Vor einigen Tagen durften wir nicht nur eine erste Fahrt mit BMW M3 G80 und M4 G82 erleben, wir hatten auch die Gelegenheit für ein längeres Interview mit Dirk Häcker. Als Leiter der Entwicklung bei BMW M ist er unseren regelmäßigen Lesern bereits von diversen Gesprächen bekannt und natürlich kann er auch zur Neuauflage der beiden Mittelklasse-Sportler viel erzählen.
Im Interview sprechen wir unter anderem über die Themen Gewicht und Leichtbau, ein mögliches 48-Volt-Bordnetz, die Fahrwerkstechnik und natürlich die verschiedenen Antriebs-Optionen. Der oberste M-Entwickler bestätigt dabei das kommende Angebot einer Allrad-Variante mit M xDrive und äußert sich auch zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf M3 und M4.
BimmerToday.de: Wir stehen an der sechsten Generation des BMW M3 und neben dem zweiten M4. Die direkten Vorgänger ernteten viel Lob für ihr Leichtbau-Konzept und hatten im Vergleich zu den direkten Wettbewerbern keine unglaublich hohe Motorleistung. Welchen Ansatz haben Sie verfolgt, um der sechsten Generation noch mehr Performance zu verpassen?
Dirk Häcker: Wir haben uns natürlich überlegt, mit welchen Ansätzen wir das sehr hohe Performance-Niveau der Vorgänger weiter steigern können. Wir sind dabei zu dem Schluss gekommen, dass wir das Gesamtniveau mit Hilfe einer verstärkten Vorderachse mit noch mehr Grip am besten anheben können. Mit dieser Vorderachse legen wir die Basis für die deutlichen Fortschritte, die wir jetzt schon präsentieren können. Geschafft haben wir das über eine geänderte Räder-Reifen-Kombination in sehr intensiver Abstimmung mit dem Reifen-Lieferanten, eine neue Kinematik an der Vorderachse, eine neue Lenkungsabstimmung und natürlich ist bei uns auch die Karosserie ein ganz wichtiger Teil des Fahrwerks. Wir haben auch da sehr genau überlegt, mit welchen Maßnahmen wir die Performance noch erhöhen können. Diese deutlichen Fortschritte an der Vorderachse waren die Voraussetzung für entsprechende Anpasungen an der Hinterachse, damit sich das Auto im gesamten Fahrdynamik-Bereich linear und neutral fährt. Also so, wie wir es auch vom Vorgänger kennen, jetzt aber auf einem anderen Grip-Niveau.
BimmerToday.de: Höhere Steifigkeit der Karosserie geht immer auch mit höherem Gewicht einher. Der Vorgänger war anfangs knapp unter 1,5 Tonnen, ist das mit heutigen Crash-Anforderungen, größeren Abmessungen und höherer Steifigkeit auch zu erreichen?
Dirk Häcker: Wir wollten natürlich nicht immens zulegen, ganz klar. Ich möchte jetzt noch keine konkreten Zahlen nennen, aber wir sehen ja auch den Zuwachs bei Radstand und Spurbreite, was der Fahrdynamik natürlich auch hilft. Sie können sicher sein, dass wir sehr genau auf das Thema Gewicht geachtet haben.
BimmerToday.de: Beim neuen M440i Coupé erhält der Verbrennungsmotor Unterstützung durch ein 48-Volt-Bordnetz. Ist das auch ein Thema für M3 und M4?
Dirk Häcker: Das ist aktuell kein Thema für uns. Wir müssen hier ja funktionale Vorteile, das Mehrgewicht und die Erwartungshaltung der Kunden gegeneinander abwägen. Wir glauben, dass wir da mit unserem sehr gut funktionierenden Reihensechszylinder ohne 48-Volt-Bordnetz besser aufgestellt sind.
BimmerToday.de: Also kann man sagen, dass Motor und Getriebe identisch zu X3 M und X4 M sind?
Dirk Häcker: Identisch sicher nicht, aber der Grundmotor und das Getriebe sind natürlich der gleiche. Die Applikation für M3 und M4 ist aber natürlich eine andere, genau wie das Fahrwerk haben auch Motor und Getriebe eine eigenständige Abstimmung genau für diese Autos erhalten. Hinzu kommt, dass es X3 M und X4 M nicht als Handschalter gibt.
BimmerToday.de: Bei X3 M, X4 M und auch anderen M-Modellen der jüngeren Vergangenheit war das Competition-Modell bereits ab Marktstart erhältlich, bei der fünften Generation des M3 kam das Competition-Paket erst mit einiger Verzögerung. Können Sie schon sagen, wie es sich bei der sechsten Generation 2021 verhalten wird?
Dirk Häcker: Wir werden M3 und M4 von Anfang an in einer Basis- und einer Competition-Varianten anbieten. Die Basis-Variante kommt mit Handschalt-Getriebe und 480 PS, hat also schon 30 PS mehr als die Competition-Variante des Vorgängers. Die Competition-Variante kommt mit M Achtgang-Steptronic und 510 PS und wird ebenfalls von Anfang erhältlich sein.
BimmerToday.de: Können Sie auch schon etwas zur Allrad-Variante von BMW M3 und M4 sagen?
Dirk Häcker: Ja, wir werden über die bereits genannten Varianten mit Hinterradantrieb zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Allrad-Variante auf Basis der Competition-Motorleistung anbieten.
BimmerToday.de: Liegt dieser spätere Zeitpunkt auch im Jahr 2021 oder kommt er erst 2022?
Dirk Häcker: Schaunmermal (lacht).
BimmerToday.de: Vom Allradantrieb M xDrive kennen wir aus M5 und M8 den 2WD-Modus, bei X3 M und X4 M gibt es diesen nicht. Wird es diesen Modus bei M3 und M4 auch geben?
Dirk Häcker: Wir betrachten unsere Limousinen und Coupés hier sehr ähnlich, unser Ziel ist also genau wie in M5 und M8 ein dreistufiges Angebot mit 4WD, 4WD Sport und 2WD.
BimmerToday.de: Gibt es sonst noch wesentliche technische Features der neuen Generation, über die wir schon reden können?
Dirk Häcker: Ja und nein. Es gibt sie natürlich, aber wir wollen jetzt noch nicht darüber reden. Einige Dinge wollen wir uns ja auch noch für die Zukunft aufheben.
BimmerToday.de: Okay, dann abschließend nur noch eine letzte Frage rund um die Marktsituation. Inwiefern haben Sie Ihre Stückzahl-Erwartungen bereits Corona-bedingt anpassen müssen?
Dirk Häcker: Da können wir zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nichts sagen. Ich glaube, dass Fahrzeuge wie BMW M3 und M4 weiterhin hohe Begehrlichkeiten wecken, aber konkrete Zahlen kann im Moment niemand planen. Dafür ist die Situation im Moment einfach zu volatil. Was uns aber bisher sehr gut gelungen ist, ist das Aufrechterhalten unserer Entwicklungs-Arbeiten und damit auch das fristgerechte Erreichen unserer Entwicklungsziele. Deshalb gibt es jetzt auch keine Verzögerungen beim Marktstart im Vergleich zur ursprünglichen Planung.
BimmerToday.de: Alles klar, vielen Dank für das informative Gespräch!