BMW 3er G20: Produktmanager Stephan Horn im Interview

BMW 3er | 2.10.2018 von 8

Der neue BMW 3er G20 kommt 2019 mit viel neuer Technik, deutlich verändertem Design und einem ähnlich hohen Anspruch wie bisher: Der 3er soll die …

Der neue BMW 3er G20 kommt 2019 mit viel neuer Technik, deutlich verändertem Design und einem ähnlich hohen Anspruch wie bisher: Der 3er soll die eindeutig sportlichste Mittelklasse-Limousine der Welt sein, gleichzeitig aber in keinem anderen Bereich Kompromissbereitschaft verlangen. Egal ob autonomes Fahren, Infotainment oder Effizienz – der 3er bleibt auch in seiner siebten Generation ein Allrounder, der keinem Vergleich mit seinen Wettbewerbern aus dem Weg geht.

Wo die Schwerpunkte der Entwicklung lagen, was dabei erreicht wurde und wie die neue Technik im Detail funktioniert, konnten wir bereits vor ein paar Tagen mit Produktmanager Stephan Horn besprechen. In unserem Interview kommen alle wichtigen Features des BMW 3er G20 zur Sprache, weshalb es sich auch für alle lohnt, die bisher keine Zeit zum Lesen unserer ausführlichen Vorstellung gefunden haben.

BimmerToday.de: Der 3er ist ein besonderes Auto für BMW. Das Volumenmodell, das Kernmodell und wenn man so will “der” BMW. In welchen Disziplinen wollen Sie sich besonders deutlich vom erfolgreichen Vorgänger unterscheiden?
Stephan Horn: Wir wollten uns im Thema Fahrdynamik weiterentwickeln und damit eine der wichtigsten Stärken weiter stärken. Beim Design wollten wir die 3er-typischen Proportionen beibehalten, aber uns stark vom Vorgänger und auch vom aktuellen 5er differenzieren. Ein dritter Punkt sind die Innovationen, die das Fahrzeug gut für seinen gesamten Lebenszyklus rüsten.

BimmerToday.de: Bei den von außen sichtbaren Innovationen fallen direkt die Scheinwerfer ins Auge, die immer in LED-Technik ausgeführt sind. Optional gibt es sogar Laser-Scheinwerfer, die niemand sonst in dieser Klasse bietet.
Stephan Horn: Ja, die Laser-Scheinwerfer bieten mit etwa 530 Metern nahezu die doppelte Fernlicht-Reichweite und sind auch mit Selective Beam ausgestattet, andere Verkehrsteilnehmer können also ausgeblendet werden.

BimmerToday.de: Im Innenraum fallen vor allem die beiden großen Displays auf, auch das Head-up-Display ist deutlich größer geworden. Alle Systeme nutzen das BMW Operating System 7.0. Kann man sagen, dass der neue BMW 3er im Bereich Infotainment mindestens auf Augenhöhe mit dem 5er unterwegs ist – wenn nicht sogar darüber?
Stephan Horn: In seiner Klasse ist der 3er auf jeden Fall herausragend. Im Vergleich zum 5er ist der 3er nun ebenfalls einen Schritt weiter, bis der 5er sein nächstes Update erhält. Das ist der Lauf der Dinge, weil bei uns das jeweils neueste Auto den neuesten Stand der Technik erhält. Wir können ja nicht mit der Integration im 3er so lange warten, bis die Systeme auch in allen höheren Fahrzeugklassen integriert sind.

BimmerToday.de: Dank “Hey BMW” wird auch die Sprachsteuerung noch einfacher…
Stephan Horn: Ja, aber nicht nur die. Das Fahrzeug lernt mit dem Intelligent Personal Assistant meine Gepflogenheiten, also zum Beispiel bei welchen Temperaturen ich die Sitzheizung auf welchem Grad einschalte, wie ich die Klimatisierung nutze und so weiter, das Auto wird also viel intelligenter, lernt mit dazu. Dazu gehört auch, an welchen Stellen auf meiner täglichen Fahrt ich nur kurz halte, zum Beispiel an der Schranke zur Einfahrt am Büro, und schaltet den Motor dort nicht ab. Über die Zeit werden wir over-the-air noch weitere Software-Upgrades nachschieben, um das System immer leistungsfähiger und damit das Leben unserer Kunden einfacher zu machen.

BimmerToday.de: Das Leben einfacher machen sollen auch die Assistenzsysteme, was kann der neue BMW 3er G20 in dieser Hinsicht?
Stephan Horn: Fangen wir an mit dem Parkassistent, der jetzt auch ausparken kann und über einen Rückfahr-Assistenten verfügt. Wenn man auf einer engen Straße oder in einem Parkhaus zurückfahren möchte, ist das kein Problem: Bei Geschwindigkeiten unter 36 km/h werden die letzten 50 Meter immer gespeichert und können auf Knopfdruck wieder rückwärts gefahren werden. Unser Driving Assistant Professional nutzt jetzt eine trifokale Kamera und Radarsysteme und geht damit den nächsten Schritt in Richtung automatisiertes Fahren. Der Fahrer ist weiterhin verantwortlich, es ist also noch kein autonomes Fahren, aber das System unterstützt in sehr vielen Situationen.

BimmerToday.de: Das heißt, dass das Fahrzeug länger autonom fahren kann, ohne den Fahrer zum erneuten Griff ans Lenkrad aufzufordern?
Stephan Horn: Genau. In Europa ist es leider aus regulatorischen Gründen nicht erlaubt, aber in den USA und China darf der Fahrer außerorts bei baulich getrennten Fahrbahnen mit mindestens zwei Fahrspuren bis zu 60 km/h unlimitiert „hands off“ fahren. Wie lange das in Europa zulässig ist, hängt von der Fahrsituation ab, das reicht bis zu einer halben Minute.

BimmerToday.de: Das Fahrzeug kann auch per Digital Key geöffnet und geschlossen werden. Können Sie dazu ein paar mehr Details sagen?
Stephan Horn: Der Digital Key nutzt die Near Field Communication-Technik, also NFC. Er steht zunächst für diverse Samsung-Smartphones zur Verfügung. Bis zu fünf Schlüssel können auf einem Telefon verwaltet und zum Beispiel auch zeitlich begrenzt an Freunde oder Bekannte weitergegeben werden. Wenn ich mehrere BMWs in meinem Fuhrpark habe, muss ich dennoch nur ein Telefon bei mir haben und kann alle benutzen. Der Digital Key kann das Fahrzeug öffnen, schließen und auch starten, wenn sich das Telefon am NFC-Sensor in der Telefonablage vor den Cupholdern befindet.

BimmerToday.de: Den Display-Key aus anderen Baureihen gibt es im 3er nicht, wieso das?
Stephan Horn: Darauf haben wir verzichtet, weil der Trend aus unserer Sicht ohnehin in Richtung Smartphone geht. Als Alternative dazu gibt es natürlich einen modernen Autoschlüssel, aber ohne Display.

BimmerToday.de: Schon vor ein paar Monaten war zu hören, dass die Varianten-Vielfalt beim BMW 3er G20 um bis zu 80 Prozent reduziert werden soll. Können Sie ein paar Beispiele dafür nennen, wo Varianten-Reichtum reduziert wurde und Angebote entfallen?
Stephan Horn: Diese Zahl ist sicher sehr hoch gegriffen, aber unser Ziel ist es die Komplexität deutlich zu reduzieren. Das fängt schon damit an, dass wir sehr viele Features bereits in die Serienausstattung integriert haben. Beispiele dafür wären das Lichtpaket mit Leseleuchten im Fond und beleuchteten Türgriffen, die umklappbaren Kopfstützen im Fond, die im Verhältnis 40:20:40 teilbare Rückbank, die Fußmatten, die USB-Anschlüsse statt Aux-In-Anschlüssen, das bereits 8,8 Zoll große Infotainment-Display und vieles weitere mehr. Andere Themen werden gekoppelt, beispielsweise die Sportlenkung, die nur noch in Verbindung mit Sportfahrwerk oder adaptivem Sportfahrwerk erhältlich ist, während die Basislenkung nur mit dem Basisfahrwerk kombiniert werden kann.

BimmerToday.de: Fahrwerk und Lenkung spielen natürlich auch für die Fahrdynamik eine zentrale Rolle, nicht weniger als die Paradedisziplin aller bisherigen BMW 3er. Mit welchen Maßnahmen haben Sie hier gegenüber dem Vorgänger Verbesserungen realisiert?
Stephan Horn: Die bisherige Generation ist zwar auch schon sehr sehr gut, aber im Vergleich ist der neue 3er spürbar präziser und noch souveräner. Das ist natürlich auch ein Sicherheitsthema, weil man sehr gelassen und unangestrengt sportlich fahren kann. Dabei helfen das um bis zu 55 Kilogramm reduzierte Gewicht, größere Spurweiten, der um 10 Millimeter niedrigere Schwerpunkt und die BMW typische Gewichtsverteilung von 50 zu 50. Dazu haben wir die Karosseriesteifigkeit insgesamt um rund 25 Prozent und lokal um bis zu 50 Prozent gesteigert und eine neue Stoßdämpfer-Technologie entwickelt. Die erstmals in einem BMW Modell eingesetzten hubabhängigen Dämpfer sind Bestandteil der serienmäßigen Fahrwerkstechnik und leisten einen maßgeblichen Beitrag zur Balance zwischen Sportlichkeit und Fahrkomfort. Für die Modelle ab BMW 330i und BMW 330d bieten wir optional ab Werk ein M Sportdifferenzial an. Die elektronisch gesteuerte, vollvariable Sperrfunktion im Hinterachsgetriebe leistet einen spürbaren Beitrag zur Steigerung von Traktion und Kurvenfahrverhalten.

BimmerToday.de: Mit welchen Motoren bestreiten Sie den Marktstart im März 2019?
Stephan Horn: Wir starten mit den Vierzylinder-Benzinern 320i und 330i, den Vierzylinder-Dieseln 318d und 320d und dem Sechszylinder-Diesel 330d. Im Sommer folgen das M Performance Modell M340i und ein Plug-in-Hybrid.

BimmerToday.de: Bei M Performance ist auch ein M340d mit starkem Diesel-Motor denkbar?
Stephan Horn: Denkbar ist das, ja.

BimmerToday.de: Viele Puristen sehen mit Sorge, dass der Trend momentan eindeutig zum flächendeckenden Automatikgetriebe geht und kaum noch Modelle mit manuellem Getriebe angeboten werden. Wie sieht es da beim BMW 3er G20 aus?
Stephan Horn: Diesen Trend gibt es, den gab es auch schon bei der bisherigen Generation. Es gibt aber noch manuelle Getriebe, zum Marktstart in den Modellen 318d und 320d.

BimmerToday.de: Die Vierzylinder-Diesel sind ein spannendes Stichwort, denn bisher war der BMW 320d zumindest in Europa der klare Bestseller. Wird das im Licht des Diesel-Skandals bei den Wettbewerbern so bleiben oder erwarten Sie eine Verschiebung der Nachfrage in Richtung 330i oder 320i?
Stephan Horn: Dank der flexiblen Produktion unserer Baukosten-Motoren sind wir auf jeden Fall gut vorbereitet, auch durch den ab Marktstart erhältlichen 320i, der für alle möglicherweise verunsicherten Kunden eine gute Option darstellt. Aber nichtsdestotrotz spielt der 320d in unseren Planungen eine sehr sehr wichtige Rolle.

BimmerToday.de: Äußerlich gibt es auch weiterhin verschiedene Lines zur Individualisierung. Was zeichnet diese aus?
Stephan Horn: Wir starten mit einer bereits sehr schönen und hochwertigen Basis, die dann mit der Luxury oder Sport Line weiterentwickelt werden kann. Dann gibt es natürlich das M Sportpaket mit besonders dynamischer Optik. Noch einen drauf setzt schließlich das M Performance Modell M340i.

BimmerToday.de: Können Sie ungefähr sagen, wie lange insgesamt am neuen BMW 3er G20 entwickelt wurde?
Stephan Horn: Das sind ziemlich genau fünf Jahre. Im Sommer 2013 haben wir mit einem weißen Blatt Papier begonnen. Das ist der übliche Zyklus, wobei der 3er natürlich in die CLAR Architektur eingebettet ist, die mit dem aktuellen 7er debütiert hat. Dabei wurde natürlich auch schon eine gewisse Vorarbeit für den 3er geleistet.

BimmerToday.de: Gibt es im Rückblick eine Idee, die auf dem weißen Blatt Papier vielleicht etwas zu optimistisch aussah, die es aber dennoch in die Serie geschafft hat?
Stephan Horn: Natürlich gab es viele Kämpfe, beispielsweise bei den Laser-Scheinwerfern, die wir in diese Klasse bringen werden. Auch der schöne Anzeige-Verbund mit zwei großen Displays war nicht von Anfang an geplant, aber wir haben es super umgesetzt. Das ganze Projekt hat wirklich Spaß gemacht, weil wir in einem guten Team gut zusammengearbeitet haben.

BimmerToday.de: Herr Horn, vielen Dank für das informative Gespräch!

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