Mit deutlichen Absatz-Rückgängen hatten im Jahr 2020 so gut wie alle großen Autobauer zu kämpfen. Im Dreikampf um den inoffiziellen Titel des weltweiten Premium-Marktführers hat sich dabei allerdings erstaunlich wenig geändert, denn die grundlegenden Kräfteverhältnisse sind ähnlich wie nach dem Vorjahr: Je nach Betrachtungsweise steht entweder Mercedes-Benz oder die BMW Group an der Spitze. Unsere Grafik mit unterschiedlich eingefärbten Balken für die Kern- und Tochtermarken zeigt auf den ersten Blick, wie es zu den unterschiedlichen Interpretationen kommt, die beide ihre Berechtigung haben.
Mehr als nur ein Zünglein an der Waage sind je nach Betrachtungsweise die Verkaufszahlen der Marken MINI und Smart: Während die BMW Group ihre Kleinwagen-Tochter in den letzten Jahren zu einem relevanten Absatz-Faktor ausgebaut hat, spielt Smart für den Gesamtabsatz der Mercedes Car Group so gut wie keine Rolle. Vor diesem Hintergrund liegt auf der Hand, dass in beiden Konzernen eine unterschiedliche Betrachtungsweise favorisiert wird. Betrachtet man nur die Kernmarken, liegt Mercedes deutlich vor BMW. Praktisch nur Zuschauer bleibt Audi: Die Ingolstädter spielen derzeit nur auf wenigen Einzelmärkten eine Rolle im Kampf um die Premium-Spitze und können weltweit weder mit BMW noch mit Mercedes mithalten.
Betrachtet man mehr als die reine Reihenfolge und achtet auch auf das Kräfteverhältnis, zeigen sich aber auch im Jahr 2020 deutliche Tendenzen: BMW konnte seinen Rückstand bei den Kernmarken von rund 171.000 auf rund 135.000 Einheiten verkleinern, während MINI seinen Vorsprung auf Smart von knapp 230.000 auf 254.000 Einheiten vergrößern konnte. Die logische Konsequenz ist, dass auch der Vorsprung der BMW Group auf die Mercedes-Benz Car Group größer geworden ist, konkret ist es sogar mehr als eine Verdopplung: Statt 58.812 Einheiten liegen nun 118.475 Einheiten zwischen den Konzernen.
Mit nochmals vergrößertem Abstand größter Einzelmarkt ist bei allen drei Autobauern China: Die BMW Group verkaufte dort im Jahr 2020 insgesamt 777.379 Fahrzeuge, Mercedes folgt mit 774.382 Einheiten knapp dahinter. Der einstige China-Primus Audi konnte seine Rolle als Verfolger auch 2020 nicht verändern und liegt mit 727.358 Einheiten auf dem dritten Rang, wobei der Rückstand der Ingolstädter sogar noch größer geworden ist als 2019. Auch im weltweiten Wettstreit ist der Audi-Rückstand auf BMW 2020 noch etwas größer geworden, während der Rückstand auf Mercedes zumindest ein wenig verkürzt werden konnte.
Die Verantwortlichen der Autobauer bewerten die Premium-Verkaufszahlen ihrer Marken im Jahr 2020 wie folgt:
Pieter Nota (Mitglied des Vorstands der BMW AG, zuständig für Kunde, Marken und Vertrieb): “Wir sind den Auswirkungen der Corona Pandemie mit einer großen Agilität in Absatzsteuerung und Produktion begegnet. So ist es uns gelungen, das Jahr mit einem starken vierten Quartal abzuschließen und das Premiumsegment erneut weltweit anzuführen. Wir haben dank unserer Efficient Dynamics-Technologien und der über 135.000 abgesetzten elektrifizierten Fahrzeuge in Europa unsere CO2 Flottenziele in der EU übererfüllt und konnten den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert sogar um einige Gramm unterschreiten.”
Ola Källenius (Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und der Mercedes-Benz AG): “Die Verkäufe unserer Plug-in-Hybride und vollelektrischen Fahrzeuge konnten wir mehr als verdreifachen. Die Nachfrage nach unseren xEVs hat insbesondere zum Jahresende hin stark zugelegt. Unsere internen Prognosen für 2020 lassen darauf schließen, dass wir die europäischen CO2-Ziele für Pkw im vergangenen Jahr erreicht haben. Wir treiben unsere ‚Electric First‘ Strategie und den weiteren Ausbau unserer elektrischen Modelloffensive voran. Nach aktuellem Stand erwarten wir, dass wir die CO2-Ziele in Europa auch in 2021 erfüllen werden.”
Hildegard Wortmann (Vorständin für Vertrieb und Marketing der Audi AG): “Zur Mitte des vergangenen Jahres sind wir dank einer sehr starken internationalen Teamleistung mit Schwung aus der ersten Corona-Welle gekommen. Nach einem starken dritten Quartal hat das auch zu einem erfolgreichen Endspurt 2020 geführt. Die weltweite Situation bleibt derzeit weiter herausfordernd. Dennoch haben wir uns für 2021 ambitionierte Ziele gesetzt, wollen weiter wachsen und schauen zuversichtlich nach vorne.”