Nein, eine Rennstrecke fühlt sich am Steuer des BMW Alpina XB7 nicht nach Heimat an. Dass wir die mit großem Abstand hochwertigste, exklusivste und auch schnellste Variante des BMW X7 G07 für unseren Fahrbericht dennoch zwischen farbig angemalten Curbs bewegt haben, hat allerdings einen guten Grund: Zwar kann auch die Corona-Pandemie den Über-X7 aus dem Allgäu nicht stoppen, für Verzögerungen sorgen konnte sie aber durchaus. Und weil die Homologation des Luxus-SUV anders als ursprünglich geplant noch nicht abgeschlossen werden konnte, sind auch Fahrten auf öffentlichen Straßen noch nicht möglich.
Dann eben abgesperrte Strecke. Und was für eine: Das von Hermann Tilke entworfene Asphaltband auf dem Bilster Berg ist eine der anspruchsvollsten Rennstrecken des 21. Jahrhunderts und zählt mit seiner anspruchsvollen Topographie sicher nicht zu jenen Kursen, auf denen sich Übergewicht besonders gut kaschieren lässt. Doch auch wenn die Rennstrecke eher mit leichten Sportwagen im Hinterkopf gestaltet und nicht gerade für Luxus-SUV wie den BMW Alpina XB7 entworfen wurde, will der schwere Bayer auf keinen Fall klein beigeben – denn wenn es ihm an einem nicht mangelt, dann ist es ganz sicher Selbstbewusstsein.
Das Wissen um die eigene Stärke verdankt der BMW Alpina XB7 dem V8-Biturbo hinter der riesigen Doppel-Niere: 621 PS und ein maximales Drehmoment von 800 Newtonmeter heben den X7 auf ein Niveau, das ihm in seiner Münchner Heimat bisher niemand gönnen wollte. Doch wer den XB7 auf schiere Kraft und seine Höchstgeschwindigkeit von 290 km/h reduzieren will, verpasst eine ganze Menge: Entgegen aller Erwartungen zeigt der Luxus-Offroader auch auf der Rennstrecke erstaunliche Qualitäten.
Kein Zweifel, an die hohe Sitzposition muss man sich nach dem Umsteigen aus einem Alpina B3 zunächst gewöhnen und auch das Einlenken gelingt nicht annähernd so zackig wie im verhältnismäßig kleinen 3er, aber an über 2,6 Tonnen Leergewicht kann man am Steuer des XB7 auch nicht glauben. Großen Anteil daran haben die mächtigen 23-Zoll-Schmiederäder, auf denen unglaublich großzügig dimensionierte Sportreifen montiert sind: Die speziell für den XB7 abgestimmten Pirelli P Zero-Reifen sind schon an der Vorderachse 285 Millimeter breit, an der Hinterachse kommt sogar ein 325 Millimeter breites Format zum Einsatz.
So viel Gummi sorgt auch im Angesicht des hohen Schwerpunkts und üppigen Gewichts eines Alpina XB7 für eine beeindruckende Traktion und lässt die Vorderachse viel agiler reagieren, als man beim ersten Anblick des Luxus-SUV für möglich hält. Adaptive Dämpfer, aktive Rollstabilisierung, Hinterachslenkung und die vollvariable Kraftverteilung des Allradantriebs xDrive tragen außerdem weitere Teile dazu bei, dass der X7 selbst in den engeren Passagen der Strecke eine erstaunlich gute Figur macht. Die Fahrwerksabstimmung ist dabei zwar spürbar dem Komfort verpflichtet, vermittelt aber auch genügend Fahrbahnkontakt für verdutzte Gesichter in der zweiten und dritten Reihe.
Denn was den BMW Alpina XB7 eigentlich auszeichnet, sind keine Rekorde bei Beschleunigungszeiten oder gar Kurvengeschwindigkeiten – es ist die Vereinigung einer Vielzahl scheinbarer Widersprüche. Mehr als 2.100 Liter Kofferraumvolumen oder Platz für bis zu sieben Erwachsene bringt der XB7 ebenso mit wie feinstes Lavalinaleder und die Fähigkeit, allen Insassen mit der Kraft von 621 PS einzuheizen. Mit ihrem Gesamtpaket spielt die Buchloer X7-Interpretation daher auch nicht nur im Segment der klassischen Premium-SUV aus Stuttgart oder Ingolstadt, sie muss auch Vergleichen mit einem Bentley Bentayga nicht aus dem Weg gehen.