Besondere Ausdauer kann man in der bisherigen Hybrid-Strategie für die BMW 3er-Reihe nicht erkennen, aber mit dem neuen BMW 330e soll 2016 endlich die richtige Lösung gefunden sein. Drei Jahre nach dem äußerst kraftvollen, aber nicht wirklich sparsamen, schon gar nicht günstigen und letztlich auch nicht sonderlich oft verkauften BMW ActiveHybrid 3 soll es nun ein Plug-in-Hybrid richten, der sich mit einer elektrischen Reichweite von 40 Kilometern an vielen Tagen als Elektroauto qualifiziert und somit endlich für eine größere Zielgruppe zur echten Alternative werden soll.
Wie der Name verrät, rangieren die Fahrleistungen des BMW 330e in etwa auf dem Niveau von 330d und 330i, dennoch sprechen alle drei Modelle unterschiedliche Kunden an. Die Lücke für den BMW 330e sieht man in München bei Menschen, die sportliche Fahrleistungen und die uneingeschränkte Alltagstauglichkeit der 3er-Reihe mit einer relativ großen elektrischen Reichweite kombinieren wollen, dabei aber nicht auf die Langstreckentauglichkeit konventionell angetriebener Fahrzeuge verzichten wollen. Wer an einem klassischen Wochentag nur relativ kurze Strecken ins Büro zurücklegt, aber beispielsweise am Wochenende auch immer wieder lange Strecken fährt, soll im BMW 330e genau das richtige Auto finden.
Der BMW 330e überzeugt als effizienter Spaßmacher
Denn wenn der Lithium-Ionen-Akku regelmäßig an der Steckdose geladen und im Stadtverkehr auf einen schweren Gasfuß verzichtet wird, können viele Strecken ohne einen einzigen Tropfen Benzin zurückgelegt werden. Auf unserer Fahrt durch Münchner Vororte stand nach 16 Kilometern ein hochgerechneter Benzinverbrauch von 0,7 Liter auf 100 Kilometer im Bordcomputer, obwohl wir nicht betont zurückhaltend gefahren sind.
Im Regelfall erledigt der in das Gehäuse der Achtgang-Automatik integrierte und 88 PS starke E-Motor die Aufgaben des Stadtverkehrs mühelos im Alleingang, zum Mitschwimmen im Verkehr genügen seine Fahrleistungen völlig. Nur bei Bedarf schaltet sich der aus dem 320i bekannte Vierzylinder-Benziner mit seinen 184 PS hinzu und unterstützt die E-Maschine mit seinen Kraftreserven. Gemeinsam schicken die beiden Motoren bis zu 252 PS an die Hinterräder und erlauben es, das Thema Plug-in-Hybrid auch sehr dynamisch zu erleben.
Die Hauptaufgabe des Verbrennungsmotors dürften viele Kunden aber darin sehen, für eine praktisch uneingeschränkte Reichweite durch die Möglichkeit eines kurzen Tankstopps zu sorgen. Denn während hier mehrere hundert Kilometer Reichweite in wenigen Minuten getankt werden können, benötigt der Lithium-Ionen-Akku rund zwei Stunden für eine vollständige Ladung. Wenn der Akku nach spätestens 40 Kilometern die Segel streicht, garantiert der Vierzylinder die Mobilität des Fahrzeugs.
Im Alltag kann der 330e seinen EU-Verbrauch unterbieten
Für die meisten Kunden genügt die elektrische Reichweite, um die unter der Woche typischerweise anstehenden Wege so gut wie immer rein elektrisch zurücklegen zu können. Obwohl man in München auch eine größere E-Reichweite hätte realisieren können, hat man sich bewusst am tatsächlich Notwendigen statt am theoretisch Machbaren orientiert. Hätte man dem BMW 330e einen größeren Akku mitgegeben, würden gleich mehrere wichtigere Aspekte darunter leiden: Im Auto wäre mehr Gewicht und somit weniger Dynamik, ein größerer Akku benötigt mehr Platz und natürlich wäre das Auto auch teurer geworden – für die meisten Kunden wären mehr als 40 Kilometer elektrische Reichweite allerdings kein spürbarer Vorteil, sondern lediglich ungenutzte Batteriekapazität.
Durch diesen nur scheinbaren Verzicht auf mehr E-Reichweite konnten die Entwickler dem BMW 330e ein ziemlich attraktives Gesamtpaket auf den Leib schneidern, das viele 330i-Kunden mit Lademöglichkeit zum Grübeln bringen soll. Der Kofferraum fällt mit 370 Liter kaum kleiner aus als bisher, nur im Unterboden steckt der Lithium-Ionen-Akku. Die Rückbank ist weiterhin dreigeteilt umklappbar und ermöglicht eine ähnlich vielseitige Nutzung wie beim konventionellen 3er.
Und der Preis von 43.500 Euro liegt moderate 1.300 Euro oberhalb eines 330i mit Sport-Automatik, obwohl ein zweiter Antriebsstrang und eine um Standheizung und Standklimatisierung erweiterte Serienausstattung an Bord sind. Erkauft wird der Plug-in-Hybrid somit weniger finanziell, sondern vordergründig mit Gewicht: Der BMW 330e ist 165 Kilogramm schwerer als der konventionelle 330i und auch wenn es den Entwicklern gelungen ist, die Gewichtsverteilung mit 49 zu 51 Prozent praktisch ausgeglichen zu halten, spüren etwas ambitioniertere Fahrer das Mehrgewicht besonders in engen Kurven.
Wirklich undynamisch wird der BMW 330e seinem zusätzlichen Gewicht zum Trotz aber keineswegs, schließlich basiert er auf der unbestritten sportlichsten Mittelklasse-Limousine und wiegt noch immer kaum mehr als die stark motorisierten xDrive-Modelle. Unser Testwagen trägt nicht nur das M Sportpaket, sondern auch das optionale M Sportfahrwerk. Eine der wenigen Optionen, auf die 330e-Kunden derzeit noch verzichten müssen, ist übrigens das adaptive Fahrwerk, für das man in München keine sonderlich große Nachfrage erwartet.
Verlässt man die völlig lautlos und im Stil eines Elektroautos befahrene Stadt, zeigt der 3er mit Plug-in-Hybrid-Antrieb sein zweites Gesicht. Auch im gewöhnlichen Fahrmodus “Auto eDrive” schaltet sich bei etwas mehr Druck aufs Gaspedal der gut gedämmte und daher zunächst kaum hörbare Vierzylinder-Benziner hinzu. Wird der Getriebe-Wählhebel in die Sportgasse gedrückt oder mit dem Fahrerlebnisschalter die Einstellung Sport gewählt, erkennt der 330e den Wunsch nach zusätzlicher Dynamik und lässt den Verbrenner als Kraftquelle permanent laufen.
Obwohl das elektrische Gleiten seinen ganz speziellen Reiz hat, macht der neue BMW 330e in den sportlichen Fahrmodi noch mehr Spaß und erinnert mit seinem Antriebsstrang an souverän motorisierte Benziner mit deutlich mehr als 2,0 Liter Hubraum. Mit seinem permanent anliegenden Drehmoment von bis zu 250 Newtonmeter schaufelt der E-Motor jeden Ansatz eines Turbolochs schon im Ansatz zu und erlaubt es dem Vierzylinder, tief Luft zu holen und dann vehement zur Sache zu gehen.
Arbeiten beide Motoren Hand in Hand, geht es in 6,1 Sekunden von 0 auf 100. Die bereits beim Anfahren zur Verfügung stehende Drehmoment-Fülle sorgt dabei für enorme Souveränität und erlaubt im Sport Plus-Modus problemlos kleine Drifts und überzeugende Zwischensprints, bevor es nach Erreichen des jeweils gültigen Tempolimits wieder entspannt und effizient weitergeht. So kombiniert der BMW 330e zwei Welten, die seit Jahrzehnten wesentlich für den Erfolg der 3er-Reihe sind und lässt dem Fahrer bei jeder Fahrt wieder die Wahl, auf welcher Seite von EfficientDynamics der Schwerpunkt gerade liegen soll.
Der im Kofferraum platzierte Lithium-Ionen-Akku mit einer nutzbaren Kapazität von 5,7 Kilowattstunden genügt auf unserer Fahrt für knapp 30 Kilometer elektrisches Fahren, die vom Normzyklus versprochenen 40 Kilometer sind wie üblich nur mit größerer Zurückhaltung erreichbar. Klassische Pendler, die zu Hause oder am Arbeitsplatz über eine Lademöglichkeit verfügen, können den Normverbrauch von rund zwei Liter auf 100 Kilometer aber durchaus unterbieten.
Doch auch wenn die dynamischen Qualitäten des Antriebsstrangs häufiger ausgekostet werden, bleibt unterm Strich ein spürbar niedrigerer Praxisverbrauch als bei einem vergleichbar starken Benziner. So wird der BMW 330e zu einer auch finanziell spannenden Alternative, die einen deutlich größeren Kundenkreis als der ActiveHybrid 3 ansprechen wird. Deutschland spielt dabei allerdings, wie immer in Sachen Elektromobilität, noch eine untergeordnete Rolle: Die größte Nachfrage erwarten die Münchner in den USA und Japan, in Europa dürften sich vor allem 330i-Kunden aus Großbritannien und den Niederlanden für den Plug-in-Hybrid interessieren. Nun liegt es an den Händlern, auch deutsche Kunden für den 330e zu begeistern – in vielen Fällen könnte dafür schon eine kurze Probefahrt mit alltäglichem Fahrprofil genügen.