Die Absatz-Zahlen für das erste Halbjahr 2019 sind seit einigen Wochen bekannt, aber die Zusammenfassung der Werte von Ernst & Young liest sich dennoch dramatisch. Denn während die Autoindustrie in den letzten Jahren von Erfolg zu Erfolg eilte, stellt sich das laufende Jahr eindeutig als Trendwende dar: Weltweit konnten im ersten Halbjahr 2019 nur vier der 16 größten Autobauer ihren Absatz steigern: Mitsubishi, Honda, Toyota und BMW.
Die Münchner sind damit auch der einzige deutsche Autobauer, der für die ersten sechs Monate ein Plus vermelden kann. Wie wir bereits berichtet haben, zeigte BMW eine starke Performance im Premium-Segment und gehört zu den Marktführern bei Elektroautos und Plug-in-Hybriden. Die von EY erstellte Zusammenfassung zeigt jedoch, dass sich die relative Schwäche des Wettbewerbs nicht auf das Premium-Segment beschränkt: Auch im Volumenmarkt entwickelt sich der Absatz der meisten Autobauer negativ.
Bessere Zahlen gibt es beim Umsatz, denn hier konnte eine Mehrheit der Autobauer trotz sinkendem Absatz zulegen. Die deutschen Konzerne liegen dabei mit einem durchschnittlichen Plus von 5,2 Prozent an der Spitze des Marktes, während amerikanische und japanische Hersteller Rückgänge vermelden mussten. Absoluter Umsatz-Spitzenreiter ist dennoch Toyota, wobei die Japaner Volkswagen auf den zweiten Platz verweisen konnten.
Constantin Gall (Leiter Bereich Automotive & Transportation bei EY): “Die weltweite Autoindustrie befindet sich in einer Absatz- und Gewinnkrise, die derzeit noch in erster Linie konjunkturell bedingt ist. Alle großen Absatzmärkte schrumpfen – das führt zu einem stärkeren Preisdruck und zu rückläufigen Margen. Hinzu kommen hohe Investitionen in Bereichen wie Autonomes Fahren und Elektromobilität.
In den kommenden Jahren werden die Karten neu gemischt. Strengere Emissionsgrenzwerte und der Vormarsch der Elektromobilität führen zu nie dagewesenen Umbrüchen – denen nicht alle Unternehmen gewachsen sein werden. Für die Entwicklung und Einführung verbrauchsärmerer Motoren, neuer Elektroautos und neuer Mobilitätsdienstleistungen werden in den kommenden Jahren enorme Investitionen nötig sein.”
Peter Fuß (Partner bei EY): “Die derzeitigen Absatzrückgänge kommen relativ unerwartet – gerade der schrumpfende chinesische Markt hat einige Anbieter auf dem falschen Fuß erwischt. Das passt nicht zu den optimistischen Planungen vieler Unternehmen, die auf weiteres Wachstum gesetzt hatten. Die Situation in China wird also immer ungemütlicher.
Die deutschen Konzerne haben zuletzt in großem Stil Altlasten aus der Bilanz geräumt – Themen wie die Dieselkrise, Kartellvorwürfe, Rückrufe wegen defekter Airbags und die WLTP-Umstellung haben in den vergangenen Jahren zu erheblichen Gewinneinbußen geführt. Das Großreinemachen könnte nun aber den Weg frei machen für steigende Gewinne spätestens im kommenden Geschäftsjahr. Denn operativ läuft es bei den Unternehmen nicht schlecht – sie gewinnen weltweit Marktanteile, kommen bei der Elektrifizierung der Modellpalette voran und werden mit harten Sparmaßnahmen auch die Kosten wieder senken.
In China sind die deutschen Autokonzerne trotz der aktuellen Marktschwäche derzeit noch gut unterwegs. Wenn der Handelsstreit mit den USA aber weiter eskaliert, wird das auch die deutsche Autoindustrie verstärkt zu spüren bekommen.”
(Infos & Zitate: EY)