Auch wenn das Thema CO2-Emissionen in den letzten Monaten Corona-bedingt in den Hintergrund gerückt ist, steht es für die mittelfristige Planung der Autobauer weiterhin sehr weit oben auf der Tagesordnung. Die BMW Group zählt hierbei seit Jahren zu den Vorreitern und hat ihre Flotte bereits sehr viel flächendeckender elektrifiziert als ihre traditionellen Wettbewerber, was sich auch an den weltweiten Verkaufszahlen der Elektroautos und Plug-in-Hybride zeigt. Den nächsten großen Schritt könnten die Münchner mit ihrer Tochter-Marke MINI gehen: Laut MotoringFile.com könnte der F56-Nachfolger – und damit das kommende Herz der Marke – nur noch als Elektroauto angeboten werden.
Der radikale Schritt wäre aus emotionaler Sicht durchaus mit Verlusten verbunden, denn natürlich leben Fahrzeuge wie ein MINI Cooper S oder John Cooper Works auch vom Sound ihrer Verbrennungsmotoren. Andererseits ist klar, dass Elektromobilität in den Innenstädten viel zu sauberer Luft beitragen kann. Gerade bei einem Kleinwagen spielt auch die Reichweite kaum eine Rolle, denn die meisten MINI-Kunden fahren an gewöhnlichen Tagen weit unter 100 Kilometer – und schon der aktuelle BMW i3 zeigt, dass sich heute auch mehr als 300 Kilometer Praxis-Reichweite in einem Kleinwagen realisieren lassen.
Aus Sicht der Entwickler stellt sich also die Frage, wie sich die Nachfrage bis 2023 entwickelt haben wird: Wie viele Kunden verlangen einen F56-Nachfolger mit Verbrennungsmotor, wie groß wird der Anteil des auf jeden Fall notwendigen Elektro-MINIs sein? Lohnt es sich, eine Architektur für die beiden hinsichtlich Platzbedarf und Gewicht sehr unterschiedlichen Antriebe zu entwickeln oder konzentriert man sich lieber voll auf den elektrischen Weg?
Eine einfache Antwort auf diese Fragen gibt es leider nicht, denn natürlich sind alle Prognosen über die künftige Nachfrage fehlerbehaftet. Gerade deshalb setzt die BMW Group bei ihren größeren Baureihen auf Flexibilität und die “Power of Choice”, also das Angebot vieler verschiedener Antriebe in der gleichen Karosserie. Als Beispiel sei der kommende BMW 7er G70 genannt, der als Benziner, Diesel, Plug-in-Hybrid und Elektroauto erhältlich sein wird. Ob dieser Weg auch in der viel kompakteren Kleinwagen-Klasse praktikabel ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Trotz aller Unsicherheiten steht mit Blick auf die Entwicklungszyklen fest, dass in München langsam aber sicher eine finale Entscheidung getroffen werden muss – oder schon getroffen wurde. Nicht einfacher dürfte diese Entscheidung mit Blick auf die Daimler-Tochter Smart sein: Die Kleinstwagen werden schon heute nur noch als Elektroauto angeboten, aber dieser Schritt kam angesichts der zuletzt stark schrumpfenden Verkaufszahlen möglicherweise zu früh.