Die BMW Group kommuniziert es seit Jahren und auch Mercedes will offenbar den gleichen Weg gehen: Elektroautos, Plug-in-Hybride und konventionell angetriebene Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor sollen prinzipiell auf dem gleichen Band gebaut werden. Außerdem will auch Daimler die Komplexität reduzieren, was letztlich auf eine Reduzierung der Vielfalt bei Sonderausstattungen und ihren Kombinationsmöglichkeiten hinausläuft.
Die Argumente von Daimler-Chef Ola Källenius klingen im Interview mit der Börsen-Zeitung genau wie die Punkte, die BMW-Vorstände wie Klaus Fröhlich seit vielen Jahren anbringen: Da sich die spezifische Nachfrage nach einzelnen Antriebsarten nicht seriös vorhersagen lässt, ist Flexibilität in der Produktion essenziell. Nur wer flexibel auf Schwankungen der Nachfrage reagieren kann, hat überhaupt eine Chance auf eine gute Auslastung seiner Werke – falls er nicht über eine ausgesprochen leistungsfähige Glaskugel verfügt, die die Nachfrage der Zukunft präzise vorhersagen kann.
BMW hat den entsprechenden Kurswechsel bereits vor Jahren kommuniziert und dafür durchaus Kritik einstecken müssen. Kein Wunder: Mit den Elektro-Pionieren i3 und i8 gingen die Münchner unter dem Motto des “purpose-built vehicle” genau den umgekehrten Weg und entschieden sich damals bewusst dafür, die Fahrzeuge vom ersten Moment an um ihren Elektro- oder Hybrid-Antrieb herumzubauen. Eines der Hauptargumente dafür war das Thema Leichtbau, denn jede Kilowattstunde Akku-Kapazität sollte so effektiv wie möglich genutzt werden.
Auch dank der heute sehr viel leistungsfähigeren Akkus, dem entsprechend geringeren Platzbedarf und den niedrigeren Kosten konnte die BMW Group inzwischen Fahrzeug-Architekturen entwickeln, die sich für alle Antriebsarten eignen. Ein Beispiel dafür ist die Architektur des BMW 3er G20, die mit Diesel und Benziner, als Plug-in-Hybrid und ab 2021 auch als reines Elektroauto BMW i4 erhältlich ist. Alle Varianten können am gleichen Band gebaut werden, weshalb Verschiebungen der Nachfrage nach einem bestimmten Antriebskonzept weder zu Stillständen noch zu Überlastungen einzelner Produktionsstraßen führen können.
Zwar könnte man auch heute ein besseres Elektroauto bauen, wenn man dabei keine Rücksicht auf die grundlegend anderen Anforderungen eines konventionellen Antriebs mit großem Verbrennungsmotor und kleinem Tank nehmen müsste, aber für die Wirtschaftlichkeit des gesamten Unternehmens scheinen Kompromisse derzeit unausweichlich.
Gleiches gilt für die Reduzierung der Vielfalt: Auch wenn maximale Individualisierung Premium-Automobile noch attraktiver macht, wird sie in Zukunft immer mehr zu einem teuren Extrawunsch. BMW hat die Kombinationsmöglichkeiten zuletzt erheblich reduziert und bietet einige Sonderausstattungen nur noch im Paket mit anderen Optionen an, auch das Angebot von selten bestellten Farben wird schrittweise reduziert. Wer andere Vorstellungen hat, schaut entweder in die Röhre oder muss den teuren Weg über BMW Individual gehen. Gemäß der Ankündigung von Mercedes-Chef Ola Källenius kommen ganz ähnliche Veränderungen offenbar auch auf Daimler-Kunden zu.
(Fotos: Mercedes-Benz)