Einer der wichtigsten Rivalen von BMW stellt sein Motorsport-Programm nicht nur um, sondern eigentlich sogar auf den Kopf: Audi teilte am gestrigen Montag völlig überraschend mit, einige der grundlegenden Entscheidungen der letzten Jahre auf den Kopf zu stellen. Da wäre zum einen der Rückzug aus der Formel E, in der die Ingolstädter seit Ende 2017 mit einem Werksteam vertreten sind und in der man offenbar nicht die erhofften Erfolge feiern konnte. Zweiter wesentlicher Punkt ist die Rückkehr nach Le Mans: Den Langstrecken-Sport hatte Audi Ende 2016 verlassen, unter anderem um Kapazitäten für das Formel E-Engagement zu schaffen. Der eigentliche Kracher betrifft aber die Rallye Dakar, denn ab 2022 wollen die Ingolstädter auch in der Wüste um Siege kämpfen.
Die brisanteste Nachricht im Zusammenhang mit dem Audi-Einstieg bei der Rallye Dakar 2022 stammt von Motorsport-Total.com. Dort will man erfahren haben, dass die Ingolstädter ihr Rallye-Projekt gemeinsam mit dem Team X-Raid realisieren wollen. Die entsprechende Meldung wurde bisher weder bestätigt noch dementiert, sie hätte aber in jedem Fall weitreichende Folgen: X-Raid ist seit langer Zeit der Partner von BMW und MINI bei der Rallye Dakar – und ein Wechsel zu einer VW-Tochter erscheint eigentlich schon deshalb undenkbar, weil der X-Raid-Eigentümer Sven Quandt Mitglied der BMW Großaktionärs-Familie Quandt ist.
Sollte der Audi-Partner für die Dakar 2022 tatsächlich X-Raid heißen, stellen sich große Fragen für die Zukunft von BMW und MINI bei der härtesten Rallye der Welt. Möglicherweise ist der Wechsel zu Audi auch nur eine Reaktion auf geänderte Prioritäten bei der BMW Group, die nach zahlreichen Siegen keinen größeren Wert mehr auf ein fortgesetztes Engagement bei der Rallye Dakar legen könnte. Nach vier Siegen zwischen 2012 und 2015 kehrte X-Raid 2020 zurück auf die Erfolgsspur und holte den fünften Sieg für MINI.
Mit Blick auf die Wechselwirkungen zur BMW Group dürfen wir davon ausgehen, dass sich Sven Quandt oder das Team X-Raid demnächst zur Thematik äußern und Klarheit schaffen werden.
Markus Duesmann (Vorsitzender des Vorstands und Vorstand für Technische Entwicklung und Baureihen der AUDI AG): “Ein vielfältiges Engagement im Motorsport ist und bleibt fester Bestandteil der Audi-Strategie. Wir wollen auch in Zukunft das Markenversprechen ‚Vorsprung durch Technik‘ im internationalen Top-Motorsport unter Beweis stellen und innovative Technologien für den Serieneinsatz entwickeln. Die härteste Rallye der Welt ist hierfür die perfekte Bühne.
Die Formel E hat bei Audi die Phase der Transformation begleitet. Heute ist Elektromobilität bei den Vier Ringen nicht mehr Zukunftsmusik, sondern Gegenwart. Deshalb gehen wir beim elektrifizierten Motorsport den nächsten Schritt und stellen uns extremsten Bedingungen. Die Rallye Dakar mit ihren vielen technischen Freiheiten ist dabei ein perfektes Testlabor für uns.”
Julius Seebach (Geschäftsführer der Audi Sport GmbH): “Darüber hinaus evaluieren wir weitere mögliche Betätigungsfelder für uns im internationalen Motorsport. Dabei haben wir die Wünsche unserer Kunden genauso im Blick wie die zukünftige Strategie des Unternehmens, die ganz klar im Zeichen der Elektrifizierung und einer CO2-neutralen Mobilität steht. Deshalb bereiten wir uns intensiv auf den Einstieg in die neue Sportwagen-Kategorie LMDh mit ihren Highlight-Rennen 24 Stunden von Daytona und Le Mans vor. Die wichtigste Botschaft für unsere Fans ist, dass Motorsport bei Audi weiter eine bedeutende Rolle spielen wird.”
(Foto: Audi)
