, einer weltweit sehr heterogenen Marktsituation und der Tatsache, dass Nachfrage und Produktion historisch einmalig parallel für ein paar Wochen mehr oder weniger gegen Null gelaufen sind. Wir sind dem aber mit einer großen Agilität in der Absatzsteuerung und Produktion begegnet. Außerdem haben wir unsere Vertriebskanäle schnell und konsequent adaptiert. Damit ist es uns trotz der Einschränkungen im Handel gelungen, das Jahr im letzten Quartal mit einem Rekordabsatz abzuschließen. Darauf sind wir alle stolz.
Außerdem haben wir die Digitalisierung im Vertrieb konsequent vorangetrieben, denn unsere Kunden wünschen sich gerade zu Zeiten von Corona einen möglichst kontaktlosen, aber auch komfortablen Verkaufsprozess.
Und darauf konnten Sie umgehend reagieren?
Ja, wir haben schnell und konsequent agiert: In über sechzig Märkten haben wir den Verkäufern im Handel bereits seit April ermöglicht, Kunden ohne Einschränkungen ortsunabhängig, also auch vom Home-Office aus zu beraten und ihnen Fahrzeuge zu verkaufen. So konfigurieren sie beispielsweise während einer telefonischen Beratung gemeinsam mit ihren Kunden deren Wunschfahrzeug über einen geteilten Bildschirm oder führen darüber entsprechende Bestandsfahrzeuge live vor.
In einem zweiten Schritt haben wir in kürzester Zeit in wichtigen Märkten über unsere hochfrequentierten Websites den Verkaufsprozess für die Handelspartner umfangreich online umgesetzt. Das wollen wir in diesem Jahr auf weitere Märkte ausrollen. Gemeinsam mit den Händlern arbeiten wir daran, dass unsere Kunden künftig auch ihr individuell konfiguriertes Wunschfahrzeug komplett online kaufen und sich bis vor die Haustür liefern lassen können. Dazu wird die gesamte Online-Journey von der Konfiguration über die Bestellung bis einschließlich der Nutzungsphase intuitiv aufgesetzt.
Mit Ihrer neuen Vertriebsstrategie zielen Sie also vor allem auf den Online-Verkauf ab?
Der Online-Verkauf ist ein wichtiger Aspekt unserer neuen Strategie. Unser neuer Vertriebsansatz geht aber wesentlich darüber hinaus. Es ist unser erklärtes Ziel, im Schulterschluss mit unseren Handels-partnern das beste Premium Kundenerlebnis der Industrie zu bieten. Damit wollen wir uns im Wettbewerb differenzieren.
Unsere Kunden kaufen und nutzen heute ihre Fahrzeuge anders als in der Vergangenheit. Neben dem reinen Fahrerlebnis spielt heute Konnektivität eine immer größere Rolle. Die Kunden wollen nicht nur ihr digitales Leben nahtlos mit ihrem Fahrzeug verbinden. Sondern sie erwarten von uns sowohl beim Fahrzeugkauf als auch in der Nutzungsphase Angebote, die auf sie persönlich zugeschnitten sind. Ändern sich beispielsweise ihre Mobilitätsanforderungen, möchten sie, dass ihr Fahrzeug sich anpasst und sozusagen mit ihnen wächst. Diesem Wandel tragen wir konsequent Rechnung.
Sie sprechen hier vor allem von einer stärkeren Digitalisierung?
Ja, Sie bringen es auf den Punkt. Und wir sehen das klar als Chance. Bis 2025 werden wir jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag in die Digitalisierung von Vertrieb und Marketing investieren. Wir nutzen das Momentum aus 2020 und richten den Bereich sowohl über alle Märkte als auch fachbereichsübergreifend neu aus. Neben einer neuen Organisationsstruktur bauen wir dafür eine integrierte und vernetzte IT-Infrastruktur auf. Das erlaubt uns, unsere neue Strategie auf die Regionen zugeschnitten zu implementieren.
Sie haben erst kürzlich Ihre Agenturlandschaft im Marketing komplett neu ausgerichtet.
Das ist richtig; auch das ist Teil unserer neuen Strategie. Unser neues Agenturmodell „THE MARCOM ENGINE“ bildet künftig die Basis für eine personalisierte und zielgerichtete Kundenansprache. Dazu konzentrieren wir uns in Europa künftig statt auf über 80 regional agierende Agenturen auf zwei übergeordnete Agenturpartner, die sich in ihrem Portfolio perfekt ergänzen und unser neues Marketingkonzept gemeinsam umsetzen.
Was ändert sich denn konkret für den Kunden durch Ihren neuen Vertriebsansatz?
Wenn unsere Kunden sich entscheiden, ihre Daten mit uns zu teilen, kennen wir ihre Wünsche und Vorlieben dank der digitalisierten Prozesse heute besser denn je. Wir wissen, für welche Produkte oder Services sie sich interessieren und können ihnen auf dieser Basis künftig zeitsparend ein individuelles, auf sie zugeschnittenes Angebot machen. Das wird übrigens neben dem Fahrzeug auch alle relevanten Services umfassen, von der Finanzierung bis hin zum Ladepaket für den Elektroantrieb. Die Kunden bekommen alles aus einer Hand.
Wir wollen ihnen vom Zeitpunkt des Erstkontakts über den Kauf bis zur Fahrzeugnutzung ein Premium Erlebnis bieten.
Dazu bauen wir im nächsten Schritt den nachträglichen Erwerb von Fahrzeugfunktionen weiter aus, die bisher nur als Sonderausstattung ab Werk verfügbar waren. Damit bieten wir unseren Kunden zusätzliche Fahrzeugfunktionen zur flexiblen Nutzung und wenn sie möchten, auch nur auf Zeit. Das erlaubt ihnen, ihr Fahrzeug kontinuierlich weiter zu personalisieren und an ihre Mobilitätsanforderungen anzupassen.
An welche Features denken Sie denn hier beispielsweise?
Das sind beispielsweise zusätzliche Funktionen aus den Bereichen Fahrassistenz, Licht, Sound und sogar Fahrwerk. Ein gutes Beispiel ist der BMW Drive Recorder. In unseren Fahrzeugen sind bereits von Haus aus Kameras verbaut und die lassen sich abhängig von der Fahrzeugausstattung zusätzlich nutzen. Möchte man beispielsweise im Urlaub die Fahrt über anspruchsvolle Passstraßen für das digitale Fotoalbum dokumentieren, kann man dafür den BMW Drive Rekorder aktivieren. Gerade dieses Feature kommt nachträglich sehr gut bei unseren Kunden an. Die Take-Rate im Aftersales ist höher als bei der Erstkonfiguration.
Ein anderes Beispiel ist die Lenkradheizung: Ist der Kunde bei Minustemperaturen unterwegs, kann unser Sprachassistent ihn künftig gezielt einladen, für einen Testzeitraum kostenlos die Lenkradheizung zu erleben. Vielleicht hatte er die zum Zeitpunkt des Kaufs nicht geordert. Gefällt dem Kunden das Feature und möchte er es weiter nutzen, bezahlt er für das entsprechende Upgrade – vielleicht auch nur in der kalten Jahreszeit oder während seines Winterurlaubs.
Sie greifen dazu auf alle möglichen Kunden- und Fahrzeugdaten zu. Ist das im Interesse Ihrer Kunden?
Lassen Sie mich hier deutlich sagen: Unsere Kunden entscheiden natürlich selbst, ob sie uns ihre personenbezogenen Daten für ein optimales Erlebnis unserer Fahrzeuge und Services zur Verfügung stellen. Der hohe Anspruch, den unsere Kunden an unsere Produkte und Dienstleistungen stellen, ist für uns auch die Maßgabe für den Umgang mit ihren Daten.
Wie nehmen Ihre Kunden denn diese Angebote an? Sehen Sie Potential in diesem Business Case?
Ja, ganz klar. Pilotprojekte in Deutschland, den USA und Großbritannien belegen das hohe Interesse unserer Kunden an diesen zusätzlichen Fahrzeugfunktionen.
Wir erwarten, dass der Anteil von nachbuchbaren Diensten und Funktionen künftig erheblich zum renditestarken Geschäft mit Sonderausstattung beitragen wird.
Wir adressieren damit übrigens auch zusätzliche Kundengruppen, wie die der Gebrauchtwagenkäufer oder Kunden, die ihr Fahrzeug leasen oder mieten und daher Fahrzeugfunktionen bewusst lieber auf Zeit kaufen.
Und wie bucht der Kunde diese Zusatzangebote?
Mit seiner persönlichen BMW ID meldet er sich im BMW ConnectedDrive Store an und hat somit Zugriff auf das gesamte digitale Ökosystem der BMW Group inklusive dem breiten Angebot an nachbuchbaren Fahrzeugfunktionen. Künftig wird das übrigens auch über unsere Marken-Apps möglich sein.
Die Apps sind Ihr direkter Draht zum Kunden?
Ja, ganz klar. In neuem Design, mit intuitiver und vereinfachter Benutzerführung sind unsere neuen Marken-Apps für uns die Schnittstelle für den individualisierten Dialog mit unseren Kunden.
Schon heute bieten sie nicht nur Zugriff auf Status und Funktionen des Fahrzeugs, sondern man kann beispielsweise mit dem BMW Digital Key das Smartphone als Fahrzeugschlüssel einbinden, Amazon Alexa integrieren oder BMW Points bei BMW Charging einlösen. Außerdem haben unsere Kunden über die App einen direkten Draht zu ihrem BMW Partner, um zum Beispiel schnell und bequem Servicetermine zu vereinbaren.
Unkomplizierte Werkstatt-Termine – demnach bald keine Wunschvorstellung mehr?
Der Bereich Kundensupport ist außerordentlich wichtig, denn unsere Kunden legen sehr viel Wert darauf, ihr Fahrzeug bei unseren Handelspartnern warten oder instand setzen zu lassen. Unsere Partner bedienen im Jahr ungefähr 15 Millionen Kunden im Service. Wöchentlich führen sie weltweit fast eine halbe Million Fahrzeugdiagnosen durch. Das sind, wie ich finde, beeindruckende Zahlen. Wir haben deshalb auch diesen Geschäftsbereich Ende letzten Jahres neu ausgerichtet und wollen die Zufriedenheit und den Komfort unserer Kunden noch weiter verbessern.
Und was heißt das konkret?
Wir werden unter anderem unser Produktangebot ausbauen, wie beispielsweise mit der Ferndiagnose. Wenn das Fahrzeug in Zukunft im Fahrzeugdisplay eine Fehlermeldung anzeigt, kann der Kunde seinen BMW Partner einfach direkt vom Fahrzeug aus anrufen. Stimmt der Kunde zu, werden die Fahrzeugdaten over-the-air übermittelt und der Servicemitarbeiter führt eine Ferndiagnose durch. Sollte ein Werkstattbesuch notwendig sein, lässt sich dieser dann unkompliziert und optimal planen. Das heißt, ein Ersatzteil kann direkt bestellt und der Werkstatttermin optimal darauf ausgerichtet werden. Die Ferndiagnose wird nach ersten Pilotprojekten in diesem Jahr sukzessive weltweit ausgerollt.
Ab wann können Ihre Kunden denn von Ihren neuen Vertriebsmaßnahmen profitieren?
Das ist für BMW und MINI je nach Markt unterschiedlich und hängt auch von den einzelnen Features ab. Sicher ist jedoch, dass wir unsere beiden vollelektrischen Fahrzeuge BMW i4 und BMW iX schon über unseren neuen Vertriebsansatz in den Markt einführen werden. Ohne heute zu viel vorweg nehmen zu wollen, werden hier nachbuchbare Fahrzeugfunktionen sowie ein nahtloser und besonders kundenorientierter Konfigurationsprozess mit personalisierten Angeboten im Vordergrund stehen. Wir werden zudem Angebote bündeln – vom Winterrad bis zum Leasingvertrag bekommt der Kunde komfortabel alles aus einer Hand.
Abschließend noch ein Thema, dem sich die BMW Group insgesamt verschrieben hat: Nachhaltigkeit. Gilt das auch für den Vertrieb?
Ja, natürlich. Das Credo der BMW Group „Kein Premium ohne Nachhaltigkeit“ gilt auch für uns im Bereich Vertrieb und Marketing. Wir unterstützen unsere Kunden schon heute bei der nachhaltigen und passenden Produkt- bzw. Antriebsentscheidung. Die Mitarbeiter und unsere Handelspartner qualifizieren wir zu Botschaftern unserer Ambitionen im Bereich Nachhaltigkeit. Außerdem kümmern wir uns im Vertrieb um Themen wie Recycling oder den Einsatz von Sekundärmaterial.