Im Rahmen des Pariser Autosalons hatten wir die Gelegenheit, uns mit zwei der wichtigsten Menschen hinter dem BMW X2 F39 Concept zu unterhalten. Sebastian Simm ist der für das Exterieur verantwortliche Designer, Dr. Peter Henrich leitet für BMW das Produktmanagement Kompaktklasse und ist daher sowohl für den X2 als auch für die übrigen UKL-Modelle des Unternehmens verantwortlich. Wir haben mit uns mit beiden über das Concept Car, mögliche Schritte auf dem Weg zur Serie und natürlich auch die Positionierung des dritten SUV-Coupés innerhalb der BMW-Palette unterhalten.
Im weiteren Gesprächsverlauf sind wir auf mögliche Antriebe bis hin zur M Performance-Variante BMW X2 M35i zu sprechen gekommen und haben auch geklärt, ob der X2 prinzipiell auch ohne den Allradantrieb xDrive denkbar ist.
BimmerToday.de: Die größte Überraschung im Zusammenhang mit dem BMW X2 Concept ist sicherlich das Front-Design, speziell die Nieren bieten eine völlig neue Optik als bei bisherigen BMW-Modellen. Wie kommt es zu diesem eigenständigen Auftritt, der sich auch stark vom X1 abhebt?
Sebastian Simm: Wir hatten die Möglichkeit, ein komplett neues Auto zu gestalten und wir wollten diese Chance nutzen, um ein sehr eigenständiges und emotionales Auto zu schaffen. Wir wollten keinen geschrumpften X4 oder X6 machen, was man ja auch an der Dachlinie sieht. Viele Besucher hier hatten die Erlkönig-Fotos im Vorfeld nicht gesehen und waren nun überrascht, hier keinen “kleinen X4” zu sehen. An der Front wollten wir zum einen die BMW- und die X-Formensprache weiterentwickeln, uns aber andererseits auch von X1 und X3 abgrenzen. Bei der Nierengestaltung haben wir den Schwerpunkt nach unten gezogen, das darf auch gerne ein bisschen als Versprechen für das Fahrverhalten verstanden werden. An der Seite haben wir dreieckige Lufteinlässe, die natürlich am X-Design orientiert sind und dazu beitragen, dass das Fahrzeug einen guten Stand auf der Straße hat.
BimmerToday.de: Ist die Nierengestaltung auch eine Vorlage für andere X-Modelle oder in erster Linie ein X2-Merkmal?
Sebastian Simm: Genau wie die Doppel-Elemente in den Leuchten sind auch die Nieren BMW-typische Ikonen, die wir permanent weiterentwickeln. Beim BMW X2 Concept durften wir ein wenig aus den üblichen Formen ausbrechen, was wir dann auch genutzt haben.
BimmerToday.de: Es gab in der jüngeren Vergangenheit einige BMW Concept Cars, die mit relativ kleinen Änderungen in Serie gegangen sind. Wird das beim BMW X2 auch so sein oder sollten wir uns auf größere Unterschiede einstellen?
Sebastian Simm: Das Serienfahrzeug ist für Anfang 2018 geplant. Natürlich werden wir bis dahin ein paar Show-Elemente wie die Offroad-Bereifung zurückfahren, aber die Studie hier gibt durchaus schon einen sehr konkreten Ausblick auf das Serienfahrzeug.
BimmerToday.de: Dank der großen Lufteinlässe wirkt die Front auch abseits der Nieren sehr sportlich. Ist das schon eine Vorschau auf ein mögliches Sportmodell oder soll auch ein Basis-X2 so dynamisch auftreten?
Sebastian Simm: Das ist im Moment eine Vorschau auf ein kommendes Modell, über mögliche Optionen und Pakete werden wir zu einem späteren Zeitpunkt reden.
BimmerToday.de: Die Scheinwerfer sind mit Laserlicht-Technik ausgestattet, ist das für die Kompaktklasse nicht ein wenig übertrieben?
Sebastian Simm: Wir haben das Laserlicht beim 7er schon in Serie und werden es sukzessive in immer mehr Modellen anbieten. Bei diesem Auto haben wir die Möglichkeit genutzt, weil wir so eine sehr flache Scheinwerfergrafik realisieren können.
BimmerToday.de: Auch das Heck bietet mit seiner Flächengestaltung eine klare Abgrenzung zu den bekannten X-Modellen. Was ist der Hintergrund für diese neue Formensprache?
Sebastian Simm: Die X-Familie soll weiter ausgebaut werden und wir wollten dafür ein zusätzliches Angebot schaffen, das im Vergleich zum X1 noch mehr Sportlichkeit und Emotionen bietet. Wir haben am Heck aber auch typische BMW-Elemente wie die L-Leuchten, auch die diagonalen Linien im unteren Bereich sind typisch für unsere X-Modelle.
BimmerToday.de: Die Rückleuchten sind extrem dreidimensional, kann man sich das auch beim Serienfahrzeug so vorstellen oder ist das eher eine Concept Car-Spielerei?
Sebastian Simm: Teils teils. Wir geben schon einen konkreten Ausblick, aber derzeit ist das Serienfahrzeug noch in der Entwicklung. Für uns ist das gewählte Design eine schlüssige Weiterentwicklung der typischen L-Leuchten.
BimmerToday.de: Was wir beim Concept Car nicht sehen können, ist ein Innenraum. Wird sich dieser ähnlich deutlich vom X1 unterscheiden oder werden sich die beiden Fahrzeuge innen stärker ähneln?
Dr. Peter Henrich: Das BMW X2 Concept ist eine reine Exterieur-Studie, zum Interieur werden wir erst später mit der Kommunikation starten. Aber natürlich ist das Concept so seriennah, dass wir an die notwendige Funktionalität des Innenraums gedacht haben. Das Auto richtet sich ja an eine junge und dynamische Zielgruppe, die auch einen gewissen Platzbedarf hat und nicht auf eine vollwertige Rückbank verzichten möchte.
BimmerToday.de: Sie haben die Zielgruppe nun schon angesprochen und mir stellt sich die Frage, mit welchen Eigenschaften Sie die Kunden für den X2 begeistern wollen. Zumindest bei der Dachlinie fällt die Abgrenzung zum X1 ja deutlich kleiner aus, als es bei den bisher angebotenen SUV-Coupés X4 und X6 der Fall ist?
Dr. Peter Henrich: In meinen Augen grenzt sich der BMW X2 sogar stärker vom X1 ab als die von Ihnen genannten Modelle von ihrer Basis, denn beim Exterieur gibt es praktisch kein einziges übernommenes Bauteil. Aber der Kunde denkt natürlich nicht in einer Anzahl von Gleichteilen und lässt sich eher emotional vom Gesamteindruck tragen, was uns beim X4 und X6 hervorragend gelungen ist. Wir verfolgen beim X2 tatsächlich einen etwas anderen Ansatz, aber mit einer sehr ähnlichen Idee dahinter. Wir stellen ein Auto neben den sehr funktionalen und auch sehr erfolgreichen X1, das einen stärkeren Design-Fokus hat und ein extrovertierteres Statement darstellt. Hier gibt es also durchaus Parallelen zu X4 und X6, aber wir haben die Idee für die Anforderungen des Kompakt-Segments angepasst.
BimmerToday.de: Fürchten Sie, dass der Absatz des X1 nach dem Marktstart des X2 schrumpfen könnte und sich die beiden Modelle kannibalisieren?
Dr. Peter Henrich: Nein, diese Befürchtung haben wir absolut nicht. Wir sehen, dass der X1 auf der ganzen Welt enorm erfolgreich ist – in Europa, in den USA und als Langversion auch in China. Um dieses Auto müssen wir uns derzeit definitiv keine Sorgen machen. Und da sowohl das SUV-Segment im Allgemeinen als auch das Segment der Kompakt-SUV ein starkes Wachstum zeigen, ist das Angebot von zwei stark differenzierten Modellen in diesem Segment absolut gerechtfertigt. Wir glauben, dass wir für beide Autos eine große Fan-Gemeinschaft finden können.
BimmerToday.de: Die eben angesprochene X1 Langversion bleibt ein rein chinesisches Thema?
Dr. Peter Henrich: Ja, dieses Modell wurde speziell für die Bedürfnisse des chinesischen Marktes entwickelt und wird genau wie die Langversionen von 3er und 5er auch nur dort angeboten werden.
BimmerToday.de: Von den Langversionen sind wir Modelle nur für China bereits gewöhnt, bei den Plug-in-Hybriden noch nicht. Aber wenn die Langversion nicht zu uns kommt, gibt es auch keine Hoffnung auf einen europäischen X1 xDrive25Le, oder?
Dr. Peter Henrich: Das ist ebenfalls ein Fahrzeug für den chinesischen Markt, ja. Wir haben aber mit dem BMW 225xe Active Tourer auch in Europa einen attraktiven Plug-in-Hybrid auf dem Markt.
BimmerToday.de: Gibt es im Fall des BMW X2 spezifische Märkte, auf denen sie mit einem besonders erfolgreichen Abschneiden rechnen?
Dr. Peter Henrich: Ich bin davon überzeugt, dass der X2 wirklich ein weltweites Erfolgsmodell werden kann. Wir haben bestimmte Konzepte mit einem starken regionalen Fokus, beispielsweise den auf Europa und Asien ausgerichteten 2er Active Tourer, aber schon der X1 performt weltweit sehr stark. Und ich bin fest davon überzeugt, dass wir das beim X2 ähnlich erleben werden.
BimmerToday.de: Aber Sie erwarten letztlich doch niedrigere Stückzahlen als beim X1, oder?
Dr. Peter Henrich: Davon kann man glaube ich ausgehen, ja. Auch wenn der X2 natürlich kein Nischenmodell ist, ist er doch etwas spitzer positioniert und spricht eine weniger breite Zielgruppe als der X1 an.
BimmerToday.de: Wir sind es von X4 und X6 gewohnt, dass die Motorenpalette etwas gehobener ausfällt als bei X3 und X5. Werden wir diese Philosophie auch beim X2 sehen?
Dr. Peter Henrich: Das werden wir uns genau ansehen, wir haben ja einige Drei- und Vierzylinder im Programm. Eine gewisse Reduzierung ist hier sicherlich denkbar, aber wir wollen die Kundennachfrage bedienen und da niemanden künstlich beschränken.
BimmerToday.de: Gehört der Allradantrieb xDrive zwingend zum BMW X2 oder sind auch Modelle mit Frontantrieb denkbar?
Dr. Peter Henrich: Ich kann mir beides vorstellen und ich denke wir sind gut beraten, hier bei einigen Motoren den Kunden die Wahl zu überlassen.
BimmerToday.de: Am oberen Rand der Motorenpalette wird von vielen Leuten sehnsüchtig auf eine M Performance-Variante des X1 gewartet. Nun steht hier mit dem BMW X2 Concept ein ausgesprochen sportlich auftretendes Modell – dürfen wir dieses Design schon als Vorschau auf den BMW X2 M35i verstehen?
Dr. Peter Henrich: Wenn Sie das so sehen, nehme ich diese Idee gerne mit (lacht).
BimmerToday.de: Dann habe ich zum Abschluss noch eine Frage an Sie als UKL-Verantwortlichen, die vielen unserer Leser unter den Nägeln brennt: Die Plattform hat bereits eine enorme Flexibilität bewiesen und wird für einige durchaus unterschiedliche Modelle genutzt. Wird der nächste BMW 1er ebenfalls die UKL-Architektur nutzen? Rein modellpolitisch betrachtet wäre er zumindest der nächste logische Kandidat, oder?
Dr. Peter Henrich: Auf diese Idee kann man durchaus kommen (schmunzelt).
Herr Dr. Henrich, Herr Simm, vielen Dank für das informative Gespräch!