Das vergangene Jahr war für BMW Motorsport von einigen Höhen und Tiefen geprägt, wie üblich sind die Fahrzeuge mit dem weiß-blauen Logo in verschiedensten Rennserien an den Start gegangen. Im offiziellen Interview zum Jahreswechsel spricht BMW Motorsport-Chef Jens Marquardt über die abgelaufene Saison, wirft aber auch einen Blick auf die kommenden Rennen in zum Teil völlig neuen Rennserien wie der erstmals mit einem BMW Werksteam ausgestatteten Formel E.
Die neue Motorsport-Saison 2019 beginnt direkt mit einem Highlight, denn beim 24 Stunden-Rennen von Daytona wird einer der BMW M8 GTE mit Alex Zanardi am Steuer ins Rennen geschickt. Aber auch in etablierten Rennserien wie der DTM weht 2019 ein anderer Wind, was schon allein an der Einführung des neuen 2-Liter-Turbo-Motors liegt. Wie sich die Kräfteverhältnisse zwischen Audi und BMW nach dem Ausstieg von Mercedes darstellen, dürfte maßgeblich an der Performance des neuen Triebwerks liegen.
Herr Marquardt, ein ereignisreiches Motorsport-Jahr mit vielen Höhepunkten für BMW geht zu Ende. Welche Momente haben sich bei Ihnen besonders eingeprägt?
Jens Marquardt: „Da gibt es einige, denn die Saison 2018 war für BMW Motorsport mit einem umfangreichen Programm vom allerersten Rennen an sehr intensiv. Ich denke natürlich besonders gerne an große Siege zurück – so wie den Doppelerfolg des BMW M6 GT3 beim 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps, den ersten Triumph des BMW M8 GTE in den USA, den Gewinn des FIA GT World Cup in Macau oder Timo Glocks DTM-Sieg in Hockenheim nach dem epischen Duell mit Gary Paffett. Besonders sticht der Triumph von António Félix da Costa in unserem allerersten Formel-E-Rennen überhaupt heraus. Zum ersten Mal betreibt BMW Rennsport mit vollelektrischen Fahrzeugen, auf Anhieb haben wir gewonnen. Wir haben damit in diesem Jahr BMW Motorsport Geschichte geschrieben. Natürlich waren auch das Gastspiel von Alex Zanardi in der DTM oder unsere Rückkehr zu den 24 Stunden von Le Mans etwas ganz Spezielles. Kurzum: Sowohl im BMW i Motorsport als auch im BMW M Motorsport haben wir 2018 viele großartige Momente erlebt.“
Am frischesten dürften Ihre Erinnerungen an den Formel-E-Saisonstart sein. Wie haben Sie dieses Wochenende erlebt?
Marquardt: „Der erste Einsatz mit einem neuen Rennwagen wie dem BMW iFE.18 ist immer besonders spannend. Umso mehr, als dass unser Debüt in der Formel E auch ein Stück historisch zu sehen ist: Zum einen ist dies unsere erste Saison im elektrischen Rennsport. Und zum anderen markiert es auch unseren Wiedereinstieg in den Formelsport nach knapp zehn Jahren. Schon bei den Tests hatten wir ein gutes Gefühl. Die Hoffnung war da, mit unserem BMW i Antriebsstrang von Anfang an ganz vorne mitmischen zu können. Und so kam es dann beim Auftakt in Ad Diriyah auch. António Félix da Costa hat BMW i Andretti Motorsport gleich im ersten Formel-E-Rennen die Poleposition und dann auch den Sieg beschert. Das war der perfekte Abschluss für unsere Saison 2018 – und der perfekte Start in unser Formel-E-Projekt.“
Welche Bedeutung hat dieser Erfolg für Sie?
Marquardt: „Ich bin darauf ganz besonders stolz – und auf die ganze Mannschaft, die dahinter steht. Denn ich weiß, wie viel Herzblut aller Beteiligten in diesem Projekt steckt. Bei BMW ist das Formel-E-Engagement anders organisiert als bei den anderen Herstellern: Noch nie haben BMW Entwickler aus dem Rennsport und aus der Serie so eng zusammengearbeitet wie beim Formel-E-Projekt. In unserem ‚TechLab’ sprudeln die Ideen nur so. Das Besondere: Dieselben Ingenieure, die die E-Komponenten des Racing eDrive01 Antriebsstrangs entwickelt haben, arbeiten auch an den zukünftigen Elektroantrieben der BMW Group. Herausgekommen ist ein hocheffizienter und leistungsfähiger BMW i Antriebsstrang, der – wie wir im ersten Rennen gesehen haben – aus dem Stand für Siege gut ist. Wir haben auch auf der Rennstrecke gezeigt, dass BMW in Sachen Elektromobilität zu den weltweit führenden Herstellern gehört. Dieser Erfolg gibt sowohl unseren Serien- als auch unseren Rennsport-Entwicklern einen unheimlichen Schub. Jetzt wollen wir so weitermachen.“
Und das war nicht die einzige Premiere für BMW Motorsport in diesem Jahr…
Marquardt: „Richtig. Auch der BMW M8 GTE fuhr 2018 seine ersten Rennen. Der Start bei den 24 Stunden von Le Mans, wo wir in Sachen Speed bis knapp zur Halbzeit ganz vorne mitkämpfen konnten, war dabei zweifelsohne der Höhepunkt. An gleicher Stelle wurde das neue BMW 8er Coupé vorgestellt. In dieses Modell und in den BMW M8 sind viele Erfahrungen von der Strecke eingeflossen, die wir in der Entwicklung des BMW M8 GTE und im Renneinsatz gesammelt hatten. In der IMSA-Serie folgten im Jahresverlauf dann auch die ersten Siege für unser Top-Modell im GT-Sport. Im Kundensport feierte außerdem der BMW M4 GT4 seine Premiere in der Hand unserer Kundenteams und -fahrer. Seine Erfolgsbilanz im ersten Jahr war einfach sensationell. Überall auf der Welt konnte das neue Auto Siege und Titel feiern. Mit diesem Fahrzeug haben wir voll ins Schwarze getroffen.“
Und in der DTM?
Marquardt: „Da war auf und neben der Strecke ebenfalls eine ganze Menge los. Entscheidend ist das Ergebnis: Die Zukunft der DTM ist gesichert, 2019 wollen wir mit unserem neuen Zwei-Liter-Turbomotor gegen alte und neue Konkurrenten wieder jene Siege holen, die uns in der diesjährigen Saison noch gefehlt hatten, um in den Titelkampf eingreifen zu können. Es wird die Serie noch stärker machen, dass wir uns nun alle wieder voll auf das Sportliche konzentrieren können. Jetzt geht es wieder nur ums Racing.“
Wie passen BMW i Motorsport und BMW M Motorsport für Sie zusammen?
Marquardt: „Für uns ist elementar, dass wir auf beiden Motorsportfeldern nicht als Selbstzweck aktiv sind. Es muss der Nutzen für das Unternehmen im Vordergrund stehen. In beiden Bereichen ist die Technologie die entscheidende Triebfeder. Der BMW M8 GTE ist der Wegbereiter für sein Serienpendant, die Formel E ist unser ‚TechLab’ für iNEXT und künftige Fahrzeuggenerationen von BMW i. Der enge Schulterschluss zwischen Serie und Rennsport steht für uns immer im Zentrum, damit sich jeder Rennkilometer und die Erfahrungen, die wir dabei sammeln, auch für BMW Kunden lohnen. Insgesamt sind wir strategisch sehr gut aufgestellt. BMW i Motorsport und BMW M Motorsport passen auch optisch sehr gut zusammen. Dafür sorgen Parallelen beim Design all unserer Fahrzeuge, ganz gleich, ob mit Elektro- oder Verbrennungsmotor. Dazu zählt das mattschwarze Cockpitelement, das sowohl beim BMW iFE.18 als auch bei unseren BMW M Rennfahrzeugen von BMW M4 DTM bis BMW M4 GT4 zu finden ist. Diese visuelle Klammer beim Design finde ich großartig. Sie steht quasi als Symbol dafür, wie beide Welten auch inhaltlich zusammenpassen.“
Was wird das neue Jahr in Sachen Motorsport bei BMW bringen?
Marquardt: „Hoffentlich bringt die neue Saison den BMW Motorsport Fans wieder spannende Rennen, Siege und vielleicht auch Titel. Auf jeden Fall geht es 2019 von Anfang an Schlag auf Schlag: Zwei Formel-E-Rennen und das 24-Stunden-Rennen von Daytona mit Alex Zanardi im Januar, dann unsere Premiere in der Intercontinental GT Challenge mit Walkenhorst Motorsport und dem BMW Team Schnitzer in Bathurst Anfang Februar. Und mit dieser hohen Frequenz geht es das ganze Jahr weiter. Wir freuen uns riesig auf die neue DTM mit BMW Turbo Power, das große Finale der ‚WEC Super Season’ mit dem BMW M8 GTE in Le Mans und vieles, vieles mehr. So vielseitig und mit derart vielen Anknüpfungspunkten an die Serienentwicklung war BMW Motorsport wohl noch nie aufgestellt. Es wird in jedem Fall wieder ein ereignisreiches Jahr.“