Wo verläuft die Grenze zwischen Freude am Fahren, zügigem Fahren auf der Autobahn und einer Straftat, bei der die Gesundheit und im schlimmsten Fall das Leben von Menschen unnötig gefährdet werden? Wie so oft gibt es auch in dieser Frage keine einheitliche Antwort, die von allen Betrachtern eines Youtube-Videos identisch eingeschätzt wird. Im Fall eines Videos von TopSpeedGermany gibt es nun allerdings ein ganz offizielles Statement – und zwar in Form eines Urteils, das den Fahrer eines von Infinitas auf 770 PS gebrachten BMW M5 F90 für einen Monat zum Fußgänger gemacht hat. Über das Urteil berichtet die Augsburger Allgemeine (hinter ihrer Paywall).
Die wesentlichen Punkte sind allerdings schnell zusammengefasst: Im Video, das vor fast einem Jahr hochgeladen wurde und das auf knapp 2,4 Millionen Aufrufe kommt, sehen wir TopSpeedGermany bei einem mehrminütigen Highspeed-Run auf der Autobahn. Da auch Geschwindigkeiten von über 300 km/h angesichts des fehlenden beziehungsweise aufgehobenen Tempolimits eigentlich kein Fall für die Staatsanwaltschaft sind, stören sich die Juristen offenkundig an anderen Aspekten des im Video gezeigten Fahrstils.
Wer sich das knapp siebenminütige Video ansieht, erhält auch schnell einen Eindruck von den durch den Fahrer selbst dokumentierten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung: Die auf der linken Spur “störenden” Autofahrer werden immer wieder mit Lichthupe und Blinker links zum Spurwechsel aufgefordert, außerdem interpretiert der Fahrer den eigentlich mit “mindestens halber Tacho” definierten Sicherheitsabstand immer wieder sehr frei. Dem Vorwurf der Nötigung, den der ab einer Zeitmarke von rund 3:00 Minuten bedrängte Audi-Fahrer schließlich bei der Polizei monierte, schlossen sich wenig überraschend sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Richter an.
Dass die im Video gezeigte Fahrweise zu schlimmen Unfällen zu Lasten völlig unschuldiger Verkehrsteilnehmer führen kann, hat sich erst vor wenigen Tagen wieder einmal gezeigt. So faszinierend ein Infinitas BMW M5 F90 mit 770 PS auch sein mag, das volle Potenzial eines solchen Fahrzeugs sollte man sicher nicht auf einer relativ dicht befahrenen Autobahn erproben. Wie an einigen Stellen zu sehen ist, ergeben sich gewaltige Geschwindigkeits-Differenzen – und es ist kein Geheimnis, dass kaum ein Autofahrer mit einem über 300 km/h schnellen Auto auf der linken Spur rechnet. Spätestens wenn andere Menschen zu Schaden gekommen sind, wird die Frage nach der juristischen Schuld oder der Bedeutung von 130 km/h Richtgeschwindigkeit ohnehin zweitrangig.
Schon direkt nach der Anzeige musste der 29-jährige Fahrer laut Augsburger Allgemeine seinen Führerschein abgeben, bis zum Prozess ergab sich de facto ein Fahrverbot von 10 Monaten. Der Richter verurteilte ihn schließlich zu einem weiteren Monat Fahrverbot und zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.600 Euro. Das fragliche Video ist allem Ärger zum Trotz noch immer bei Youtube verfügbar:
(Fotos: Infinitas / Direkt-Link zum Video für Mobile-User)