Es ist ein Privileg sehr weniger Fahrzeuge, in erster Linie für den puren Genuss gebaut zu werden. Das neue BMW 8er Cabrio G14 zählt zu dieser kleinen, aber ausgesprochen feinen Gruppe von Automobilen, die in jeder Situation weit aus der grauen Masse herausragen – selbst dann, wenn sie wie der Testwagen für unseren ersten Fahrbericht ganz in Grau lackiert sind.
Auch die Proportionen des BMW M850i Cabrio machen deutlich, dass es den Entwicklern nicht in erster Linie um optimale Raumausnutzung oder andere profane Themen gewöhnlicher Autos ging: Die lang gestreckte Motorhaube, die fast schon provozierend flach im Wind liegende Frontscheibe, die kaum einen Millimeter ansteigende Schulterlinie und das knackige Heck machen den offenen 8er schon vor dem Einsteigen zu einem Genuss.
Fahrbericht BMW 8er Cabrio: Genuss-Fahrt im offenen M850i
Wer die langen Türen öffnet und sich auf die edel belederten Sportsitze schwingt, erlebt wenig später die nächste Überraschung. Zumindest, wenn er am Tag zuvor den prinzipiell identisch motorisierten BMW 750Li xDrive gefahren ist. Denn während der V8-Biturbo im 7er vornehme Zurückhaltung zelebriert, geht er im BMW M850i Cabrio von der ersten Sekunde an aus sich heraus: Lautstark, markant und dauerpräsent bollert sich der Achtzylinder unter der 8er-Haube in den Vordergrund.
Schon im Comfort-Modus möchte man daher kaum glauben, wirklich den gleichen Motor vor sich zu haben. Und der Klang wird noch präsenter, wenn man den vielleicht wichtigsten Knopf des Fahrzeugs ein paar Sekunden gedrückt hält und sich das Stoffdach im Kofferraum versenkt – ganz nebenbei, während der Fahrt durch die Stadt und so gut wie geräuschlos. Selbst die im Süden Portugals häufig anzutreffenden Geschwindigkeits-Schwellen bringen die Dach-Mechanik des offenen 8ers dabei nicht aus der Ruhe, was auch am grundsätzlich komfortablen Fahrwerks-Setup liegt.
Ja, der BMW M850i xDrive versteht sich durchaus als Sportwagen. Er verkörpert dabei aber nie den Typ des humorlosen Muskelprotzes, der vor lauter Fokussierung auf Training und Muskelaufbau irgendwann die guten Manieren abgelegt hat. Er interpretiert das Sportwagen-Thema deutlich stilvoller: Stark, agil und in fast jeder Situation deutlich leistungsfähiger als gedacht, aber niemals auf Kosten des angenehmen Gefühls. So bleibt das Fahrwerk stets relativ komfortabel, ohne sich dabei jemals unsportlich anzufühlen.
Auch die Lenkung arbeitet in keinem Fahrmodus übertrieben direkt. Um die Mittellage herum bleibt immer etwas Spiel, um nicht permanent mit voller Konzentration arbeiten zu müssen. Kein Zweifel: Der offene 8er will sportlich genossen werden, auf keinen Fall mit zu viel Direktheit nerven. In den sportlichen Fahrmodi bietet die Lenkung eine deutlich direktere Rückmeldung, verführt den Fahrer aber dennoch nicht zur Jagd nach Zehntelsekunden.
Statt Rundenzeiten steht das Fahrerlebnis im Vordergrund, woran der Klang und der Druck des Achtzylinders entscheidenden Anteil haben. Mit geöffnetem Verdeck und aktiviertem Sport Plus-Modus verwöhnt das neue BMW M850i Cabrio seine Insassen mit einem Klang, der eigentlich vergnügungssteuerpflichtig sein müsste – es mag durchaus sein, dass ein Teil der Klänge vom Bowers & Wilkins Diamond Surround Sound System künstlich verstärkt wird, aber das trübt den Genuss kein bisschen und dürfte den Kunden eines Luxus-Cabriolets von diesem Kaliber herzlich egal sein.
Warum das BMW 8er Cabrio so gut mit Kurven umgehen kann, klärt eine kurze Rückfrage bei den Entwicklern: Ja, die Steifigkeit bewegt sich praktisch auf dem gleichen Niveau wie im Fall des Coupés! Ganze zwei Prozent verwindungssteifer ist der permanent geschlossene Zweitürer, weil das Cabrio über ein zusätzliches Schubfeld unter der Vorderachse, steifere A-Säulen und einen Torsionsring über der Hinterachse verfügt. Das Ergebnis ist ein Fahrverhalten, das völlig vom manchen Cabrios innewohnenden Hang zur Verwindung befreit ist.
Und so ertappt man sich früher oder später doch dabei, das G-Meter im Tacho-Display probieren zu wollen. Hierbei zeigt sich schnell, dass der äußere Rand der Skala mit 0,6 g viel zu eng gezogen ist, um dynamische Fahrer wirklich zu reizen. Leider funktioniert in Verbindung mit der neuen iDrive-Generation 7.0 auch die M Laptimer App nicht mehr, weshalb für eine exakte Analyse des Fahrstils auf andere Dienste zurückgegriffen werden muss.
Die Verwunderung hierüber verschwindet am Steuer des BMW M850i Cabrio allerdings ebenso schnell wie die Frage, warum die Münchner bei einem Luxusauto auf einen elektrischen Gurtbringer verzichtet haben. Hat man sich per “Hey BMW” die eigene Lieblingsmusik auf die Ohren und per Knopfdruck die warme Luft des Nackenwärmers an den Hals geholt, überwiegt zweifellos die Freude am Fahren. So ist der offene aus unserer Sicht auch der bessere 8er, weil er im Gegensatz zum Coupé auf übertriebene Sport-Ambitionen verzichtet, den Genuss ganz offensiv in den Vordergrund rückt und die Dynamik dennoch nicht zu kurz kommen lässt.