Vor zwanzig Jahren sah die Welt aus heutiger Sicht doch erstaunlich anders aus: SMS schrieb man – wenn überhaupt – per T9, Internetrouter machten beim Start beunruhigende Einwahlgeräusche und AOL gab es als CD an der Supermarktkasse. Die meisten Tech-Neuheiten der Jahrtausendwende erscheinen uns heute als selbstverständlich. Ähnlich verhält sich das bei einem Blick auf die Autowelt – so ist völlig klar, dass BMW rund um den X5 eine ganze Palette erfolgreicher Geländewagen verkauft. War doch schon immer so. Oder nicht?
Von wegen: Zu seiner Premiere 1999 in Atlanta galt der BMW X5 E53 als echter Revolutionär, bekam im PR-Jargon der Münchner gleich sogar seine eigene Fahrzeugkategorie: “Der X5 ist nicht nur ein völlig neuer BMW Typ, er ist als erstes Sports Activity Vehicle auch ein neuer Fahrzeugtyp. Sein Refinement, ein Oberbegriff für Rasse, Eleganz, Finish, Design und Charakter, verleiht dem X5 eine Eigenstellung im Gesamtmarkt”, hieß es in der Original-Pressemappe.
Danach ging alles Schlag auf Schlag: denn auch wenn der erste X5 mehr Straßenauto als Offroader war, verkaufte er sich vom ersten Tag an vorzüglich. Bis zum Modellwechsel im Jahr 2006 entschieden sich über 617.000 Kunden für das SAV. Die Motorenpalette wurde dabei stetig überarbeitet: Neben je einem Sechs- und Achtzylinder-Benziner stand ab 2001 auch ein BMW X5 3.0d mit einem 184 PS starken Reihensechszylinder-Diesel zur Wahl.
Nach gut sechs Jahren Bauzeit wurde es schließlich Zeit für den ersten Modellwechsel. Der BMW X5 E70 machte in Sachen Design einen großen Schritt nach vorn und legte mit gelungeneren Proportionen den gewissen Experimental-Charakter seines Vorgängers ab.
BMW X5 E70: Sportlicheres Fahrverhalten und technische Finessen
Technische Finessen wie adaptive Dämpfer, ein optionales Head-up-Display oder die Aktivlenkung sicherten dem zweiten X5 weiterhin seine technologische Vorreiterrolle und sorgten zudem für ein deutlich sportlicheres Fahrverhalten. 728.640 Exemplare rollten bis 2013 in South Carolina vom Band – als bis dato einziger X5 erreichte der E70 die volle branchenübliche Produktionszeit von sieben Jahren.
Über den beinahe noch aktuellen BMW X5 F15 gibt es an dieser Stelle noch nicht viel rekapitulierendes zu sagen, nur so viel: mit seinen modernen Assistenzsystemen und zeitgemäßen Motoren, die ein Leistungsspektrum vom kleinen sDrive-Diesel mit 231 PS über den naturgewaltigen 575 PS-V8 im BMW X5 M bis hin zum eleganten Plug-in-Hybrid xDrive40e abdecken, hätte Generation Nummer drei problemlos auch noch bis 2021 durchgehalten. Und trotz der nur fünfjährigen Bauzeit gilt der F15 mit knapp 760.000 Einheiten als erfolgreichster X5 aller Zeiten.
Seinem Nachfolger, der in diesen Tagen in Atlanta der Weltpresse vorgestellt wird, hat er es also definitiv nicht leichtgemacht. Trotzdem führen die Ingenieure auch mit dem neuen BMW X5 G05 die Tradition des “großen Schritt nach vorn” auf beeindruckende Art und Weise fort. Noch durchdachtere Fahrer-Assistenten, noch umfassendere Konnektivitätslösungen, noch raffinierteres, eigenständiges Design.
Trotz der massigen Doppelniere wirkt die Neuauflage insgesamt etwas kompakter und eleganter, erscheint trotz deutlich gewachsener Abmessungen im direkten Vergleich sogar etwas zierlicher als bislang. Im November kommt der neue BMW X5 auf den Markt, erstmals mit einem optionalen Offroad-Package für ernstgemeinte Geländeausflüge. “War doch schon immer so”, heißt es dann in zwanzig Jahren. Oder nicht?
Jonas Eling