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BMW M-Chef Markus Flasch: Das M bekommt nur, wer es verdient

Seit dem 1. Oktober 2018 führt Markus Flasch die BMW M GmbH und ist damit an die Spitze einer der wichtigsten Marken der BMW Group gerückt. Im Rahmen der Vorstellung von BMW X3 M und X4 M hatten wir die Gelegenheit zu einem ausführlichen Interview mit dem neuen M-Chef und haben uns von ihm erklären lassen, wie er die M GmbH sieht und welche Themen auf seiner Agenda stehen.

Im Gespräch gehen wir unter anderem auf Absatz-Ziele, die immer größere Breite der Modellpalette und sportliche Sondermodelle ein. Auch die Themen Elektrifizierung, Allrad- und Hinterradantrieb sowie Leichtbau dürfen natürlich nicht fehlen. Die vielleicht wichtigste Botschaft steht aber schon in der Überschrift: Unter Markus Flasch sollen nur Fahrzeuge das M tragen dürfen, deren Charakter zur M GmbH passt – unabhängig von den konkreten technischen Lösungen, die zu diesem Fahrerlebnis führen.

BimmerToday.de: Sie haben die Leitung der M GmbH vor wenigen Monaten von Frank van Meel übernommen. Können Sie ein paar Worte zu Ihrer Person sagen und uns erklären, wie Sie auf diesen sicherlich heiß begehrten Posten gekommen sind?
Markus Flasch: Meine erste Aufgabe bei BMW war vor fünf Jahren das Qualitätsmanagement in der Oberklasse und bei Rolls-Royce, davor war ich 12 Jahre in der Zulieferer-Industrie. Zuletzt durfte ich die 8er-Reihe leiten und habe in diesem Zug auch den M850i mitentwickelt. Ich bin seit jeher M Kunde, ich fuhr auch vor meiner Zeit bei BMW schon ein Z3 M Coupé und bin dieses Auto auch über viele Jahre als Erstwagen im Alltag gefahren. Ich hatte schon immer eine hohe M Affinität und es war immer mein Traumjob innerhalb von BMW. Klassisch bewerben kann man sich auf diese Position nicht, ich wurde gefragt.

BimmerToday.de: Wo sehen Sie die M GmbH jetzt im Vergleich zu Mercedes-AMG und Audi Sport?
Markus Flasch: M ist der stärkste Buchstabe der Welt und wird es auch bleiben. M ist eine extrem wertvolle Marke. Wir haben unsere Ergebnisse in den letzten zehn Jahren Jahr für Jahr übertroffen und das Ziel von 100.000 Einheiten bereits 2018 erreicht – zwei Jahre früher als geplant. Sehr stolz bin ich darauf, dass wir die WLTP-Umstellung extrem professionell umsetzen konnten. Bis auf den M550i gab es keine nennenswerten Produktionsunterbrechungen. Im Vergleich zu unseren Wettbewerbern stehen wir hier sehr gut da.
M hat sich immer mit technischen Einzigartigkeiten ausgezeichnet, und war immer bereit, neue Technologien zu adaptieren, wenn sie sich als besser herausstellen. Als Stichworte sind die Turbo-Aufladung im Vergleich zum Sauger und in gewissen Segmenten der Allradantrieb zu nennen. Das wichtigste ist, dass wir dabei den authentischen M Charakter erhalten und nicht um der Technologie willen bei irgendetwas die ersten sein müssen, um Klischees zu erfüllen oder Buzzwords zu bedienen. Wir setzen Technologie dann ein, wenn wir sie für reif halten und sie uns hilft.

BimmerToday.de: Sie haben jetzt schon die Verkaufszahlen angesprochen, die geknackten 100.000. Dennoch ist klar, dass AMG noch ein paar Autos mehr verkauft. Ist das ein Ziel, die Kollegen zu überholen?
Markus Flasch: Absatz ist für uns weniger wichtig als die Stärke der Marke. Wenn man die Segmente vergleicht, in denen wir ein Angebot haben und der Wettbewerb auch, dann sind wir spitze. In bestimmten Segmenten sind wir bewusst nicht vertreten, schon weil es bei uns keine klassischen Geländewagen gibt. Wir müssen daher nicht auf Biegen und Brechen den Absatz der Wettbewerber erreichen.

BimmerToday.de: Zum Absatz-Wachstum der letzten Jahre haben die M Performance Modelle ganz wesentlich beigetragen. Wenn wir an die aktuelle 3er-Reihe denken, wird es wahrscheinlich demnächst mindestens M340i, M340d, M3, M3 Competition und M3 CS geben. Diese Breite ist aus Sicht des Unternehmens ziemlich teuer – kann man sich das auf Dauer leisten oder findet hier gerade ein Auswahlprozess statt?
Markus Flasch: Das ist in der Tat teuer, aber bei uns muss sich jedes Modell selbst tragen. Wir haben keine strategischen Projekte, die quer finanziert werden. Jedes Auto, das wir anbieten, hat auch einen Business Case. Von daher können wir uns das also auch langfristig leisten. Von den angesprochenen Sondermodellen werden wir in Zukunft noch einige sehen. Diese werden wir übrigens künftig noch näher an den Rennsport bringen.

BimmerToday.de: Gibt es Baureihen, bei denen Sie ein M oder M Performance Modell ausschließen können, beispielsweise ein 2er Active Tourer?
Markus Flasch: Wir werden das immer von Einzelfall zu Einzelfall entscheiden und wir haben keinen Zwang, in jeder Baureihe aktiv zu werden. Wenn es aus unserer Sicht passt und es einen Kundenbedarf gibt, können wir aber vieles machen.

BimmerToday.de: Wie wäre es mit einem BMW X1 M35i, dessen Technik im Grunde bereits für den X2 M35i entwickelt wurde?
Markus Flasch: Auch dieses Modell werden wir uns anschauen und prüfen.

BimmerToday.de: Sind die rennsportnahen Sondermodelle schon ein Thema aus Ihrer Führungszeit oder hat diesen Impuls noch Ihr Vorgänger gesetzt?
Markus Flasch: Das vermischt sich und lässt sich schwer trennen, alleine schon aufgrund unserer Modellzyklen mit Entwicklung und Produktion. Die Möglichkeiten zum Verändern sind immer vorhanden, auch noch kurz vor einem Launch. Strategie ist bei uns selbstverständlich nicht alleine Chefsache, wir haben ein starkes Team.

BimmerToday.de: Wenn wir über Rennsport-nahe Fahrzeuge reden, wird es also auch unter Ihrer Führung genügend Raum für “unvernünftige” Autos wie einen M2 Competition oder M2 CS geben.
Markus Flasch: Da werden wir einiges sehen. Diese unvernünftigen Autos, wie Sie sie nennen, sind sehr charakterprägend. Und es geht vor allem um Charakter, es geht nicht immer nur um Performance. Performance ist ein Teil unserer DNA, aber das was unsere Kunden täglich berührt, ist eher der Charakter als die messbare Performance.

BimmerToday.de: Darf man sich vor diesem Hintergrund auch Hoffnungen auf ein eigenständiges Modell der M GmbH machen? Viele Leute warten seit Jahrzehnten auf einen Nachfolger für den BMW M1, ist so etwas unter Ihrer Führung denkbar oder weiterhin ausgeschlossen?
Markus Flasch: Ausgeschlossen ist gar nichts. Wir haben in unserer Mannschaft viele Leute, die selber Rennsport betreiben, und nicht nur die träumen natürlich davon, einen Supersportler zu machen. Auf der anderen Seite ist M als Marke kommerziell so erfolgreich, dass wir es nicht machen müssen. Wir brauchen kein Halo Car, weil jeder weiß wer wir sind und wofür wir stehen. Solche Projekte müssen natürlich zur richtigen Zeit stattfinden. Ich würde aber auch nicht ausschließen, dass ein eigenständiges M-Modell etwas anderes als ein Supersportwagen ist. Es gibt ja durchaus noch andere Felder, die derzeit unbelebt sind und die wir uns ebenfalls anschauen.

BimmerToday.de: Elektrifizierung spielt derzeit in allen Segmenten und Fahrzeugklassen eine wichtige Rolle, auch der eine oder andere Sportwagen nutzt schon entsprechende Technik. Auch die M GmbH wird an dem Thema nicht vorbeikommen. Können Sie schon sagen, worauf wir uns da freuen dürfen?
Markus Flasch: Ich kann da natürlich noch nichts Konkretes verraten, aber wie ich schon eingangs erwähnte geht es uns nicht darum, bei jedem Thema unbedingt die ersten zu sein. Wir haben zu allen momentan verfügbaren Technologien, egal ob 48-Volt-Bordnetz, Plug-in-Hybride oder batterieelektrischer Antrieb, unsere Vorentwicklungsthemen laufen. Es gibt da mehr Chancen als Risiken für uns und wir sehen da eine rosige Zukunft für uns, weil all diese Technologien Performance-Effekte bieten, die für den Kunden einen echten Nutzen haben. Und wenn die Zeit reif ist, werden wir darüber reden, was genau wir machen. Fest steht aber, dass wir auch unter meiner Führung nur diejenigen Projekte umsetzen, die ein „M“ verdienen und im positiven Sinne charakterprägend für uns sind.

BimmerToday.de: Elektrifizierung sorgt immer auch für höheres Gewicht, weshalb sie von Puristen durchaus kritisch gesehen wird. Einige Kunden wollen lieber “so wenig Technik wie möglich” und haben zum Beispiel gar kein Interesse an Allradantrieb, wie ihn AMG künftig in allen Modellen verbauen will. Ist so etwas auch bei BMW M denkbar oder wird es auch in Zukunft Hecktriebler geben?
Markus Flasch: Für den Hecktriebler gilt das gleiche wie für Handschalter und auch für andere Technologien: Wir schließen nichts aus, so lange es keinen technischen Grund dafür gibt. Wir werden nach wie vor heckgetriebene Autos anbieten. Und in anderen Segmenten werden wir Allradmodelle anbieten, wenn es Sinn macht.

BimmerToday.de: Beim Thema Leichtbau ist die M GmbH schon ziemlich gut aufgestellt, wenn man sich beispielsweise M3 oder M4 ansieht. Ist das ein Bereich, in dem man noch weitere Fortschritte anstrebt – oder sieht man, dass sich der deutlich schwerere Wettbewerb ebenfalls ganz gut verkauft und man vielleicht ein Thema vorangetrieben hat, das für den Absatz gar nicht so wichtig ist wie gedacht?
Markus Flasch: Leichtbau kostet Geld und mancher Wettbewerber gibt seinen Autos lieber ein paar PS mehr als ein paar Kilogramm weniger. Aber da haben wir eine gänzlich andere Philosophie, weil unsere Autos nicht nur längsdynamisch funktionieren müssen. Unsere Autos bestechen auch durch Präzision und Rennstreckentauglichkeit, und dafür spielt Gewicht eine ganz erhebliche Rolle. Deshalb werden wir an unserer Philosophie festhalten und weiterhin intensiven Leichtbau betreiben, mit viel Carbon und sehr viel Aluminium. Leistung allein ist nicht das Rezept für ein M-Modell.

BimmerToday.de: Das heißt wir können für den nächsten M3 und M4 mit noch ein paar Kilogramm weniger rechnen?
Markus Flasch: Da können wir heute noch nicht drüber reden, aber Sie können sich sicher sein, dass die nächste Generation von M3 und M4 sehr dynamisch sein und richtig gut ums Eck gehen wird.

BimmerToday.de: Es war bereits zu hören, dass M3 und M4 in der nächsten Generation sowohl mit Hinterrad- als auch mit Allradantrieb zu haben sein werden. Können Sie das schon bestätigen?
Markus Flasch: Dafür ist es zu früh, aber wir sind da flexibel und technisch darstellbar ist auf jeden Fall beides.

BimmerToday.de: Wo wollen Sie die M GmbH in fünf Jahren sehen, was wollen Sie bis dahin bewegt haben?
Markus Flasch: In fünf Jahren wird M nach wie vor der stärkste Buchstabe der Welt sein. M soll die dominante Marke im High Performance-Segment sein. Wir werden M unter dem richtigen Einsatz der relevanten Technologien in die Zukunft führen. Unsere Autos werden auch in Zukunft durch einen individuellen High Performance-Charakter bestechen und damit hochattraktiv für unsere Kunden bleiben.

BimmerToday.de: Das klingt gut, alles Gute und vielen Dank für das informative Gespräch!

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