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Fahrbericht: BMW Wasserstoff-Brennstoffzelle im 5er GT

Das Thema Wasserstoff bei BMW war in der öffentlichen Wahrnehmung nie mit der Brennstoffzelle verknüpft, auch wenn die Münchner schon vor Jahren einen entsprechenden Prototypen präsentiert haben. Deutlich mehr Bekanntheit erlangte der BMW Hydrogen 7 mit Wasserstoff-Verbrennungsmotor, doch um diese Technik ist es mittlerweile still geworden.

Die mittel- bis langfristige Zukunft der sauberen Mobilität auf Langstrecken wird nun auch bei BMW ganz offiziell mit der Brennstoffzelle verknüpft – und das nicht erst seit der vor drei Jahren begonnenen Partnerschaft mit Toyota. Schon vor Beginn dieser deutsch-japanischen Kooperation spulte BMW in Miramas zahlreiche Kilometer mit einem Prototypen ab, der optisch stark an den BMW i8 erinnert. Den neuesten Stand verkörpert jedoch ein anderer Prototyp, der sich äußerlich kaum vom BMW 5er GT unterscheidet. Unter der vertrauten Hülle arbeitet allerdings kein konventioneller Antriebsstrang, sondern die jüngste Ausbaustufe der BMW Brennstoffzellen-Technik.

Fahrbericht: BMW-Prototyp mit Wasserstoff-Brennstoffzelle

Auch im Innenraum lässt sich der Prototyp seinen ungewöhnlichen Antriebsstrang nicht anmerken, abgesehen von einem roten Not-Aus-Knopf und einem geänderten Tacho-Display wirkt der Gran Turismo völlig serienmäßig. Beim Start des Motors ist es mit den Ähnlichkeiten allerdings vorbei, denn wie bei jedem Elektroauto gibt es auch im Brennstoffzellen-Versuchsträger keinerlei akustische Hinweise auf die Betriebsbereitschaft des Antriebs.

Nach Wahl des Drive-Modus kann es auch schon losgehen: Der 5er GT rollt lautlos von dannen. Aus dem Motorraum dringen wenig später allerdings die ersten Geräusche nach innen, der Prototyp scheint zu atmen. Die Quelle dieser Geräusche ist die Brennstoffzelle, deren Geräuschkomfort im aktuellen Entwicklungsstadium keine Rolle spielt und die daher hörbar Luft ansaugen darf.

Mit Hilfe von Luft und Wasserstoff wird in der Brennstoffzelle elektrische Energie erzeugt und in einem Akku gespeichert. Der Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von einer Kilowattstunde dient dabei lediglich als Zwischenspeicher und stellt den problemlosen Betrieb des an der Hinterachse platzierten Elektromotors sicher.

Der für den Betrieb der Brennstoffzelle benötigte Wasserstoff ist in einem zylindrischen Tank untergebracht, der den gesamten Mitteltunnel des Fahrzeugs ausfüllt. Diese Position des 160 Kilogramm schweren Tanks aus Aluminium, Kohlefaser und Stahl ist mit Blick auf Gewichtsverteilung, Schwerpunkt und Crashsicherheit ideal. Dank einer Auslegung auf bis zu 350 bar Innendruck und einer aufwändigen Isolierung mit einem den eigentlichen Tank umgebenden Vakuum kann der mit -200 Grad Celsius getankte Wasserstoff für lange Zeit im Tank bleiben, auch nach mehreren Wochen Standzeit ist noch genügend Wasserstoff für die Weiterfahrt vorhanden.

 Der Wasserstoff-Tank des Prototypen kann per CGH2-Tanktechnik oder mit der BMW CCH2-Kryogendruck-Technik betankt werden

Das Tanken gestaltet sich dabei erstaunlich einfach: nach dem Öffnen der Tankklappe kann der armdicke Wasserstoff-Schlauch durch simples Aufstecken mit dem Fahrzeug verbunden werden. Das System prüft nun, ob die Verbindung absolut luftdicht ist und spült den Schlauch mehrfach mit Wasserstoff aus, bevor die eigentliche Betankung beginnt. In weniger als fünf Minuten können dann bis zu 7,1 Kilogramm Wasserstoff getankt werden, diese Menge entspricht einer gespeicherten Energiemenge von 237 kWh und reicht für etwa 700 Kilometer Fahrt.

Beim Tanken gibt es allerdings ein entscheidendes Problem: Die Suche nach der nächsten Tankstelle gestaltet sich ausgesprochen schwierig. In ganz Deutschland gibt es heute 50 Wasserstoff-Tankstellen, bis 2023 sollen es immerhin 400 sein. Verglichen mit über 14.000 Tankstellen für fossile Brennstoffe wirken diese Werte wie ein Tropfen auf den heißen Stein, aber die Tendenz ist klar – und der Ausbau der Infrastruktur dürfte mit jedem verkauften Brennstoffzellen-Fahrzeug weiteren Schwung erhalten.

Die Rolle der Brennstoffzellen-Fahrzeuge unter den zukünftig erhältlichen Antriebsoptionen ist dabei klar definiert: Während sich batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge in erster Linie für den Stadtverkehr eignen und sich Plug-in-Hybride wie das 2014 in Miramas vorgestellte BMW Power eDrive Concept nicht als Zero-Emission-Vehicle qualifizieren, liefert die Brennstoffzelle die Lösung für Kunden auf der Suche nach hoher Reichweite bei null Emissionen. Der Vorteil gegenüber Elektroautos mit sehr großem Akku und entsprechend hoher Reichweite ist einerseits das niedrigere Gewicht der Speicherlösung, andererseits und deutlich wichtiger aber der dramatisch kürzere Zeitbedarf bei der Aufnahme neuer Energie.

 Die Wasserstoff-Brennstoffzelle und die dazugehörigen Anbauteile nehmen gemeinsam ähnlich viel Platz wie ein Verbrennungsmotor ein

Wenn die BMW-Ingenieure der Wasserstoff-Brennstoffzelle in kommenden Evolutionsstufen die Geräusche abtrainiert haben, wird sich das Fahrerlebnis nicht von dem eines batterieelektrisch angetriebenen Autos unterscheiden. Maßgeblich für Beschleunigung und Dynamik ist in erster Linie der genutzte Elektromotor, wobei im aktuellen Prototyp eine 180 kW starke E-Maschine an der Hinterachse für Vortrieb sorgt.

Die kaum vorhandene Infrastruktur lässt Eile auf dem Weg zur Serienreife unnötig erscheinen, dementsprechend klingt auch der aktuelle Zeitplan relativ entspannt: Obwohl der Prototyp abgesehen von der Akustik schon einen ziemlich ausgereiften Eindruck macht und der Toyota Mirai bereits mit Brennstoffzelle verkauft wird, wollen die Münchner bis 2020 lediglich serienreife Komponenten entwickelt haben. Bis zum möglichen Marktstart eines BMW mit Brennstoffzelle dürfte weitere Zeit verstreichen.

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