Mit Unterstützung von BMW bereitet sich das Oracle Team USA auf den America’s Cup 2017 vor. Der Titelverteidiger des anspruchsvollsten und Technik-getriebensten Yacht-Rennens der Welt setzt auf das Know-How von BMW Motorsport und die Fähigkeiten des BMW-Windkanals im Münchner Norden. Der 35. America’s Cup wird im kommenden Jahr vor den Bermuda-Inseln ausgetragen, der Gegner des amerikanischen Teams steht noch nicht fest.
Klar ist dennoch schon, dass die Aerodynamik auch beim America’s Cup 2017 eine herausragende Rolle spielen wird, denn der Aufbau eines AC Flügel-Katamarans ist entscheidend für die auf dem Wasser erzielbaren Geschwindigkeiten. Einerseits dient das große Segel als Antrieb der Yachten, andererseits muss der Luftwiderstand des Boots für bis zu 50 Knoten schnelle Fahrt möglichst niedrig sein. Hinzu kommt die in unzähligen Windkanal-Stunden optimierte Form aller Elemente, die sich unterhalb der Wasseroberfläche befinden und dem Boot dank komplexer Hydrodynamik bei minimalem Widerstand hohe Stabilität liefern.
Ian Robertson (Vorstand Vertrieb und Marketing BM): “Der America’s Cup verkörpert viele Elemente, die auch Teil der DNA von BMW sind: Pioniergeist und die Bereitschaft, keine Herausforderung zu scheuen. Leidenschaft für Innovationen sowie Ingenieurskunst und Teamwork sind für den Erfolg entscheidend – dies treibt auch BMW an. Darum engagieren wir uns in der Königsklasse des Yachtsports.”
Holger Gau (BMW Experte für 3D Simulationsmethoden): “Alles, was sich über der Wasseroberfläche befindet, kann genauso optimiert werden, wie wir das auch bei unseren Fahrzeugen machen. Wir schauen uns Verwirbelungen an, wir schauen uns Nachlaufgebiete an und wir versuchen durch geeignete Formänderungen die Widerstände zu minimieren. Die BMW Group ist auch auf der virtuellen Seite sehr gut ausgestattet. Mit verschiedenen Software-Tools können wir das Boot aerodynamisch bewerten und virtuell optimieren. Die Überprüfung und das Fein-Tuning geschehen dann im Windkanal. Dieses Vorgehen ist analog zum Fahrzeugentwicklungsprozess. Es geht darum, die Vorteile der beiden Welten – digital und im Windkanal – optimal miteinander zu verzahnen.
Auf der Aerodynamikseite hat BMW ein sehr gutes Know-how, wie man genau diese Detailoptimierungen an Anbindungspunkten verbessern kann. Und noch etwas kommt hinzu. Wir BMW Ingenieure haben aus dem Automobilsektor außerordentlich viel Erfahrung im Prototypenbau. Das hilft enorm bei der Entwicklung, weil wir Antworten auf Fragen aus diesem Bereich kennen: Wie bindet man solche Teile überhaupt an? Wie kann man Unterschiede dort überhaupt messen?
Wir wollen die optimale Anordnung unter verschiedenen Fahrmanövern herausfinden. Müssen sich die Segler gegenseitig verschatten? Müssen sie tiefer in den Rumpf eindringen? Brauchen wir einen Anlaufkörper, so wie ein Windschild beim Motorrad, um den Luftwiderstand der Crew zu minimieren?
Im zweiten Schritt liefern wir mit unseren Methoden den Input, an welchen Stellen noch Optimierungspotenzial vorhanden ist. Danach geht es in den Windkanal. Wir können zum Beispiel die Crew-Positionen mit den verschiedenen Aufbauten testen. Im Kanal erarbeiten wir uns Potenziale, die wir anschließend am Komplettmodell virtuell nochmals prüfen. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem man sagt: Wir haben jetzt so viele Verbesserungen ausgewiesen, das setzen wir jetzt am realen Boot um.”
Ian Burns (Oracle Team USA Performance Director): “America’s-Cup-Kampagnen sind wie Start-ups: Es geht um schnelle Entwicklung, schnelle Produktion, schnelles Testen – und darum, diesen Kreislauf so oft wie möglich zu wiederholen. Dabei kann nicht jeder auf ausgefeilte Technologien der besten Ingenieure und Wissenschaftler der Welt zurückgreifen – genau deshalb haben wir dank BMW einen riesen Vorteil.”
Jens Marquardt (BMW Motorsport Direktor): “Wir haben die Herausforderung des ORACLE TEAM USA, eine Lösung für ein optimales Steuerungssystem zu entwickeln, mit großer Begeisterung angenommen. Diese Aufgabenstellung gibt uns die Gelegenheit, unsere Rennsport-Kompetenz in einem anspruchsvollen Wettbewerbsumfeld außerhalb des Automobilbereichs unter Beweis zu stellen. Racing bleibt Racing – ganz gleich ob auf Asphalt oder Wasser. Entsprechend motiviert widmen wir uns dem Technologietransfer zum America’s Cup.”
Thomas Hahn (BMW Ingenieur): “Wir haben mit unseren Analyse- und Optimierungsmethoden aus der Automobilindustrie die Auslegung – das heißt die Zahl und Anordnung der verschiedenen Karbon-Schichten – bei der Konstruktion der Boote maßgeblich und mit großem Erfolg beeinflusst. Die Yacht des BMW Oracle Team gehörte zu den leichtesten beim 32. America’s Cup. Die Entwicklungszyklen sind kurz. Es geht darum, in kleinen Teams schnell Konzepte zu entwickeln, diese zu testen, anzuwenden, zu optimieren – und diesen Kreislauf so oft es geht zu wiederholen.
Bei BMW Oracle Racing haben wir sehr viel von unserem Teamkollegen gelernt, insbesondere das schnelle Erstellen und Bewerten von Konzepten. Gerade Paul Bieker, damals Leiter des Struktur-Teams und heute Design-Chef des Oracle Team USA, ist darin ein Meister und hat viel aus seiner Trickkiste verraten. Wir haben viel Know-how zur Auslegung und hinsichtlich des Baus von Kohlefaserprototypen in diesen Dimensionen erworben.
Die Zielvorgaben dieses Tests orientieren sich an herkömmlichen Karosserien und damit am nachgiebigen Verhalten von metallischen Strukturen. Das neuartige Material Karbon ist dabei nicht berücksichtigt. Kohlefaser ist jedoch in der Lage, sehr hohe Kräfte mit wenig Verformung abzutragen. Ein Umstand, den wir in der Yachtkonstruktion täglich nutzen. Wir konnten unsere Expertise direkt übertragen und gemeinsam mit den Entwicklungs- und Fertigungsspezialisten bei BMW effizient umsetzen.”
Jimmy Spithill (Steuermann BMW Oracle Team USA): “Rennen mit den America’s-Cup-Class-Kats sind faszinierend für die Zuschauer und machen uns extrem viel Spaß. Auf den Foils sind sie unglaublich schnell. Aber es ist eine sehr komplexe Angelegenheit, diese großen Katamarane zu beherrschen und zu steuern. Bisher hatten wir zur Einstellung der Ruder und Schwerter noch keine optimale Lösung. Ich freue mich sehr auf das neu entwickelte System von den BMW Renningenieuren, denn die Yacht, die am längsten ‚fliegen’ kann, hat die größte Chance, das Rennen zu gewinnen.”