Am heutigen 16. August übernimmt Oliver Zipse offiziell den Vorsitz des Vorstands der BMW AG. Er folgt auf Harald Krüger, der das Unternehmen am 13. Mai 2015 übernommen hatte. Zipse übernimmt die BMW Group als weltweit erfolgreichsten Anbieter von Premium-Automobilen, der Absatz der Kernmarke BMW ist im Vergleich zum Zeitpunkt der Übernahme durch Harald Krüger allerdings hinter Mercedes gefallen.
Der starken Entwicklung bei Mercedes zum Trotz kann auch der scheidende BMW-Chef Krüger auf eine deutliche Steigerung des Absatzes verweisen. In seinem ersten Jahr als BMW-Chef konnte die BMW Group weltweit 2.247.485 Fahrzeuge verkaufen, was einen neuen Rekord-Absatz darstellte. 2016, 2017 und 2018 folgten weitere Absatz-Rekorde und das Aufstellen des bisherigen Bestwerts von 2.490.664 Fahrzeugen der Marken BMW, MINI und Rolls-Royce.
Trotz zahlreicher Unsicherheiten und Krisen in aller Welt befindet sich die BMW Group auch 2019 auf Kurs zu einem weiteren Rekordjahr. Nach sieben Monaten liegt der Absatz 0,9 Prozent über dem Rekord des Vorjahres, erstmals könnte die Marke von 2,5 Millionen Premium-Automobilen geknackt werden.
Kritischer als die Entwicklung des Absatzes sehen viele Beobachter die strategischen Entscheidungen unter Harald Krüger. Auch wenn die BMW Group weiterhin zu den Marktführern bei elektrifizierten Fahrzeugen zählt, dauert einigen der Ausbau des Angebots reiner Elektroautos zu lange. Die entsprechenden Weichen wurden allerdings längst gestellt, was in den nächsten Monaten Früchte tragen wird: Mit MINI Cooper SE, BMW iX3, BMW i4 und BMW iNext werden innerhalb der nächsten zwei Jahre vier neue Elektroautos auf den Markt kommen und die Münchner in den wichtigsten Segmenten vertreten. Noch breiter ist das Unternehmen bei den Plug-in-Hybriden aufgestellt, die für die Masse des elektrifizierten Antriebs verantwortlich sind.
Fortgesetzt hat Harald Krüger auch die Strategie des Ausbaus einer Plattform für Fahrzeuge mit Frontantrieb. Die zunächst für MINI entwickelte UKL-Architektur wird in weiterentwickelten Varianten inzwischen auch von BMW 2er Active Tourer und Gran Tourer, X1, X2 und der 1er-Reihe genutzt. Vor allem der Wechsel beim BMW 1er wird von vielen Fans des Hinterradantriebs kritisch gesehen, könnte sich aber als strategisch richtige Entscheidung erweisen.
Nochmals erheblich größer ist die Bedeutung der X-Modelle geworden: Standen die SUV-Baureihen 2016 für rund 32 Prozent des BMW-Absatzes, sind es im laufenden Jahr fast 46 Prozent. Einen nicht nur für den Absatz, sondern vor allem auch für die Marge relevanten Anteil daran hat die kürzlich erfolgte Einführung des BMW X7.
Klar ist dennoch, dass Oliver Zipse die BMW Group in einer schwierigen Phase übernimmt. Allen Unsicherheiten zum Trotz – angefangen vom Handelskonflikt zwischen den USA und China über den Brexit bis hin zur unsicheren Lage im Mittleren Osten – sind die Erwartungen an ihn hoch. Kritiker werden ihn daran messen, ob er den weltweiten Absatz weiter steigern und BMW im Wettstreit der Kernmarken wieder an Mercedes vorbeiführen kann. Gleichzeitig werden andere Kritiker fordern, dass BMW seine Elektro-Aktivitäten noch schneller als angekündigt ausbaut. Es dabei allen recht zu machen, ist praktisch unmöglich. Um so wichtiger ist es, dass sich Zipse in den nächsten Jahren auf den Rückhalt des Aufsichtsrats verlassen kann.