Wenn vor 20 Jahren vom Automarkt China die Rede war, ging es meist eher um mögliche Entwicklungen als den überschaubaren status quo. Zur Erinnerung: Noch im Jahr 1997 verzichtete die BMW Group in ihrem offiziellen Geschäftsbericht auf eine exakte Angabe der Verkaufszahlen in China, schließlich spielte die Musik damals noch ganz woanders! 675.000 BMW wurden weltweit verkauft, davon 228.100 in Deutschland und 122.500 in den USA. Weitere Märkte im sechsstelligen Bereich? Fehlanzeige! Großbritannien, Japan und Italien komplettierten mit 63.700, 36.500 und 35.200 verkauften BMW die Top-5 der Einzelmärkte.
20 Jahre später haben sich nicht nur die absoluten Zahlen grundlegend geändert, auch der 1997 noch unbedeutende Automobilmarkt China ist längst zum Eckpfeiler des Erfolgs geworden. Allein im März 2017 wurden in China mehr als 50.000 BMW verkauft, für das erste Quartal kommt das Reich der Mitte auf 142.828 Einheiten. Damit liegen die Händler auf Kurs, das selbstgesteckte Ziel von zehn Prozent Wachstum im Vergleich zum Vorjahr noch zu übertreffen – und damit auch die Rolle als größter und wichtigster Einzelmarkt der BMW Group noch weiter auszubauen. Schon im vergangenen Jahr wurden 21,8 Prozent aller BMW in China verkauft, bei ähnlichen Steigerungen wird es schon in absehbarer Zeit jeder vierte sein!
Automarkt China: Von der Randnotiz zur Nummer 1
Undenkbar wäre diese Entwicklung, wenn sich das Land in den letzten zwei Jahrzehnten nicht grundlegend verändert hätte. Allein zwischen 2000 und 2016 hat sich das Brutto-Inlandsprodukt Chinas praktisch verzehnfacht. Ohne dieses enorme Wirtschaftswachstum wären natürlich auch die Zuwächse bei Autobauern wie BMW unmöglich. Denn nur weil sich immer mehr Chinesen den Luxus eines eigenen Automobils leisten können und viele Besserverdiener dabei nicht auf Premiumprodukte von weltweit geschätzten Herstellern verzichten wollen, können Autobauer aus Deutschland so stark zulegen.
Um das enorme Potenzial optimal auszuschöpfen, passt die BMW Group ihr Angebot nirgendwo so flexibel auf die Bedürfnisse des Marktes an wie in China. Sicher, spezielle Motorisierungen und Ausstattungen gibt es auch für andere Einzelmärkte, aber exklusive Karosserievarianten für einen einzigen Markt erhält im Rest der Welt niemand. Und was einst mit der inzwischen in dritter Generation erhältlichen 5er Langversion begann, ist längst zu einem ganzen Modellportfolio angewachsen – allein die vier exklusiv in China angebotenen Modelle würden dem einen oder anderen kleineren Hersteller als gesamte Modellpalette gut zu Gesicht stehen.
Denn mit der BMW 1er Limousine, der BMW 3er Langversion und der BMW X1 Langversion gibt es noch drei weitere Modelle mit Münchner Wurzeln, die ausschließlich in China angeboten werden und ihren Teil dazu beitragen, dass BMW inzwischen auch am lange unangefochtenen China-Platzhirsch Audi vorbeiziehen konnte. Für viele Chinesen, die sich in den verstopften Metropolen lieber fahren lassen als selbst zu fahren, sind die Rücksitze der Langversionen die erste Wahl. So werden in China rund zwei Drittel aller 3er mit verlängertem Radstand verkauft. Sogar weltweit kam die nur in einem einzigen Land angebotene Langversion 2014 auf einen Anteil von 14 Prozent innerhalb der 3er-Reihe!
Am Überholvorgang von BMW gegen Audi zeigt sich allerdings auch, wie stark der Automarkt China trotz seiner Größe noch immer in Bewegung ist: Auf dem Spitzenrang liegt derzeit Mercedes, denn die Schwaben konnten in den letzten Monaten noch stärker zulegen als alle anderen Premiummarken. Die Geschichte von BMW in China ist dennoch eine Erfolgsgeschichte, denn schon heute übertreffen die Verkaufszahlen des Einzelmarkts das Niveau des weltweiten Absatzes Mitte der 90er-Jahre. Und das Erfolgsrezept ist dabei ebenso simpel wie zielsicher: Den Markt aufmerksam beobachten, den Kunden zuhören und dann genau die Autos anbieten, die wirklich gefragt sind.
Auf dieser Basis durfte die BMW Group Anfang April 2017 ein weiteres rundes Jubiläum feiern: Insgesamt wurden inzwischen über drei Millionen Premium-Fahrzeuge des Unternehmens in China verkauft. Mehr als zwei Drittel dieses Volumens entfallen auf die letzten fünf Jahre und man muss kein Prophet sein um zu ahnen, dass die nächsten großen Rekordmarken noch schneller als in der Vergangenheit fallen werden.