Die 24 Stunden von Daytona 2019 waren wohl für keinen Fahrer so emotional wie für Alex Zanardi. Der BMW Markenbotschafter durfte den legendären Langstrecken-Klassiker am Steuer eines speziell für ihn modifizierten M8 GTE fahren und dabei ein weiteres Mal zeigen, dass er sich von Kleinigkeiten wie zwei fehlenden Beinen nicht aufhalten lässt.
Auch wenn das Rennen nicht optimal lief und nach mehreren kleineren Problemen am Ende nur der neunte Rang der GTLM-Klasse zu Buche stand, war Zanardi der Star des Wochenendes. Dass es noch besser hätte laufen können, zeigten die Teamkollegen im zweiten BMW M8 GTE, die mit mehr Rennglück ausgestattet waren und völlig unverhofft gewinnen konnten.
Wie Alex Zanardi selbst das Rennen erlebt hat, erzählt er im offiziellen Interview von BMW Motorsport:
Alessandro, das große Abenteuer ist vorbei. Was war Ihr Highlight beim 24-Stunden-Rennen in Daytona?
Alessandro Zanardi: „Es ist schwierig, da eine einzelne Sache hervorzuheben. Das Highlight ist, was ich mit nach Hause nehme: die Eindrücke dieses gesamten Projekts. Vom Einsatz jedes einzelnen Teammitglieds, das mir das Gefühl gegeben hat, in diesem Abenteuer herzlich willkommen zu sein. Von all dem Engagement und der harten Arbeit der Ingenieure in München. Es war fantastisch, dieses Abenteuer gemeinsam mit diesen Leuten zu bestreiten, die echte Freunde sind. Als bekannt wurde, dass ich in einem der beiden Werksautos antreten werde, rückte mein Stolz natürlich erst einmal in die zweite Reihe, hinter die Verantwortung, die ich dadurch hatte. Doch es war vom Anfang bis zum Ende einfach nur fantastisch. Zu all dem kommt die Unterstützung, die ich von den amerikanischen Fans, der IMSA und sogar unseren Mitbewerbern bekommen habe – alle haben mir gezeigt, dass sie sich riesig freuen, mich dabei zu haben. Das alles steht noch über dem sportlichen Ergebnis, das wir angepeilt haben. Und das leider nicht so gekommen ist, aber so ist das im Motorsport.“
Auch wenn Ihr Auto nicht das erhoffte Ergebnis erreicht hat, haben Sie ein strahlendes Lächeln im Gesicht. Denn Ihr BMW Team RLL hat ihn geholt, den lang ersehnten Sieg in diesem 24-Stunden-Rennen. Wie glücklich sind Sie darüber?
Zanardi: „Extrem glücklich. Ich freue mich riesig für das gesamte Team. Und da ich ein Teil des Teams bin, fühle ich mich auch ein kleines bisschen wie ein Sieger, und das nehme ich mit zurück nach Italien. Ich bin sehr stolz für BMW. Ich bin sehr stolz auf all die harte Arbeit und das Engagement, das hinter diesem Erfolg steht. Und gleichzeitig tut es mir sehr leid für dieselben Leute, die so hart gearbeitet und mein Auto, meine Steuersysteme und alles mit so viel Leidenschaft vorbereitet haben. Denn dann hatten wir die Probleme. Das war sehr unglücklich, aber wie ich gerade sagte: Das ist Motorsport.“
Was war in diesem Projekt die größte Herausforderung?
Zanardi: „Sich im Rennen aus allen Problemen herauszuhalten. Das gilt immer bei einem 24-Stunden-Rennen. Aber bei diesen extrem schwierigen Bedingungen hatte ich das Gefühl, dass ich verwundbarer bin als alle anderen im Feld, die mehr Erfahrung haben als ich. Das kam noch zu meinem persönlichen Problem dazu. Doch es ist mir gelungen, keine Fehler zu machen und eine recht gute Performance abzuliefern. Und darauf bin ich stolz.“
Gab es etwas in diesem Projekt, das Sie überrascht hat?
Zanardi: „Ja, das war, als ich das erste Mal wieder in München war, nachdem wir zuvor bei einem Meeting alles durchgesprochen haben. Ich habe mich ins Auto gesetzt, und alles hat einfach schon perfekt gepasst. Auf der einen Seite nennt man das Technologie – die Tatsache, dass man die Möglichkeit hat, Dinge wesentlich schneller zu entwerfen und anzufertigen als früher. Aber um das zu schaffen, braucht es auch Neugier, Leidenschaft und Engagement. Diese Dinge zeichnen alle Leute bei BMW M Motorsport aus. So etwas kann man nicht kaufen.“
Schauen wir nach vorn: Was steht für Sie nach diesem Projekt jetzt auf dem Programm?
Zanardi: „Nun, es ist Zeit, das Training wieder aufzunehmen, denn meine Muskeln sind etwas aus der Übung. Mein Ziel sind die nächsten Paralympischen Spiele, und es gilt, sich darauf vorzubereiten. Doch dies war die perfekte Gelegenheit für mich, eine kleine Auszeit vom Paracycling zu nehmen und mein Herz mit neuem Enthusiasmus zu füllen. Ich werde die Zeit nun nutzen, wieder in Wettkampfform zu kommen. Und dann habe ich hoffentlich eine gute Saison, in der ich die nötigen Punkte sammle, um mich für die Paralympischen Spiele in Tokio zu qualifizieren.“