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Direkte Wassereinspritzung von BMW im Interview erklärt

Bei unserem Besuch in Miramas konnten wir die Direkte Wassereinspritzung von BMW nicht nur in einem Prototypen erfahren (zum Fahrbericht mit Video), wir hatten auch die Gelegenheit für ein Interview mit Werner Mährle. Der Leiter Entwicklung Ottomotoren beantwortete unsere Fragen zu der neuen Technik, die sich grundlegend vom System des kommenden Performance-Modells BMW M4 GTS unterscheidet und eines Tages flächendeckend eingeführt werden könnte.

Natürlich beleuchten wir auch die Frage, wie die BMW-Wassereinspritzung im Winter funktioniert und ob dem Kunden bei Minus-Graden teure Schäden am Auto drohen.

BimmerToday.de: Wassereinspritzung ist im Motorenbau kein neues Thema, andere Hersteller haben schon vor Jahrzehnten damit gearbeitet und auch der BMW M4 GTS wird das Thema demnächst aufgreifen. Was genau ist beim hier vorgestellten Motor anders?
Werner Mährle: Im Safety Car und in naher Zukunft in einem BMW M Serienmodell finden wir eine perfekte Umsetzung des Standes der Technik: Dabei wird das Wasser hinter dem Ladeluftkühler in die Sauganlage gespritzt, wo das Wasser verdampft, wie ein weiterer Ladeluftkühler wirkt und die maximale Motorleistung steigert. Mit dem Demonstrator-Fahrzeug stellen wir hier eine Weiterentwicklung des Systems vor, bei der das Wasser direkt in den Brennraum eingespritzt wird.

BimmerToday.de: Welche Vorteile bringt die neue Lösung konkret?
Das eingesetzte Wasser verändert bei direkter Einspritzung in den Brennraum die Verbrennungsparameter deutlich stärker, wir können die Klopfgrenze mit weniger Wasser weiter verschieben und haben dadurch entweder bei gleicher Wassermenge größere Vorteile oder benötigen für den gleichen Effekt weniger Wasser. Durch die Verbesserung der Klopfeigenschaften des Motors können wir die Verdichtung anheben, ohne Nachteile durch verstärktes Klopfen in Kauf nehmen zu müssen. Normalerweise vertragen hochaufgeladene Ottomotoren keine besonders hohe Verdichtung, kombiniert mit unserer innovativen Wassereinspritzung in den Brennraum können wir stark aufladen und das Verdichtungsverhältnis trotzdem hoch halten, was wiederum im ganzen Betriebsbereich des Motors thermodynamische Vorteile bringt.

BimmerToday.de: Können Sie diese Vorteile prozentual beziffern?
Das hängt letztlich davon ab, wie stark wir die Verdichtung erhöhen. Pro Verdichtungseinheit sparen wir mindestens 2 Prozent Verbrauch ein – mit höherer Last ist der Vorteil durch direkte Wassereinspritzung deutlich größer, im EU-Zyklus mit geringer Last ist das System hingegen nur aufgrund der Verdichtungserhöhung verbrauchswirksam. Wegen der niedrigeren Temperaturen im Brennraum kann auch bei Volllast das Gemisch verbrauchs- und emissionsoptimal eingestellt werden. Wir können daher sowohl die Leistung um 5 bis 10 Prozent erhöhen als auch den Praxisverbrauch um bis zu 8 Prozent reduzieren.

BimmerToday.de: Wieviel Wasser wird von der Wassereinspritzung verbraucht und woher stammt dieses Wasser?
In unseren eigenen Versuchen auf deutschen Autobahnen haben wir zwischen 0,1 und 0,8 Liter Wasser auf 100 Kilometer verbraucht, je nach Lastanforderung. Bestandteil unseres Systems ist die Nutzung des Kondenswassers der Klimaanlage, denn wenn diese in Betrieb ist, produziert sie normalerweise ungenutzt auf die Straße laufendes Kondenswasser von hoher Qualität.

BimmerToday.de: Anders als beim BMW M4 GTS ist bei der neuen Generation der Wassereinspritzung also kein manuelles Befüllen des Wassertanks durch den Kunden mehr erforderlich?
Nur bei andauernden Volllast-Anforderungen genügt das aus dem Betrieb der Klimaanlage gewonnene Wasser nicht für die Wassereinspritzung. Sollte der Wassertank leer sein, kann der Motor aber problemlos weiterbetrieben werden – in diesem Fall können wir zwar den positiven Effekt des Systems nicht nutzen, aber da die Wassereinspritzung – im Gegensatz zu einem Zusatz – nicht Bestandteil des Emissionsreduzierungssystems ist, können wir auch ohne Wassereinspritzung weiterfahren.

BimmerToday.de: Können Sie sagen, wie hoch der eingespritzte Wasseranteil im Verhältnis zum Kraftstoff ausfällt?
Nach unseren Tests brauchen wir im vollaufgeladenen Betrieb am Leistungspunkt ungefähr 30 bis 40 Prozent Wasser, das ist aber ein von den meisten Kunden nur relativ selten genutzter Bereich.

BimmerToday.de: Was passiert, wenn die Temperaturen im Winter unter den Gefrierpunkt sinken?
Natürlich gefriert Wasser im Winter, aber bei unserem System werden alle Leitungen nach Abstellen des Motors leer gesaugt, unsere Wasserpumpe funktioniert also auch in umgekehrter Richtung. Im Stillstand sind daher alle Leitungen nur mit Luft befüllt, erst beim Motorstart werden die Leitungen mit Wasser befüllt. Für den Winter haben wir unseren Wasserbehälter frostsicher ausgeführt, das Wasser kann also gefrieren. Wir haben zudem eine Heizung in den Behälter integriert, die über den Heizungsrücklauf des Motor-Kühlwassers funktioniert und eventuell gefrorenes Wasser in kurzer Zeit auftaut. Bis der Motor eine Temperatur erreicht hat, bei der wir für die Wassereinspritzung flüssiges Wasser brauchen, ist im Behälter immer genügend Eis geschmolzen.

BimmerToday.de: Wie groß ist dieser Wasser-Behälter?
In unserem Demonstrator hat der Behälter ein Volumen von 5 Litern, diese Größenordnung können wir uns auch für den Serieneinsatz vorstellen.

BimmerToday.de: Lässt sich sagen, wieviel Mehrgewicht das System mit sich bringt?
Der größte Teil des Mehrgewichts kommt vom Vorratsbehälter, 5 Liter Wasser wiegen in jedem Fall 5 Kilogramm. Dazu kommen einige Komponenten von Schläuchen und Leitungen über die Wasserpumpe bis hin zu Ventilen, diese sind aber in Summe leichter als das Wasser selbst.

BimmerToday.de: Beim BMW M4 GTS rechnen wir mit einem Markstart Anfang 2016, wann ist diese neue Form der Wassereinspritzung bereit für den Serieneinsatz?
Da gibt es noch keinen festen Termin, mittel- bis langfristig soll die Wassereinspritzung aber auch in Großserien-Automobilen eingesetzt werden und für entsprechende Skaleneffekte sorgen.

Herr Mährle, wir bedanken uns für das informative Gespräch!

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