Der nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ ermittelte EU-Normverbrauch hat ein Problem: Den im Labor ermittelten Angaben zu Verbrauch und Emissionen traut kaum noch jemand, fast alle Autofahrer haben in der Praxis einen oft mehrere Liter höheren Verbrauch als anhand des Normverbrauchs im Katalog ausgewiesen wird. Die Lösung soll ein neuer, praxisnäherer Verbrauchstest namens WLTP (World-Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) sein, der den Verbrauchern eine realistischere Information bezüglich des zu erwartenden Verbrauchs liefern soll.
Zwar war es nie der Anspruch des NEFZ, den Verbrauch aller Autofahrer wahrheitsgemäß vorherzusagen, viele Kunden orientieren sich aber dennoch eng an den im Katalog abgedruckten Werten. Der NEFZ steht aber nicht nur wegen der Diskrepanz zwischen Norm- und Praxisverbrauch in der Kritik, auch die in den letzten Jahren immer akribischer umgesetzte Konfiguration von Autos für den EU-Zyklus hat seine Glaubwürdigkeit in den Augen vieler Menschen beschädigt.
Wie Spiegel Online berichtet, haben der International Council of clean Transportation (ITCC) und der deutsche Automobilclub ADAC nun untersucht, wie 32 aktuelle Diesel-Fahrzeuge unter den neuen Bedingungen des WLTP abschneiden und ob sie auch unter diesen Bedingungen alle geforderten Grenzwerte für Schadstoff-Emissionen einhalten können.
Das Ergebnis fällt dabei ziemlich ernüchternd aus, denn offenbar haben die meisten Hersteller ihre Fahrzeuge exakt auf den NEFZ ausgerichtet und überschreiten die Grenzwerte beim etwas zügiger gefahrenen WLTP-Zyklus deutlich. Besonders deutlich wurde dies bei Volvo, denn die Schweden überschritten die Grenzwerte im WLTP fast um das Fünfzehnfache, während sie im derzeit bindenden NEFZ alle Forderungen erfüllen.
Als positives Beispiel nennen ITCC und ADAC die aktuellen Diesel-Motoren von BMW, denn diese blieben auch nach WLTP-Zyklus im Rahmen der erlaubten Grenzwerte. Mercedes verfehlte die kommenden Anforderungen knapp, Audi übertraf den geforderten Wert um das Dreifache. ITCC-Geschäftsführer Peter Mock sagte gegenüber Spiegel Online: “Nach unseren bisherigen Erkenntnissen sieht es so aus, als ob die Autos von BMW tatsächlich sauberer sind als die der Konkurrenz.”
Zwar liegt auf der Hand, dass die Autobauer ihre Motoren und Abstimmungen in den nächsten Jahren auch an die Anforderungen des WLTP anpassen werden, für die Verbraucher ist der neue Zyklus aber dennoch ein Vorteil: Weil im WLTP stärker beschleunigt wird und etwas höhere Geschwindigkeiten erreicht werden, nähert sich der Normverbrauch dem Praxisverbrauch vieler Autofahrer zumindest etwas an.
Dennoch bleibt festzuhalten, dass der WLTP-Verbrauch genau wie der aktuelle EU-Verbrauch nicht als Vorhersage für den späteren Alltagsverbrauch geeignet sind. In erster Linie eignen sich die nach einem exakt definierten Fahrprogramm ermittelten Werte für einen direkten Vergleich verschiedener Fahrzeuge unter identischen Testbedingungen, den Alltag der meisten Autofahrer spiegeln sie aber kaum wieder.