Die DTM-Dachorganisation ITR wirft einen Blick in die Zukunft und zeigt aber auch einen möglichen BMW i4 DTM. In einem Video stellt die ITR ihre Vision einer Rennserie für Tourenwagen mit Elektro-Antrieb vor und zeigt dabei Fahrzeuge der aktuell in der DTM vertretenen Hersteller. Design-Grundlage für die Front des BMW im Video ist offenbar die Studie i4 Concept, mit der die Münchner schon vor einiger Zeit auf die Elektro-Version des kommenden BMW 4er Gran Coupé hingewiesen haben.
Während der BMW i4 als Viertürer 2021 in Serie gehen soll, gibt es zu einer möglichen Elektro-Rennserie auf DTM-Niveau bisher keine finalen Beschlüsse. Klar ist aber, dass die ITR mit ihrem Video eine Debatte anstoßen will, die das Interesse von Motorsport-Fans und Herstellern gleichermaßen in Erfahrung bringt. Ob wir eines Tages einen BMW i4 DTM sehen, dürfte ganz wesentlich von den Reaktionen auf das nun veröffentlichte Konzept abhängen.
Die Argumente für Elektro-Tourenwagen werden im Video klar benannt: Auch wenn die Rennwagen im Gegensatz zu aktuellen DTM-Boliden nicht mit dem Sound leistungsstarker Verbrenner punkten können, könnten sie dennoch mit faszinierenden Fahrleistungen punkten. Theoretisch könnten die Elektro-Motoren mit bis zu 1.000 PS für Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 350 km/h sorgen. Ob die Elektroautos mit Akku-Wechsel beim Boxenstopp oder sogar mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle als Energiequelle ausgerüstet werden, scheint für ITR momentan nicht die entscheidende Frage zu sein – im Video werden beide Varianten als denkbare Lösungen präsentiert.
Gerhard Berger (ITR-Vorsitzender): “Ein wesentlicher Punkt bei dieser Konzeptstudie ist, dass die Hersteller zwar standardisierte Antriebsstrangkomponenten verwenden, aber mit ihren eigenen Modellen fahren können. Das gibt es noch bei keiner vollelektrischen Rennserie. Dies ist ganz wichtig für ein Engagement der Hersteller, da es ihnen die Möglichkeit bietet, ihr Marketing stärker produktbezogen auszurichten.
Ich bin in den 1980er Jahren im Rennsport aufgewachsen und habe nie aus den Augen verloren, was uns dieses Jahrzehnt ausgemacht hat: der Umgang mit spektakulären Autos, die immer am Limit gefahren wurden. Die waren unglaublich schwer zu beherrschen und daher ebenso beeindruckend wie anziehend. Rennwagen am Limit zu fahren, war noch nie einfach. Wenn man sich Onboard-Aufnahmen aus der 80ern ansieht, wird sofort klar, dass die Fahrer größte Mühe hatten, die Kontrolle zu behalten. Das ist die Art von Rennsport, die ich liebe.
Mit diesem Konzept möchte ich, dass wir dieses Feeling massiver Motorleistung wiederaufleben lassen. Die Grenzen des Grips auszuloten. Nicht nur mit 1000 PS unter dem rechten Fuß des Fahrers. Aber mit einem Auto, das mit der Technologie von morgen ausgestattet ist und Modelle verwendet, die eine klare Verbindung zu den Serienautos wichtigster Automobilmarken aufweisen. Diese neue Art von Tourenwagen wird toll anzuschauen und fantastisch zu fahren sein.
Die DTM ist eine professionelle, internationale Motorsport-Plattform für Fahrzeuge mit Bezug zu Serienmodellen. Sie existiert seit mehr als 30 Jahren, erfreut sich großer Beliebtheit und verfügt über ein starkes Erbe. Mit diesem Konzept wollen wir zeigen, dass wir aufgeschlossen in die Zukunft blicken und am Motorsport von morgen arbeiten.”
Außerdem hat die ITR auch ein Interview mit ihrem Vorsitzenden veröffentlicht, das einige weitere Aspekte der Zukunftsvision beleuchtet:
Herr Berger, die ITR hat eine Studie für Tourenwagen mit Elektroantrieb vorgestellt. Ist das ein Ausblick auf die DTM der Zukunft?
„Zunächst einmal sehen wir die Studie als eine mögliche Erweiterung des Angebots der ITR für das Programm auf der DTM-Plattform an. Wir haben die Kompetenz, Veranstaltungen zu organisieren, Rennserien auszuschreiben und auszutragen. Die langjährige Erfahrung bei der Gestaltung eines Technischen Reglements im Zusammenspiel mit Herstellern, Technologiepartnern für Entwicklung und Produktion von Bauteilen sowie den zuständigen Motorsport-Behörden hat die ITR auch.“
Die ITR arbeitet an einem Konzept zur Hybridisierung der derzeitigen DTM-Fahrerzeuge mit Vierzylinder-Turbomotoren. Jüngst wurde ein Pilotprojekt zur Verwendung von Kraftstoffen mit hohem erneuerbarem Anteil vorgestellt. Warum geht die ITR jetzt auch noch mit einer Elektrostudie an die Öffentlichkeit?
„Bei der ITR arbeiten wir an mehreren Bausteinen für nachhaltigere Technologien. Dabei denken wir auch mal zwei Schritte weiter. Wer die Zukunft des Motorsports gestalten will, muss den Blick weit nach vorn richten. Und dabei müssen wir den Entwicklungen in der Serienautomobil-Welt aufgeschlossen gegenüberstehen. Auf den Motorsport bezogen heißt das: Hybrid oder Elektro sind zwar hier und da bereits in Teilen realisiert, aber ein wirklich neues, mitreißendes Konzept, hat in meinen Augen bislang gefehlt. Und neben Millionen Motorsport-Fans weltweit gibt es nun einmal auch eine große Zahl an Automobil- und Zulieferkonzernen, mit denen wir im Austausch sind und die sich gerne stärker im Motorsport engagieren würden. All denen bieten wir jetzt etwas Neues.“
Als Fan der Elektromobilität sind Sie nicht gerade bekannt. Sie haben sich in den zurückliegenden Monaten teils kritisch über die Formel E geäußert. Was ist bei der nun von der ITR vorgelegten Konzeptstudie anders?
„Ich habe immer gesagt, dass die Formel E als Marketingplattform ihre Berechtigung hat und dass ich das Engagement vieler Konzerne dort verstehen kann. Meine Kritik war auf den Motorsport gerichtet, weil ich die Autos für zu langsam halte und die Fahrweise sehr stark durch Strategie und Energiemanagement bestimmt ist. Das wäre bei den Fahrzeugen, die die ITR in der Konzeptstudie vorgestellt hat, völlig anders. Hier sprechen wir von leistungsstarken Fahrmaschinen, die – ebenso wie die DTM – spektakuläres Rad-an-Rad-Racing ermöglichen. Ein weiterer Vorteil: Diese Autos haben einen direkten optischen Bezug zu Autos, die beim Händler stehen. Mit anderen Worten: Hiermit sollte sich auch der Fan identifizieren können.“
Wie realistisch ist es, dass die ITR aus dieser Studie Wirklichkeit werden lässt?
„Das hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst natürlich von der technischen Machbarkeit – das prüfen wir intensiv und dafür benötigen wie die Expertise von Spezialisten aus Bereichen, mit denen die ITR bislang nichts zu tun hatte, zum Beispiel Batterie- oder auch Roboterhersteller, wenn man an die ambitionierte und bahnbrechende Technologie bei den Boxenstopps denkt. Dann spielt natürlich die Finanzierung der Entwicklung eine große Rolle.“
Können Sie mehr zu den Kosten sagen?
„Noch nicht im Detail, dafür ist es zu früh. Wie auch in der DTM müssen bei einem solchen Technologieprojekt die Kosten unter Kontrolle gehalten werden. Das geht nur, wenn weite Teile der Entwicklung zentral gesteuert werden und wesentliche technische Komponenten des späteren Rennfahrzeugs wie Elektroantrieb mit E-Motoren, Leistungselektronik und Batterie (BEV) oder Brennstoffzelle standardisiert sind. Wir haben bereits bei der DTM ein effizientes Einheitsbauteile-Konzept und können das daher ganz gut beurteilen.“
(Screenshots & Infos: ITR GmbH)