Zumindest die wichtigsten technischen Daten ihres Autos können viele ambitionierte Autofahrer im Schlaf aufsagen, Hightech-Features vom adaptiven Fahrwerk über die Allradlenkung bis hin zum TwinScroll-Turbolader oder zylinderbankübergreifenden Krümmern sind dabei gern genommener Gesprächsstoff. Dass auch das beste Fahrwerk im Regen steht und sein Potenzial nicht ansatzweise zeigen kann, wenn der falsche Reifen für die Verbindung zum Asphalt sorgt, machen sich dabei allerdings nur die wenigsten klar.
Um einen genaueren Einblick zu erhalten und zu erfahren, wie aufwändig die Entwicklung eines modernen Performance-Reifens ist, waren wir Ende Januar gemeinsam mit Michelin auf der Rennnstrecke des Thermal Club in Palm Springs. Die Reise nach Kalifornien hatte dabei einen einfachen Hintergrund: Präsentiert wurde der neue Sportreifen Michelin Pilot Sport 4 S, der seine Stärken im europäischen Winter mit viel Schnee und Temperaturen von unter null Grad einfach nicht zeigen könnte. Dass er auf unserer Ausfahrt durch den Joshua Tree National Park dennoch ein paar Schneeflocken zu sehen bekam, war zwar nicht absehbar – aber auch kein Problem, denn die wenigen Flocken weiße Pracht blieben nicht liegen und machten den Wechsel auf Winterreifen gerade noch verzichtbar.
Für uns war das kurze Schnee-Intermezzo somit doppelter Grund zur Freude, denn wann erlebt man schon Schneeflocken in der Wüste – und wann kann man sich trotzdem auf trockener Straße am Steuer eines Sportwagens von den Fähigkeiten des neuen Michelin Pilot Sport 4 S überzeugen? Den ersten Vorgeschmack auf sein Können zeigte der Sportreifen schon vor unserer Fahrt durch den Joshua Tree National Park auf einem BMW M3, der mit seinen bewährten Handling-Qualitäten ein dankbarer Partner war. Bei geführten Runden auf der Rennstrecke des Thermal Club stand die Querdynamik des Reifens im Fokus, auf den kurzen Geraden war der Instruktors am Steuer seines M2 nie mit vollem Einsatz unterwegs.
Doch in kurvigen Passagen durfte der neue Hightech-Sportreifen aus Frankreich sein Können demonstrieren: Hohe Kurvengeschwindigkeiten sind dabei nur ein Teil der Übung, noch wichtiger ist für die meisten Fahrer die Möglichkeit zum sicheren Erkunden des Grenzbereichs. Und genau hier hat der neue Michelin Pilot Sport 4 S Stärken, denn er kündigt das Überschreiten des hoch angesiedelten Grenzbereichs lange vorher an und macht es geübten Fahrern so besonders leicht, in jeder Kurve das Maximum aus dem Reifen herauszuholen.
Was sich hier erleben lässt, ist das Ergebnis jahrelanger Erfahrung und der konsequenten Nutzung modernster Möglichkeiten. Der neue Ultra-High-Performance-Reifen von Michelin glänzt mit Technik-Features, die noch vor wenigen Jahren Rennfahrern und waschechten Motorsport-Reifen vorbehalten waren. Die Lauffläche des Reifens ist sowohl mit Nylon- als auch mit Aramid-Fasern verstärkt, was selbst bei extremer Beanspruchung die notwendige Stabilität gewährt.
Aber die Hybrid-Cord-Technologie ist nur einer von mehreren Schlüsseln zur Performance des PS4S: Auch die Gummimischung ist nicht einheitlich, sondern besteht aus zwei verschiedenen Elastomeren. Unterschiedliche Bereiche der Aufstandsfläche können so auf verschiedene Eigenschaften optimiert werden. Konkret heißt das: Obwohl ein großer Teil des Reifens auf maximalen Trocken-Grip getrimmt wurde, kann der Pilot Sport 4 S auch bei Nässe überzeugen und sich mit dieser Kombination schwierig zu vereinender Eigenschaften von seiner Konkurrenz abgrenzen: Bei von Michelin in Auftrag gegebenen und vom TÜV Süd durchgeführten Tests konnte der Franzose nicht nur die besten Rundenzeiten auf trockenem Asphalt erzielen, sondern auch mit den kürzesten Bremswegen bei Nässe punkten.
Michelin nutzt auch in diesem Bereich Know-How, das die Franzosen im Motorsport gewonnen haben. Gerade im Langstrecken-Sport muss ein Reifen nicht nur in einem engen Fenster möglicher Rahmenbedingungen funktionieren, sondern in einem möglichst breiten Arbeitsbereich überzeugende Performance bieten. Egal ob in Le Mans oder auf der Nürburgring Nordschleife, jeder eingesparte Boxenstopp kann in der Spitzengruppe den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage machen.
Und noch eine Gemeinsamkeit haben Rennfahrer und ambitionierte Sportwagen-Fahrer im öffentlichen Straßenverkehr: Die Haltbarkeit der Reifen spielt sowohl im Alltag als auch auf der Rennstrecke eine zentrale Rolle, wenn auch in völlig unterschiedlichen Dimensionen. Während die meisten Kunden des Michelin Pilot Sport 4 S ihren Reifen über mehrere Jahre hinweg mit möglichst konstanter Performance fahren wollen, geht es bei der Ausdauer im Motorsport oft “nur” um ein oder zwei zusätzliche Runden.
Nach unseren ersten Runden auf dem griffigen Asphalt der Rennstrecke und einigen Erklärungen zum theoretischen Hintergrund des Reifens konnten wir auf den kaum befahrenen Straßen des Joshua Tree National Park einen ganz praktischen Eindruck vom Potenzial des Sportreifens gewinnen. Hier warten sowohl enge als auch langgezogene Kurven darauf, unter die Räder genommen zu werden. Wenn man dabei in einer Gruppe exklusiver Sportwagen unterwegs ist und sich alle Fahrer auf der Suche nach Kurvengeschwindigkeit und Fahrspaß befinden, fühlt man sich dem Autofahrer-Himmel so nah wie selten – nicht nur das Cavallino Rampante lächelt zufriedem vom Lenkradkranz, auch als Fahrer kann man sich ein Grinsen in diesen Momenten nicht verkneifen.
Weil sich der neue Michelin Pilot Sport 4 S dabei ebenso gutmütig wie haftfreudig zeigt, gewinnt man auch beim Wechsel zwischen technisch völlig verschiedenen Autos innerhalb von wenigen Kurven das nötige Vertrauen, um sich dem Grenzbereich immer weiter anzunähern. Hier zeigt sich, wie gut den Entwicklern die finale Abstimmung gelungen ist: Unerwartete Haftungsabrisse sind dem PS4S völlig fremd, stattdessen vermittelt er in jeder Kurve einen genauen Eindruck vom vorhandenen Spielraum und macht das Ausreizen der Möglichkeiten zu einer Übung, die ungeahntes Suchtpotenzial besitzt.
Bei der Suche nach dem passenden Schuhwerk für die neue Saison sollten sportlich ambitionierte Fahrer den Michelin Pilot Sport 4 S auf jeden Fall auf der Uhr habe: Seine Kombination von Alltagstauglichkeit und Performance verspricht Fahrspaß ohne Sorgenfalten, wenn es unerwartet regnet oder sogar ein paar Schneeflocken fallen. Erhältlich ist der PS4S in insgesamt 42 Varianten von 225 bis 345 Millimetern Breite und mit Durchmessern von 19 bis 21 Zoll. Wie ernst es den Entwicklern mit ihrem High-Performance-Anspruch ist, wird übrigens spätestens beim Blick auf die freigegebenen Geschwindigkeiten deutlich: Die extremsten Varianten des neuen UHP-Reifens dürfen mit bis zu 400 km/h gefahren werden – und man muss kein Experte sein um zu erahnen, wie hoch die Ansprüche von Fahrern der schnellsten Supersportwagen unserer Zeit angesiedelt sind.
(Fotos: Michelin | Meg McCarthy | Jordan Pay | Rick Dole)
Disclaimer: Die Kosten für An- und Abreise sowie die Unterbringung in Palm Springs wurden von Michelin übernommen. Der Reifen ist nach unseren Erfahrungen “trotzdem” ausgesprochen empfehlenswert – und das würden wir auch so schreiben, wenn wir ihn in Deutschland gefahren hätten. Das hätte im kalten Januar allerdings keinerlei Sinn gemacht.