In ungewohnt scharfem Ton hat BMW Finanzvorstand Nicolas Peter die Rabatt-Politik der Wettbewerber auf dem europäischen Markt kritisiert. Ohne Audi, Mercedes oder einen anderen direkten Wettbewerber beim Namen zu nennen, warf der BMW-Vorstand für Finanzen den Rivalen unmissverständlich die Durchsetzung ruinöser Preise vor. Ursächlich für die ungewohnt hohen Rabatten im Premium-Segment war die Umstellung auf den neuen Messzyklus WLTP.
Da seit dem 1. September 2018 nur noch Fahrzeuge mit entsprechender Zertifizierung als Neuwagen angemeldet werden dürfen, pressten viele Hersteller ihre bereits gebauten Fahrzeuge als Tageszulassungen mit hohen Nachlässen in den Markt. Für die BMW Group, die in Sachen WLTP-Umstellung deutlich weiter fortgeschritten war als viele andere Hersteller, gab es so trotz verkaufbarer Fahrzeuge nur eine Konsequenz: Anstatt Neuwagen unter Wert an Kunden in Europa abzugeben, verkauft man sie lieber in anderen Regionen zu regulären Preisen mit sinnvoller Gewinnmarge.
In seiner Rede zur Vorstellung des Quartalsberichts Q3 2018 kam Nicolas Peter mehrfach auf das Thema WLTP-Umstellung und seine Auswirkungen auf das Ergebnis der BMW Group zu sprechen und nahm dabei kaum ein Blatt vor den Mund:
Das im dritten Quartal zunehmend schwierigere Marktumfeld hat die Ergebnisentwicklung in der gesamten Automobilindustrie, und damit auch bei der BMW Group, beeinflusst. Im September haben wir daher unsere Jahresprognose angepasst. Entsprechend dieser neuen Guidance liegen wir mit dem Ergebnis der ersten neun Monate im Plan für unsere Jahresziele.
Das Konzernergebnis vor Steuern liegt per September bei 7,88 Mrd. Euro. Damit ist es zwar niedriger als im Vorjahr, aber immer noch das zweithöchste Neun-Monats-Ergebnis unserer Geschichte. Auch bei der EBIT-Marge im Automobilsegment liegen wir mit 7,6% auf Kurs für unsere angepasste Guidance von mindestens 7% im Gesamtjahr.
Wir nehmen die aktuellen Herausforderungen an und fokussieren uns sowohl auf unser operatives Geschäft als auch auf die Zukunftsorientierung. Letztere hat absolute Priorität. Daher werden wir wie avisiert in diesem Jahr insgesamt rund eine Milliarde Euro mehr für Forschung und Entwicklung neuer Technologien ausgeben. Wie schon Anfang des Jahres angekündigt, ist die F&E-Quote im dritten Quartal auf 6,9% angestiegen.
Uns war von Beginn an klar: 2018 wird nicht leicht. Neben den hohen Vorleistungen für Zukunftsthemen belasten uns wie erwartet negative Währungs- und Rohstoffeffekte im höheren dreistelligen Millionenbereich. Die ohnehin herausfordernden Rahmenbedingungen haben sich im Laufe des Sommers jedoch noch einmal deutlich verschärft.
Die WLTP-Umstellung hat den europäischen Markt vollkommen aus dem Gleichgewicht gebracht. Obwohl unsere Fahrzeuge frühzeitig und termingerecht zertifiziert wurden, konnten wir uns von der Marktentwicklung nicht abkoppeln. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht jeden Preiskampf mitzugehen. Die BMW Group hat umgehend auf diese veränderte Situation reagiert und frühzeitig das Produktionsvolumen angepasst. Durch diese vorausschauende Planung ist es uns gelungen, unsere Lagerbestände im dritten Quartal um knapp 20.000 Einheiten abzubauen. Der Handelsstreit zwischen den USA und China belastet die globale Wirtschaft. Aufgrund der unterschiedlichen Produktionsstandorte sind nicht alle Wettbewerber in gleichem Maße betroffen. Zudem hat die volatile handelspolitische Lage bei den Kunden im dritten Quartal für Verunsicherung gesorgt. Wie angekündigt haben wir unsere Rückstellungen für Gewährleistung und Kulanz deutlich erhöht, um angemessen bilanzielle Vorsorge zu treffen.
Auf der Kostenseite haben wir bereits frühzeitig begonnen gegenzusteuern. Neben einer verschärften Priorisierung sind in den letzten Monaten sowohl kurz- als auch langfristige Maßnahmen beschlossen worden. Angesichts der beschriebenen Herausforderungen werden weitere Anstrengungen nötig sein, um die Profitabilität zu stützen.
Kommen wir nun zum Konzernabschluss für die ersten neun Monate im Detail. Der Umsatz liegt per September bei 72,46 Mrd. Euro und damit, beeinflusst von Wechselkurseffekten, leicht unter dem Vorjahreswert. Währungsbereinigt ist der Umsatz um 1,5% gestiegen. Vor dem Hintergrund der gerade genannten Faktoren liegt das Vorsteuerergebnis zum Stichtag im Rahmen unserer Erwartungen bei 7,88 Mrd. Euro. Im Quartal beläuft es sich auf 1,85 Mrd. Euro. Ungeachtet der herausfordernden externen Rahmenbedingungen bleibt die BMW Group auf Zukunftskurs. Vorleistungen in die Weiterentwicklung der E-Mobilität und das autonome Fahren sind die Voraussetzung für den Erfolg von morgen. Die Forschungs- und Entwicklungsleistungen sind dementsprechend per September wie geplant auf rund 4,45 Mrd. Euro gestiegen.
Die ergebniswirksamen F&E-Kosten liegen um knapp 400 Mio. Euro über Vorjahr. Entsprechend hat sich die F&E Quote in den ersten drei Quartalen auf 6,1% erhöht. Die Investitionen sind im gleichen Zeitraum leicht auf 2,89 Mrd. Euro angestiegen. Die Investitionsquote liegt bei 4,0%. Hier schlagen sich insbesondere Produkt- und Strukturinvest für den neuen X3 sowie Vorbereitungen für den Anlauf des X5 und des X7 nieder. Im vierten Quartal werden die Investitionen aufgrund der Produktionsstarts unserer neuen 3er-Reihe und der 8er Modelle wie geplant noch einmal steigen. Die EBT-Marge auf Konzernebene beläuft sich auf 10,9%.
Nun noch kurz zu den einzelnen Segmenten. Das Automobilsegment verzeichnete in den ersten neun Monaten 2018 einen leichten Anstieg der Auslieferungen auf über 1,83 Mio. Fahrzeuge. Bereinigt um Wechselkurseffekte legte der Segmentumsatz mit 2,9% ebenfalls leicht zu. Der unbereinigte Wert liegt mit rund 62,63 Mrd. Euro auf Vorjahresniveau. Hier macht sich unter anderem das schwierige Preisumfeld in Europa infolge der WLTP-Umstellung bemerkbar. Gestiegene Aufwendungen im Zusammenhang mit Kulanz- und Gewährleistungsmaßnahmen haben die Umsatzkosten erhöht. Wie angekündigt liegen zudem auch die F&E-Kosten deutlich über Vorjahr. Erhöhte Zollsätze infolge der handelspolitischen Verwerfungen haben das Ergebnis zusätzlich belastet.
Das operative Segmentergebnis ist im dritten Quartal auf 930 Mio. Euro gesunken. In der Folge liegt es per September mit 4,73 Mrd. Euro ebenfalls unter Vorjahr. Die EBIT-Marge liegt mit 7,6% per September wie bereits angesprochen im Rahmen unserer neuen Guidance. Im Finanzergebnis haben sich die Geschäfte unseres chinesischen Joint Ventures BBA mit einem Plus von 11,7% in den ersten neun Monaten positiv entwickelt. Das Vorsteuerergebnis im Automobilsegment beläuft sich in den ersten neun Monaten auf 5,35 Mrd. Euro.
Noch kurz zur Kapitalflussrechnung: Im Free Cashflow macht sich vor allem der niedrigere Überschuss bemerkbar. Er beträgt per September dennoch rund 2,04 Mrd. Euro.
Im Quartal liegt der Free Cashflow bei knapp 100 Mio. Euro. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen streben wir weiterhin einen Jahreswert von 3 Mrd. Euro an. Es muss aber auch klar sein: Vor dem Hintergrund des anspruchsvollen Umfelds wird dies kein Selbstläufer.
Im Segment Finanzdienstleistungen hat sich das Geschäft mit Endkunden weiter erfreulich entwickelt. Insgesamt wurden zum Stichtag 5,14 Mio. Verträge betreut, 4,4% mehr als zu Jahresbeginn. Vor allem in China erhöhte sich der Vertragsbestand deutlich um fast 17%. Entsprechend legte die Zahl der neuen Finanzierungsverträge im dritten Quartal deutlich zu, während beim Leasing ein leichter Anstieg zu verzeichnen war. Das Vorsteuerergebnis von Januar bis September 2018 lag mit 1,7 Mrd. Euro leicht unter Vorjahr. Hier haben sich unter anderem Wechselkurseffekte negativ ausgewirkt. Die Risikosituation hat sich wie erwartet insgesamt stabil entwickelt. In Europa ist die Restwertentwicklung wie im Vorquartal in einigen Märkten leicht rückläufig, während sich die Gebrauchtwagenpreise in Nordamerika etwas erholten. In Asien ist weiterhin eine stabile Entwicklung zu beobachten.
Kommen wir noch kurz zum Segment Motorräder. Trotz des Modellwechsels in der Mittelklasse liegen die Auslieferungen auf dem hohen Vorjahresniveau. Das operative Ergebnis beträgt 208 Mio. Euro. Die EBIT-Marge liegt bei 12,5%.
Meine Damen und Herren,
die Rahmenbedingungen für die Automobilindustrie bleiben herausfordernd. Handelsbarrieren, WLTP-Umstellung, Diskussionen um Emissionen und Grenzwerte erschweren das Geschäft. Die BMW Group hat frühzeitig reagiert und sowohl kurz- als auch langfristige Maßnahmen innerhalb des Unternehmens gestartet. Durch gezielte Programme stärken wir die Vertriebsseite. Gleichzeitig haben wir unsere Gegenmaßnahmen auf der Kostenseite intensiviert. Durch unser internationales, flexibles Produktionssystem und die hohe Kapazitätsauslastung sind wir in der Lage, uns zeitnah auf neue Situationen einzustellen.Wir beobachten insbesondere die handelspolitischen Entwicklungen sehr genau. Sollten sich die Bedingungen wesentlich verschlechtern, können Auswirkungen auf unsere Prognose nicht ausgeschlossen werden.
Vor diesem Hintergrund sieht unser Ausblick für das Gesamtjahr wie folgt aus: Im Konzern erwarten wir ein Ergebnis vor Steuern, das moderat unter dem hohen Vorjahresniveau liegt. Mögliche positive Ergebniseffekte aus einer behördlichen Freigabe und eines Closing im Jahr 2018 für das geplante Joint Venture für Mobilitätsdienste sind weiterhin nicht in diesem angepassten Ausblick enthalten. Im Segment Automobile gehen wir von einem leichten Anstieg bei den Auslieferungen sowie einer EBIT-Marge von mindestens 7% aus. Der Umsatz wird voraussichtlich leicht unter Vorjahr liegen. Im Segment Motorräder erwarten wir einen leichten Anstieg bei den Auslieferungen sowie eine EBIT-Marge im Korridor von 8-10%. Und bei Financial Services streben wir einen Return on Equity über unserem Zielwert von 14% an.
Meine Damen und Herren,
Sie kennen uns als verlässliches und transparentes Unternehmen. Diesem Grundsatz bleiben wir auch in herausfordernden Zeiten treu. Wir sprechen Risiken offen an und steuern konsequent gegen. Wir gehen in einem hochvolatilen Umfeld in das letzte Quartal. Wir können nicht ausschließen, dass uns einige der genannten Faktoren auch über das Jahr 2018 hinaus belasten werden.Positive Effekte werden im kommenden Jahr aus der Erneuerung unserer Produktpalette kommen. Bei wichtigen Modellen steht jetzt der Generationswechsel an. Am Jahresende läuft der Nachfolger der erfolgreichen 3er Reihe in unseren Werken an. Die weiteren 8er Modelle gehen noch in diesem Jahr in Produktion. In den vergangenen Monaten ist zudem der neue X3 erfolgreich in drei Werken angelaufen.
Mit dem X5 und dem X7 stehen weitere, deckungsbeitragsstarke Fahrzeuge in den Startlöchern. Hier erwarten wir uns frisches Momentum für das nächste Geschäftsjahr.
Die gesamte Automobilindustrie ist derzeit mit herausfordernden Rahmenbedingungen konfrontiert. Die BMW Group ist und bleibt ein leistungsstarkes Unternehmen. Auch in stürmischen Zeiten behalten wir unsere langfristigen Ziele fest im Blick und setzen unseren Kurs konsequent fort.
Vielen Dank.