Die Kooperation zwischen BMW Group und Mercedes-Benz AG für die Entwicklung von Systemen für das Autonome Fahren wird für den Moment auf Eis gelegt. Hintergrund der Entscheidung sind offenbar keine Differenzen über die Ausrichtung der Entwicklung oder unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der optimalen Umsetzung, sondern schlicht und ergreifend der fehlende Druck des Wettbewerbs: Sowohl BMW als auch Mercedes fühlen sich hervorragend für die absehbaren Herausforderungen auf dem Gebiet des autonomen Fahrens aufgestellt und sehen daher keinen Grund, weiter so hohe Summen wie bisher in die Entwicklung zu stecken.
Wie die gemeinsame Mitteilung ausdrücklich betont, haben sich BMW und Mercedes “im besten partnerschaftlichen Einvernehmen” darauf geeinigt, die jeweiligen Entwicklungspfade für die nächste Zukunft ohne die Unterstützung des jeweils anderen Konzerns anzugehen. Mit der Pause für das bisherige Projekt ist explizit kein Ende der Kooperation verbunden, stattdessen ist eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit zu einem späteren Zeitpunkt keineswegs ausgeschlossen. Bei der grundsätzlichen Herangehensweise, also vor allem beim grundlegenden Blick auf notwendige Sensorik und Sicherheitsaspekte, sind sich die Entwickler in beiden Firmen offenbar weiterhin einig. Auch andere gemeinsame Projekte wollen die BMW Group und Daimler wie bisher geplant fortsetzen.
Zu den Hintergründen des Kooperationsstopps zählt natürlich auch die Corona-Pandemie, die das Vermeiden überflüssiger Ausgaben in beiden Konzernen noch wichtiger macht als in besseren konjunkturellen Zeiten. Nach Beginn der Kooperation wurden auf Experten-Ebene und auch gemeinsam mit möglichen Zulieferern zahlreiche detaillierte Gespräche geführt, die hohe Hürden für eine gemeinsame technische Plattform aufgezeigt haben. Die in beiden Konzernen bereits etablierten Systeme hätten dabei vermutlich nicht ohne Weiteres zusammengeführt werden können, weshalb schon für einen Nachbau des Status quo große Investitionen notwendig geworden wären.
Der Zeitpunkt für eine Wiederaufnahme der Entwicklungskooperation kommt also möglicherweise erst, wenn die Fähigkeiten der aktuellen Systeme nicht mehr kosteneffizient auf eine neue Ebene gehoben werden können. Die Aussagen der Vorstände, nach denen sich beide Seiten für viele Jahre hervorragend aufgestellt fühlen, lässt eine Wiederaufnahme des gemeinsamen Projekts vor der Mitte des laufenden Jahrzehnts eher unwahrscheinlich erscheinen.
Klaus Fröhlich (Mitglied des Vorstands der BMW AG, Entwicklung): “Gemeinsam mit unseren Partnern wie Intel, Mobileye, FCA oder Ansys haben wir unsere Technologie und unsere skalierbare Plattform konsequent weiterentwickelt. Unsere aktuelle Technologiegeneration hat sehr großes und nachhaltiges Potential: Mit einer ausgesprochen leistungsfähigen Sensorik und Rechenleistung verfügen wir über einen sehr robusten Baukasten und sind für viele Jahre hervorragend aufgestellt, um unseren Kunden das passende Angebot zu machen.”
Markus Schäfer (Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz AG; verantwortlich für Daimler Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars): “Unsere Kompetenzen ergänzen sich grundsätzlich sehr gut mit denen der BMW Group, was gemeinsame erfolgreiche Kooperationen belegen. Neben der Dekarbonisierung ist die Digitalisierung für Mercedes-Benz ein wichtiger strategischer Pfeiler. Um uns hier in einem sich rasant ändernden Umfeld für die Zukunft zu rüsten, loten wir derzeit auch weitere Möglichkeiten mit Partnern außerhalb des Automobilbereichs aus.”