Was für über 30 Jahren mit einer Idee von Max Reisböck begann, ist heute maßgeblich für den Erfolg des Unternehmens in Europa: Der BMW 3er Touring. Die Kombi-Variante der Münchner Mittelklasse wurde seit ihrem Debüt über 1,7 Millionen Mal verkauft, wobei die letzte Generation mit über 500.000 Einheiten den Löwenanteil auf sich vereint. Mit dem neuen BMW 3er Touring G21 soll diese Zahl erneut übertroffen werden, was sicher kein leichtes Ziel ist.
Für einen ersten Fahrbericht durften wir den G21 als BMW 330d xDrive über bayerische Landstraßen bewegen und konnten uns dabei ein gutes Bild von den Stärken des Kombis machen. Die Wahl der Motorisierung ist natürlich kein Zufall, denn in Deutschland werden über 90 Prozent der 3er Touring als Firmenwagen mit hoher jährlicher Laufleistung verkauft – dementsprechend hoch ist der Diesel-Anteil. Weil die deutschen Kunden deutlich öfter zum Kombi als zur Stufenheck-Limousine greifen, steht der Heimatmarkt sogar für rund ein Drittel aller weltweit verkauften BMW 3er Touring.
Fahrbericht BMW 3er Touring G21: So fährt der 330d Kombi
Dabei belegt Deutschland mit einem Kombi-Anteil von 66 Prozent innerhalb der 3er-Reihe einen Spitzenplatz, steht aber noch im Schatten von Italien: Auch wenn unsere südlichen Nachbarn insgesamt deutlich weniger 3er kaufen, sind dort sogar 75 Prozent aller 3er ein besonders praktischer Touring. In England liegt der Anteil nur bei 25 Prozent, dennoch kauften die Briten in absoluten Zahlen mehr Kombis als die Italiener.
Noch wichtiger als diese Zahlen ist den Kunden freilich, was sie alles im BMW 3er Touring unterbringen können. Trotz 76 Millimetern mehr Länge, 16 Millimetern mehr Breite und 8 Millimetern mehr Höhe bewegt sich der Laderaum mit 500 bis 1.510 Litern auf den ersten Blick auf dem Niveau des Vorgängers. Dabei gilt wie bei der Limousine: Ein Großteil der größeren Dimensionen ist den schärferen Crash-Anforderungen geschuldet und wird im Innenraum nicht sichtbar. Bei genauerem Hinsehen konnten die Techniker den Kombi aber durchaus relevant vergrößern, denn das sogenannte Primärvolumen, das sich nicht hinter Abdeckungen und Klappen verbirgt, ist um spürbare acht Prozent oder 32 Liter gewachsen.
Da trifft es sich gut, dass mit dem Gepäckraumpaket die cleveren Rutsch- und Anti-Rutsch-Schienen aus dem X5 im Kofferraum verbaut werden. Das Be- und Entladen erleichtern die Aluminium-Schienen, weil große Gegenstände darauf gut rutschen können. Wird der Motor gestartet, blasen sich Luftpolster in der Mitte auf und verhindern mit ihrer gummierten Oberfläche effektiv, dass das Gepäck in jeder Kurve von einer Seite auf die andere rutscht.
Aber genug der Zahlen, wir sind zum Fahren nach München gekommen. Und dabei bleibt sich der neue 3er auch als Kombi treu: Wer die Limousine G20 kennt, wird im G21 keine großen Überraschungen erleben. Der Kombi ist im Vergleich zur Limousine rund 100 Kilogramm schwerer, verteilt seine Masse aber ebenfalls im perfekten Verhältnis von 50 zu 50 auf beide Achsen und bringt entsprechend gute Anlagen für großen Fahrspaß mit. Die Karosserie ist im Vergleich zum Vorgänger insgesamt 25 Prozent steifer geworden, in einigen Bereichen sind es sogar 50 Prozent.
Bei der gemütlichen Fahrt auf Autobahnen und Landstraßen ist davon zunächst wenig zu spüren, was auch am geänderten Fahrwerks-Setup liegt: Im Comfort-Modus ist das adaptive Fahrwerk des Kombis etwas komfortabler abgestimmt als bei der Limousine, womit die Münchner der häufigeren Familiennutzung Rechnung tragen. Wechselt man jedoch in den Sportmodus, bietet der 3er Touring G21 die gleiche Agilität wie die Limousine – zumindest, wenn man nicht direkt vom einen in das andere Fahrzeug umsteigt und so eine Chance bekommt, das Mehrgewicht wirklich zu spüren.
Im Sport-Modus erwacht auch der phasenweise überraschend deutlich hörbare Sechszylinder-Diesel so richtig zum Leben. Mit 265 PS und 580 Newtonmeter Drehmoment treibt der Single-Turbo-B57 den 330d jederzeit ausgesprochen kraftvoll an: Bei Vollgas fällt die 100er-Marke nach 5,4 Sekunden und auch 250 km/h Höchstgeschwindigkeit sind relativ schnell erreicht, ohne dass der 330d wirklich durstig wird. Mit einem Alltagsverbrauch zwischen 7 und 8 Litern ist man bereits sportlich unterwegs, nur bei langen Autobahn-Etappen mit hohem Vollgas-Anteil sind auch zweistellige Verbrauchswerte realisierbar.
Der Allradantrieb versteht sich im BMW 330d xDrive primär als Traktions-Garant. Für den größeren Fahrspaß sorgt zweifellos die hecklastigere Kraftverteilung des M340i xDrive, von der auch der kommende M340d profitieren wird. Auch im Fall des 330d spürt man im Sport-Modus den Fokus auf die Hinterräder, Freunde des Leistungsübersteuerns kommen auf trockenem Asphalt aber trotz der zweifellos in ausreichendem Maß vorhandenen Leistung nicht auf ihre Kosten. Ein echtes Problem ist das aber nicht, schließlich kann dieser kleine Teil der G21-Zielgruppe zu den heckgetriebenen Modellen oder zu den Allrad-Sportlern mit dem M im Namen greifen.
So haben die Entwickler wieder einen BMW 3er Touring auf die Räder gestellt, der die besten Aspekte aus zwei Welten vereint: Die typische Fahrdynamik und sämtliche Hightech-Features der 3er Limousine auf der einen Seite, die Alltagstauglichkeit und Praktikabilität eines Kombis auf der anderen. Dass es dabei auch nützliche Ideen wie die separat zu öffnende Heckscheibe noch in die sechste Generation geschafft haben, freut längst nicht nur Nostalgiker – das exklusive Feature wird auch von Markenwechslern, die es zuvor nie vermisst haben, innerhalb kürzester Zeit geschätzt und trägt seinen Teil dazu bei, dass viele Kunden dem 3er Touring über Generationen hinweg treu bleiben.